--UBS zahlt 3 Milliarden Franken in eigenen Aktien

--Aufsichtsbehörden hatten zur Übernahme gedrängt

--SNB gibt bis zu 100 Milliarden Franken Liquidität

--Alternativer Rettungsplan der Credit-Suisse-Aktionäre wurde abgelehnt

(NEU: Weitere Einzelheiten, Alternativer Rettungsplan)

Von Margot Patrick, Ben Dummett, Dana Cimilluca und Patricia Kowsmann

LONDON/FRANKFURT (Dow Jones)--Die UBS übernimmt die angeschlagene Credit Suisse für 3,25 Milliarden US-Dollar, umgerechnet 3 Milliarden Franken. Dies gab die Schweizer Regierung am Sonntagabend bekannt. Die Aufsichtsbehörden hatten die UBS zum größten Banken-Deal seit Jahren gedrängt, um den gefährlichen Vertrauensverlust in das globale Bankensystem aufzuhalten. Der Zusammenschluss der beiden tragenden Säulen des Schweizer Finanzwesens ist die erste Megafusion systemrelevanter globaler Banken seit der Finanzkrise im Jahr 2008, als Institute in der gesamten Bankenlandschaft aufgespalten und mit Rivalen zusammengelegt wurden, oft auf Geheiß der Aufsichtsbehörden.

Die Zentralbank der Schweiz (SNB) kündigte an, die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS mit einer Liquiditätshilfe von bis zu 100 Milliarden Franken zu unterstützen. Die Schweizer Regierung will mehr als 9 Milliarden Franken zur Verfügung für potenzielle Verluste bereitstellen, die der UBS aus dem Kauf erwachsen könnte.

Die Schweizer Behörden standen unter Druck, das Geschäft noch vor der Eröffnung der asiatischen Märkte am Montag abzuschließen und bewegten sich dabei auf einem schmalen Grat. Sie mussten die Vorstände beider Banken dazu bringen, dem Deal zuzustimmen. Die Alternative wäre eine von den Regulierungsbehörden geleitete Abwicklung der Credit Suisse gewiesen, die sich als langwierig und schmerzhaft für das Finanzsystem hätte erweisen können.


   Riesige Kundenabflüsse bei Credit Suisse 

Zur Dringlichkeit trugen zunehmend düsteren Aussichten der Credit Suisse bei. Laut einer mit der Angelegenheit vertrauten Person sah sich die Bank in der vergangenen Woche mit Kundenabflüssen in Höhe von bis zu 10 Milliarden Dollar täglich konfrontiert. Die Aufsichtsbehörden befürchteten überdies, dass sich die Schweiz bei einem Ausfall der Credit Suisse zu einem neuen Ansteckungsherd hätte entwickeln können.

Nur Stunden nach dem UBS-Deal kündigte eine Gruppe von Zentralbanken, darunter die Federal Reserve und die Schweizerische Nationalbank, eine erweiterte Dollar-Swap-Linie an, eine Art internationales Kreditgeschäft. Sie bezeichneten die Ausweitung als "wichtige Liquiditätssicherung, um die Spannungen auf den globalen Finanzierungsmärkten zu lindern".

Axel Lehmann, Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse, sagte, die jüngsten Probleme der Bank seien zu groß gewesen, um sie überstehen zu können. "Die Beschleunigung des Vertrauensverlustes und die Verschlimmerung der letzten Tage haben deutlich gemacht, dass die Credit Suisse in ihrer jetzigen Form nicht weiter bestehen kann", sagte er.

UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher kündigte an, das Investmentbanking-Geschäft der Credit Suisse zu verkleinern und an die "konservative Risikokultur" der UBS anzupassen. Die Transaktion unterstütze die Finanzstabilität in der Schweiz und schaffe für die UBS-Aktionäre einen bedeutenden, nachhaltigen Wert", sagte er. Dabei geht die UBS bis 2027 von jährlichen Kostensynergien von mehr als 8 Milliarden Dollar aus.

Der plötzliche Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) hatte Investoren weltweit dazu veranlasst, nach Schwachstellen im Finanzsystem zu suchen. Die Credit Suisse stand bereits auf der Liste jener Kreditinstitute, die in Schwierigkeiten geraten waren. Seit Jahren gab es selbstverschuldete Skandale und Handelsverluste, vor allem nach dem Zusammenbruch von zwei wichtigen Kunden, Greensill Capital und Archegos Capital Management, im Jahr 2021. Trotz wiederholter Führungswechsel und Reformversprechen kam es den Anlegern wie eine nicht enden wollende Serie von Stolpersteinen vor.


