FRANKFURT (Dow Jones)--Zum Wochenschluss geht es an den europäischen Aktienmärkten stark nach unten. Die Aussicht auf weiter steigende Zinsen im Kampf gegen die Inflation droht die Wirtschaft in die Rezession zu treiben. Die steigende Zahl an Gewinnwarnungen der Unternehmen ist ein Warnsignal, die Anleger trennen sich von Risiko-Assets wie Aktien, heißt es. Der DAX verliert 1,8 Prozent auf 12.310 Punkte, das neue Jahrestief liegt nun bei 12.181 Punkten. Für den Euro-Stoxx-50 geht es um 2,2 Prozent auf 3.353 Punkte nach unten.

Aber auch Anleihen werden mit Blick auf die aktuelle Zinspolitik der Europäischen Zentralbank verkauft, wird doch für die kommende Sitzung mit einer weiteren Anhebung der Leitzinsen um 0,75 Prozent gerechnet. In der Folge steigt die Rendite der Anleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren auf über zwei Prozent. Derweil steht auch der Euro weiter unter Druck, was darauf schließen lässt, dass sich ausländische Investoren mit Blick auf die sich abzeichnende Rezession aus Europa weiter zurückziehen. Die Gemeinschaftswährung handelte im Tief bei 0,9724 und damit auf dem niedrigsten Niveau seit rund 20 Jahren zum Dollar.


   Rezession in Europa 

Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe wie auch für den Dienstleistungssektor in der Eurozone sind im September gefallen. Für Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank, könnten die Zeichen kaum deutlicher sein: Die Eurozone ist auf Rezessionskurs. Mehr noch, die Rezession dürfte im laufenden dritten Quartal bereits begonnen haben. Die hohen Energiepreise würgten derzeit regelrecht die Konjunktur ab. Die gestiegenen Gas- und Strompreise belasteten nicht nur den Verbraucher, sondern auch die Unternehmen. Die privaten Haushalte reduzierten aufgrund der hohen Gas- und Strompreise ihren Konsum. Die wirtschaftlichen Folgen des Kriegs in der Ukraine würden nun erst richtig sichtbar und könnten kaum brutaler sein.

Vermutlich werde den europäischen Regierungen nichts anderes übrig bleiben, als die Gas- und Strompreise zu deckeln, um Privat- und Firmeninsolvenzen zu vermeiden. Die gegenwärtige Situation sei in gewisser Weise mit der Corona-Pandemie vergleichbar. Es bedürfe nun unkonventioneller Massnahmen, um das Schlimmste - eine grosse Insolvenzwelle - zu verhindern.


   Rezession wird eingepreist 

Während sich Öl- und Gaswerte sowie die Minenwerte seit Jahresbeginn auf Grund der hohen Energiepreise und der Inflation gut hielten, werden sie nun auch mit Blick auf die erwartet schrumpfende Wirtschaftsleistung verkauft. Die entsprechenden Sub-Indizes verlieren 5,4 bzw. 5,6 Prozent. Dagegen halten sich die defensiven Sektoren wie die Telekomwerte oder aber auch die Aktien der Lebensmittelhersteller vergleichsweise gut.

Eine mögliche Kapitalerhöhung drückt Credit Suisse um gut 10 Prozent nach unten. Wie Reuters berichtet, wäre die Maßnahme Teil des Konzernumbaus, den der Verwaltungsrat angestoßen hat. Diskutiert werden laut dem Bericht auch verschiedene Szenarien für die Schrumpfung der Investmentbank, darunter ein weitgehender Rückzug aus dem Investmentbanking-Geschäft in den USA. Wie die Citigroup anmerkt, wäre ein Rückzug aus den USA zwar strategisch sinnvoll, allerdings mit nicht unerheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden.

