Zürich (Reuters) - Die Credit Suisse kommt trotz der Stützungsaktion der Schweizerischen Nationalbank (SNB) nicht zur Ruhe.

Die Aktien setzen ihre Achterbahnfahrt fort: Am Freitag ging es wieder um zehn Prozent auf 1,82 Franken nach unten, nachdem die Papiere der angeschlagenen Großbank tags zuvor 20 Prozent zugelegt hatten. "Das Grundproblem der Credit Suisse bleibt das mangelnde Vertrauen der Kunden", erklärte Analyst Daniel Bosshard von der Luzerner Kantonalbank. Das spiegelt sich auch in den Bewegungen bei rund 300 börsennotierten (ETF) und anderen Fonds von Credit Suisse in Europa und in den USA wider: Am Dienstag und Mittwoch zogen Kunden daraus nach Daten von Morningstar Direct insgesamt mehr als 465 Millionen Dollar ab.

Um zu zeigen, dass die CS liquide bleibt, auch wenn Kunden Geld abziehen, hatte die SNB ihr in der Nacht zum Donnerstag bis zu 50 Milliarden Franken an Krediten zur Verfügung gestellt. Die Bank akzeptierte die Liquiditätsspritze und zapft sie nun in Tranchen an. Entscheidend ist nun, wie sich die Kunden weiter verhalten. "Ob die Einleger ausreichend beruhigt sind, um die Abflüsse in den nächsten Tagen einzudämmen, ist unserer Ansicht nach eine Schlüsselfrage", sagte Frédérique Carrier, Leiterin der Anlagestrategie bei RBC Wealth Management. "Die Märkte scheinen der Sache aber nicht wirklich zu trauen", sagte Analyst Bosshard. Wenn sich die Lage nicht stabilisieren sollte, halten Experten Staatshilfen oder eine Übernahme für mögliche nächste Schritte.

Die Turbulenzen bei CS riefen auch die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) auf den Plan. Sie trafen sich einem Insider zufolge am Freitag zu einer Sondersitzung, kamen aber zu dem Schluss, dass die Stabilität der Banken in der Euro-Zone nicht beeinträchtigt sei. Deren Risiken im Zusammenhang mit der CS seien nur "unwesentlich". Ansteckungsgefahren aufgrund der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB), anderer US-Regionalbanken und der CS seien nicht zu erkennen. Die Notenbanker der EZB hatten in die Überlegungen zu ihrer Zinsentscheidung am Donnerstag die Stützungsaktion ihrer Schweizer Kollegen für die CS bereits einbezogen. Trotzdem bröckelten europäische Banken- und Finanztitel erneut deutlich ab.

RATING AUF "BBB" GESENKT

Für neuerliche Verunsicherung bei den CS-Anlegern sorgte die Meldung, dass DBRS Morningstar als erste globale Ratingagentur das Rating der Bank auf "BBB" gesenkt hat. DBRS verwies auf eine Schwächung des Instituts durch anhaltende Fehltritte und Compliance-Verstöße. Man mache sich Sorgen, ob es Credit Suisse gelinge, "das Vertrauen der Stakeholder wiederherzustellen". In den USA sieht sich die Bank unterdessen mit einer Klage von Aktionären konfrontiert, die ihr vorwerfen, finanzielle Probleme verheimlicht zu haben.

Die Credit Suisse ist mit mehr als 50.000 Mitarbeitern einer der weltgrößten Vermögensverwalter. Gerade bei diesen Kunden ist Vertrauen in die Stabilität der Bank entscheidend für den Erfolg. Allein im vierten Quartal 2022 hatten Anleger 110 Milliarden Franken abgezogen. Mit der Unsicherheit um die kalifornische Silicon Valley Bank griff aber erneut Verunsicherung um sich.

Nun steht eine zweite kleinere Bank in den USA im Fokus, die in Not geraten ist. Mehrere Großbanken legten zusammen und gaben der First Republic Bank eine weitere Finanzspritze von 30 Milliarden Dollar. Organisiert wurde die Rettungsaktion einem Insider zufolge unter anderem von US-Finanzministerin Janet Yellen, Notenbank-Chef Jerome Powell und JPMorgan-Chef Jamie Dimon. Neben JPMorgan machten etwa Citi, Wells Fargo und Goldman Sachs mit. Die Aktien von First Republic waren seit Anfang der vergangenen Woche um 70 Prozent eingebrochen. Doch Investoren zeigten sich mit dem Umfang des Hilfspakets unzufrieden. Am Freitag verloren die Papiere des kalifornischen Geldhauses vorbörslich rund 20 Prozent.

(Weitere Reporter Joice Alves und Nell Mackenzie; Geschrieben von Alexander Hübner; Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Oliver Hirt und Alexandra Hudson