Frankfurt (Reuters) - Pfizer nutzt seine Milliardeneinnahmen aus der Corona-Pandemie und plant eine der größten Übernahmen in der Pharmabranche seit Jahren.

Für rund 43 Milliarden Dollar will Pfizer das Biotechunternehmen Seagen kaufen, wie der US-Arzneimittelhersteller am Montag mitteilte. Pfizer könnte damit sein Angebot an Krebsmedikamenten deutlich verstärken. "Die Onkologie ist nach wie vor der größte Wachstumstreiber in der globalen Medizin, und diese Akquisition wird die Position von Pfizer in diesem wichtigen Bereich stärken", sagte Vorstandschef Albert Bourla. Die Aktionäre von Seagen sollen 229 Dollar je Aktie erhalten - ein Aufschlag von fast einem Drittel zum Schlusskurs am Freitag.

Für Pfizer wäre es der größte Zukauf seit der 67 Milliarden Dollar schweren Übernahme des Pharmaunternehmens Wyeth 2009. In der Pharmaindustrie zählten in den vergangenen Jahren die Übernahme des Biotechunternehmens Celgene durch Bristol-Myers Squibb für 74 Milliarden Dollar, der Kauf des Botox-Herstellers Allergan durch AbbVie für 63 Milliarden Dollar sowie der von Alexion durch AstraZeneca für 39 Milliarden Dollar mit zu den größten Deals. Die Branche befindet sich seit Jahren in einem unaufhörlichen Konzentrationsprozess. Da viele Patente auslaufen und die Kosten für Forschung und Entwicklung steigen, bündeln immer mehr Firmen ihre Kräfte.

Eine größere Übernahme durch Pfizer war bereits erwartet worden, das das Unternehmen in der Pandemie mit seiner Corona-Tablette Paxlovid und dem mit BioNTech entwickelten Impfstoff Comirnaty Milliarden eingenommen hat. Doch der Corona-Boom ist vorerst vorbei und Pfizer stellt sich nach dem Rekordumsatz 2022 auf einen Umsatzeinbruch ein. Mit dem Kauf von Seagen kann sich der Konzern nun vier zugelassene Krebstherapien mit einem Gesamtumsatz von fast zwei Milliarden Dollar im vergangenen Jahr sichern. Bis 2030 erwartet Pfizer von Seagen einen "risikobereinigten" Umsatz von mehr als zehn Milliarden Dollar.

Das in Washington ansässige Biotechunternehmen ist einer der Pioniere auf dem Gebiet der Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC), die gezielt Krebszellen vernichten und dabei eine Schädigung von gesundem Gewebe vermeiden sollen. Diese Therapie soll besser verträglich als eine Chemotherapie sein. Pharmakonzerne wie etwa die britische AstraZeneca und die japanische Daiichi Sankyo mit ihrem Brustkrebsmittel Enhertu setzen daher auf diese Technologie. Pfizers Portfolio an Krebstherapien umfasst gegenwärtig 24 zugelassene Medikamente, darunter das Brustkrebsmittel Ibrance. Sie brachten dem Konzern 2022 einen Umsatz von gut zwölf Milliarden Dollar ein.

Seagen soll im vergangenen Jahr bereits in das Visier des US-Pharmakonzerns Merck & Co geraten sein. Die Gespräche, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befunden haben sollen, hätten aber aus Sorge vor einer strengen kartellrechtlichen Prüfung nicht zu einem Abschluss geführt. Nach Einschätzung von Analyst Mohit Bansal von Wells Fargo dürfte die Übernahme durch Pfizer keine größeren kartellrechtlichen Probleme aufwerfen, da die Unternehmen keine großen Überschneidungen bei ihren Produkten hätten. Pfizer erwartet den Abschluss des Zukaufs bis spätestens Anfang 2024.

(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)