Zürich (awp) - Die Aktien der Grossbank Credit Suisse sind am Freitag im frühen Handel stark unter Druck. Der angekündigte Wechsel an der Konzernspitze scheint am Markt zunächst nicht besonders gut aufgenommen zu werden.

Credit Suisse verlieren gegen 9.55 Uhr 3,6 Prozent auf 12,32 Franken, während der Gesamtmarkt ebenfalls leicht tiefer steht. Zeitgleich geben UBS 0,8 Prozent auf 12,47 Franken nach. Im vergangenen Jahr hatten CS gut ein Fünftel zugelegt. Seit Antritt des nun scheidenden Konzernchef Tidjane Thiams im Sommer 2015 gab die Aktie allerdings mehr als 40 Prozent ab. Allerdings erreicht das Minus bei der UBS in dem gleichen Zeitraum ebenfalls knapp 40 Prozent.

Nach der medial ausgeschlachteten Beschattungsaffäre rund um den Wechsel von Iqbal Khan zur Rivalin UBS ist der Rücktritt Tidjane Thiams zwar nicht völlig überraschend. Einige Analysten schliessen allerdings nicht aus, dass die Rochade an der Geschäftsleitungsspitze der Credit Suisse einigen Grossaktionären sauer aufstossen könnte.

Gerade Harris Associates hatte in den letzten Tagen öffentlich Partei für Tidjane Thiam ergriffen und sogar mit Vergeltungsmassnahmen gedroht, sollte der Credit-Suisse-Chef zurücktreten müssen. Gemäss eigenen Angaben hält der US-Vermögensverwalter 8,4 Prozent der Stimmen.

Daher befürchten manche Händler, der eine oder andere verprellte Grossaktionär könnte sich von Titeln trennen oder es könnte gar zu einem Aktionärsaufstand kommen. Im Handel sorgt zudem der Zeitpunkt des Rücktritts weniger als eine Woche vor der geplanten Veröffentlichung des Jahresergebnisses für etwas Unbehagen. Immerhin sei nicht auszuschliessen, dass ein möglicherweise enttäuschendes Schlussquartal alle Beteiligten in ihrer Entscheidung bestärkt haben könnte.

Die ZKB widerspricht indes dieser Argumentation: "Ein schlechtes Q4-Ergebnis erwarten wir nicht, ansonsten wäre der Managementwechsel früher vorgenommen worden." Der Grund für den Rücktritt sei der seit September 2019 vorliegende Spionagefall, schreibt der zuständige Analyst der Kantonalbank. Der Druck der Öffentlichkeit sei wohl zu gross geworden.

Zweifelsohne habe aber Thiam die CS Group durch eine äusserst schwierige Phase geführt, so die Meinung des Experten. Vom neuen CEO wünsche er sich daher erstens nach wie vor eine starke Ausrichtung auf das Vermögensverwaltungsgeschäft und zweitens eine dezidierte Kostenkontrolle. Es sei wichtig, dass der neue CEO das "extreme Kostenbewusstsein" von Thiam beibehalte.

Die ZKB sei der Meinung gewesen, dass die CS mit Thiam besser fahre als mit einem neuen CEO, gerade weil er die Kosten derart gut gemanagt habe. Zugute schreibt der Analyst dem Schweiz-Chef Thomas Gottstein, der neuer CEO werden soll, jedoch: Die deutliche Erhöhung des Gewinns der Schweizer Einheit sei zweifelsohne vor allem auch mit einer starken Kostenkontrolle seitens Gottstein erzielt worden. Aus Bewertungsgründen bestätigt die ZKB die Einstufung "Übergewichten".

Vontobel schreibt, dass die Ankündigung "die Dinge" beruhigen dürfte und Vertrauen wiederherstellen - vor allem auch innerhalb der Bank. Zudem habe Gottstein das Schweizer Geschäft stark verbessert. Er hoffe, dass er auch auf Gruppenebene so weitermache, so der Vontobel-Analyst.

Schlussendlich dürfte es nun wieder mehr geschäftsrelevante Presseberichte geben und "nicht nur Berichte über Schmierengeschichten", kommentiert zudem ein Händler. Positiv sei auch, dass es jetzt mal wieder einen Schweizer Chef für eine Schweizer Bank gebe.

ys/tt