   Kunden flüchteten in Scharen 

Mit einem neuen Management, das in Teilen von der UBS kam, versuchte die Credit Suisse im vergangenen Jahr die Kunden zu beruhigen und versprach einen Umbau, um das Institut wieder auf Kurs zu bringen. Im Herbst bekam die Bank 4 Milliarden Dollar frisches Eigenkapital von der Saudi National Bank und anderen Investoren, um diese Umstrukturierung zu finanzieren. Doch die Kunden flüchteten in Scharen und zogen in den letzten Monaten des vergangenen Jahres 120 Milliarden Dollar an verwalteten Vermögenswerten ab.

Als sich zuletzt Aktienkurs und Anleihen im freien Fall befanden, bekam die Credit Suisse am vergangenen Donnerstag von der Schweizerischen Nationalbank eine Kreditlinie in Höhe von 54 Milliarden Franken erhalten. Der Schweizer Finanzminister sagte am Sonntag, dass die Liquiditätslinie noch im Laufe jenes Tages verdoppelt wurde, um sicherzustellen, dass die Bank bis zum Wochenende überleben kann.

Doch die Aufsichtsbehörden in der Schweiz sowie in den USA, Großbritannien und der Europäischen Union, die alle Teile der Bank beaufsichtigen, befürchteten, dass die Bank in der dieser Woche zahlungsunfähig werden könnte, sollte nicht gehandelt werden. Zudem bestand die Gefahr, dass das schwindende Vertrauen auf andere Banken übergreifen könnte.

Die US-Notenbank hat mit der SNB gemeinsam an der Vereinbarung gearbeitet, da beide Banken große Geschäfte in den USA haben. Die Schweizer Finanzministerin, Karin Keller-Sutter, sagte, sie habe Gespräche mit US-Finanzministerin Janet Yellen und dem britischen Schatzkanzler Jeremy Hunt geführt. Sie ergänzte, dass "viele Tausend" der Credit Suisse betroffen sein werden, was auf einen bevorstehenden Stellenabbau hindeutet.


   UBS Gegenmodell zu Credit Suisse 

Die UBS hätte die Zwangsehe zwischen den beiden Titanen des Schweizer Bankwesens nie gewollt. Von der langen Liste mit Skandalen und Problemen abgesehen war die große Investmentbank der Credit Suisse das Gegenmodell zu dem, das UBS seit Jahren verfolgte und bei dem es darum ging, Gebühren für die Verwaltung der Finanzen reicher Kunden zu verdienen.

Andere Teile der Credit Suisse sind allerdings attraktiv: Sie ist der Hauptkonkurrent der UBS im lokalen Schweizer Bankensystem. In anderen Zeiten wäre ein Zusammenschluss der beiden Banken als unmögliches Monopol empfunden worden. Die Schweizer Behörden erteilten der UBS jetzt eine Ausnahmegenehmigung. Überdies verfügt die Credit Suisse in Asien über einen vermögenden Kundenstamm in der Vermögensverwaltung, der sich mit dem ähnlichen Geschäft und den Ambitionen der UBS in Asien deckt.

Der hässliche Punkt ist die Investmentbank. Die Credit Suisse hatte große Teile davon bereits abgebaut und wollte das Beratungsgeschäft in eine neue Firma auszugliedern, die von einem ehemaligen Vorstandsmitglied, dem Banker Michael Klein, geleitet wird. Diese Ausgliederung ist nun in Frage gestellt, aber die Schweizer Regierung hat sich bereit erklärt, sich an den Verlusten zu beteiligen, die der UBS bei der Abwicklung des restlichen Geschäfts entstehen könnten, sagten Insider.


   Schweiz lehnte Angebot von Saudi National Bank ab 

Aus informierten Kreisen hieß es ferner, am Sonntag habe eine Gruppe von Investoren, darunter auch der größte Einzelaktionär Saudi National Bank, einen letzten Versuch unternommen, die Credit Suisse am Leben zu erhalten. Unterbreitet worden sei der konkurrierende Vorschlag für eine Finanzspritze von rund 5 Milliarden Dollar an die Credit Suisse. Nach dem Plan wären die Anleihegläubiger der Bank vollständig geschützt gewesen. Die Schweizer Minister lehnten das Angebot jedoch rundweg ab, sagten die Informationen. Die Aktionäre hätten die gleichen staatlichen Stützungsmaßnahmen verlangt, die auch der UBS angeboten wurden.

Der Druck der Aktionäre zeigte jedoch Wirkung. Die UBS musste ihren ursprünglich angebotenen Kaufpreis von rund 1 Milliarde Schweizer Franken auf 3 Milliarden Franken anheben. Die Summe, die überdies in UBS-Aktien bezahlt wird ist immer noch weniger als die Hälfte des letzten Börsenwerts der Credit Suisse am Freitag.

Die UBS wird pro Credit-Suisse-Aktie 0,76 Franken in eigenen Aktien zahlen. Am Freitag hatte der Schlusskurs von Credit Suisse noch bei 1,86 Franken gelegen.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/ros/rio/kla

(END) Dow Jones Newswires

March 20, 2023 03:10 ET (07:10 GMT)