--Daimler senkt Pkw-Absatzprognose wegen Chip-Mangels

--Chipengpässe setzen sich fort bis ins Jahr 2022

--Zweites Quartal mit hohem Gewinn abgeschlossen

(NEU: Details, Aussagen aus Telefonkonferenzen, Marktreaktionen)

Von Olaf Ridder

FRANKFURT (Dow Jones)--Daimler hat das zweite Quartal trotz Chipkrise und Corona-Unwägbarkeiten mit einem Milliardenüberschuss unter dem Strich abgeschlossen. Der Auto- und Lastwagenhersteller rechnet jedoch damit, dass der Mangel an Halbleitern den Pkw-Absatz im zweiten Halbjahr bremsen wird, nachdem mit einem Corona-Lockdown in Malaysia auch Lieferungen von dort ausfallen. Die Aussichten seien derzeit sehr schlecht absehbar, sagte Daimler-Vorstandschef Ola Källenius. Dies zu ändern sei derzeit die Top-Priorität.

Das Problem werde auch 2022 nicht vorbei sein. Eine Normalisierung der Lage sieht Källenius erst mittelfristig, es handele sich aber um ein "lösbares Problem". Während die Bänder im vergangenen Jahr wegen des Locksdowns zur Eindämmung der Corona-Pandemie zeitweilig stillstanden, musste Daimler angesichts fehlender Komponenten und Halbleitern in diesem Frühjahr in mehreren Werken die Produktion stoppen.

Kunden mussten länger auf Neuwagen warten, zuletzt traf es sogar die sehr profitable neue S-Klasse. Ihre Produktion sei aber wieder hochgefahren, so der Daimler-Chef. Die Nachfrage beschrieb er als "sehr gesund". Die Lieferengpässe bremsten aber die Auslieferungen.

Mercedes-Benz Cars wird seine Verkäufe im laufenden Jahr wegen des Chipmangels deshalb nicht wie geplant deutlich steigern, sondern maximal das Vorjahresniveau halten, heißt es nun in der angepassten Prognose. Dennoch bleibt Daimler-Finanzchef Harald Wilhelm bei dem Ziel, im Pkw-Geschäft eine EBIT-Marge von 10 bis 12 Prozent einzufahren - bei deutlich steigenden Rohstoffpreisen, die sich anders als im ersten Halbjahr wohl nicht mehr durch Effizienzgewinne komplett kompensieren lassen.


   CFO wertet Margenziel als Prognoseverbesserung 

Das Festhalten an Pkw-Margenprognose bei nur gleichbleibenden Volumen komme eigentlich einer Anhebung der Prognose gleich, sagte Wilhelm. Bei 12,8 Prozent lag die Umsatzrendite im zweiten Quartal und damit so hoch wie lange nicht. "Bei Mercedes-Benz Cars & Vans haben wir das dritte Quartal in Folge eine zweistellige Marge erreicht und damit die Widerstandsfähigkeit unseres Geschäfts unter Beweis gestellt", sagte Källenius.

Bei Vans und Nutzfahrzeugen soll der Absatz weiter deutlich steigen. Auch Umsatz und operatives Ergebnis im Konzern sieht Daimler nach wie vor deutlich über Vorjahr. Für die vor der Abspaltung stehende Tochter Daimler Trucks peilt der Konzern bis zu 8 Prozent Rendite an, ein Prozentpunkt mehr als bisher. 8,3 Prozent erreichte die Marge zuletzt. Erhöht wurde nach rückläufiger Kreditrisikovorsorge auch das Ziel für Finanz- und Mobilitätsdienstsparte Daimler Mobility: Hier gelten 17 bis 19 Prozent Eigenkapitalrendite statt wie bisher 14 bis 15 Prozent.

In den Monaten April bis Juni gelang es Daimler, den Umsatz um 44 Prozent auf 43,5 Milliarden Euro zu steigern. Unter dem Strich blieb ein Nettogewinn von 3,7 Milliarden Euro. Im Vorjahr hatte hier ein Fehlbetrag von 1,9 Milliarden Euro gestanden - Folge des Einbruchs der Verkaufszahlen im ersten Corona-Lockdown. Die positive Entwicklung ist auch eine Folge des Absatzwachstums von 36 Prozent über alle Fahrzeugarten hinweg. Die starke Nachfrage sorgte wie schon zu Jahresbeginn dafür, dass Daimler die Preise hochhalten konnte.


   Gespart werden soll weiter 

An der Verkaufspolitik will Källenius ebenso festhalten wie am Sparkurs. "Das schwäbische Gen des Sparens werden wir nicht aufgeben", sagte er. Um die komplette Umstellung hin zu Elektrifizierung und Digitalisierung zu schaffen, könne man bei den Effizienzanstrengungen nicht nachlassen, sagte der schwedische Manager. "Wir befinden uns in einem Marathonlauf". Was die Chipkrise angeht, so rechnet Källenius erst mittelfristig mit einer Entspannung. Denn auch strukturell gebe es ein Problem: Immer mehr Chips würden verbaut in den Autos, und bei Mercedes-Benz noch einmal mehr als bei anderen Herstellern.

Operativ (EBIT) verdiente Daimler 5,2 Milliarden Euro nach einem Verlust von 1,7 Milliarden im Vorjahr. Das waren 1,1 Milliarden mehr als Analysten erwartet hatten, weshalb Daimler dies Ergebnis sowie Eckdaten zu den EBIT-Zahlen der Sparten bereits in der vergangenen Woche veröffentlichte.

Die Daimler-Aktie notierte am späten Vormittag mit 1 Prozent im Minus, nachdem der Abschlag anfänglich höher ausfiel. Die Zahlen seien wie erwartet "super", sagt ein Börsianer, aber offenbar kämen die Schlagzeilen zum Ausblick nicht gut an.

Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com

DJG/rio/cbr

(END) Dow Jones Newswires

July 21, 2021 05:22 ET (09:22 GMT)