Nach Aussetzung der Jahresprognose werden Hypoport (-44%) abverkauft. Die Nachfrage in der Immobilien-Finanzierung sowie im Corporate-Finance-Geschäft sei im zweiten Halbjahr bisher sehr schwach. Wegen der Kombination aus sprunghaftem Zinsanstieg, extremer Inflation und Rezessionsängsten sowie der Hoffnung auf stärker fallende Immobilienpreise hielten sich Verbraucher mit Transaktionen zurück. Beobachter hatten damit gerechnet, dass sich die Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen nach einem starken ersten Halbjahr abschwächen würde, allerdings nicht in dieser Höhe und Geschwindigkeit.

Varta brechen um 30 Prozent ein. Das Unternehmen hat die Ziele für das laufende Jahr zurückgenommen. Hintergrund seien die gegenüber der Annahme bei der jüngsten Prognose weiter gestiegenen Kosten für Energie und der Rohstoffpreise bei limitierter bzw verzögerter Weitergabemöglichkeit an die Kunden. Zusätzlich verzögerten sich die Lieferfreigabe bzw Abrufe für zwei große Aufträge mit OEMs. Eine neue Prognose nennt das Unternehmen nicht.

RTL (+0,8%) und M6 (+8,0%) notieren gegen den Trend fest. Die Anleger warteten auf unmittelbar bevorstehende Gebote für die französische RTL-Tochter M6, heißt es im Handel. Thomas Rabe, sowohl Vorstandschef der RTL Group als auch von Bertelsmann, bestätigte gegenüber der Financial Times, dass nicht bindende Angebote entgegengenommen würden. Hintergrund ist die gescheiterte geplante Fusion zwischen M6 und TF1 wegen hoher kartellrechtlicher Auflagen.


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Aktienindex              zuletzt        +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.353,00        -2,2%        -74,14         -22,0% 
Stoxx-50                3.344,40        -1,8%        -62,02         -12,4% 
DAX                    12.309,80        -1,8%       -221,83         -22,5% 
MDAX                   22.680,16        -2,5%       -587,15         -35,4% 
TecDAX                  2.666,60        -1,3%        -36,26         -32,0% 
SDAX                   10.541,17        -3,4%       -369,25         -35,8% 
FTSE                    6.996,46        -2,3%       -163,06          -3,0% 
CAC                     5.786,77        -2,2%       -131,73         -19,1% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                    absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       2,01                      +0,05          +2,19 
US-Zehnjahresrendite        3,72                      +0,00          +2,21 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %  Fr, 9:10 Uhr  Do, 17:06 Uhr    % YTD 
EUR/USD                   0,9736        -1,0%        0,9787         0,9815   -14,4% 
EUR/JPY                   139,29        -0,5%        139,26         139,53    +6,4% 
EUR/CHF                   0,9516        -1,0%        0,9590         1,0183    -8,3% 
EUR/GBP                   0,8835        +1,1%        0,8739         0,8713    +5,1% 
USD/JPY                   143,08        +0,5%        142,25         142,19   +24,3% 
GBP/USD                   1,1017        -2,1%        1,1202         1,1263   -18,6% 
USD/CNH (Offshore)        7,1370        +0,7%        7,1087         7,0852   +12,3% 
Bitcoin 
BTC/USD                18.622,45        -2,9%     19.293,59      18.841,91   -59,7% 
 
ROHÖL                    zuletzt  VT-Settlem.         +/- %        +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex                  78,96        83,49         -5,4%          -4,53   +12,2% 
Brent/ICE                  86,04        90,46         -4,9%          -4,42   +16,4% 
GAS                               VT-Settlem.                      +/- EUR 
Dutch TTF                 181,00       187,47         -3,5%          -6,47  +207,5% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag         +/- %        +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)             1.646,49     1.671,30         -1,5%         -24,81   -10,0% 
Silber (Spot)              18,98        19,68         -3,5%          -0,70   -18,6% 
Platin (Spot)             872,50       904,83         -3,6%         -32,33   -10,1% 
Kupfer-Future               3,36         3,49         -3,8%          -0,13   -24,1% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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Kontakt zum Autor: thomas.leppert@wsj.com

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September 23, 2022 10:17 ET (14:17 GMT)