FRANKFURT (Dow Jones)--Der Donnerstag hat es mal wieder in sich: Am Morgen tobte zunächst die Berichtssaison und lieferte die Impulse für die Einzelwerte. Die Indizes kamen leicht unter Druck, wurden die Anleger doch vor der Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank etwas vorsichtiger. Dann um 14:15 Uhr liefen die Beschlüsse der Europäischen Zentralbank über die Ticker und lieferten den Impuls für Aktien, Anleihen und Euro. Wie an der Börse im Vorfeld erwartet, gab es den Jumbo-Zinsschritt um 75 Basispunkte. Zudem schraubt die Notenbank an der Ausgestaltung der Langfristtender, was erwartet wurde, wenn auch nicht in dieser Form. Damit verfolgt die Notenbank das Ziel, Liquidität dem Finanzsystem zu entziehen. Dem teils gefürchteten "Quantitative Tightening" (QT) erteilt die EZB dagegen zunächst eine Absage.

Der DAX holte zuvor gesehene Verluste auf und notiert aktuell 0,3 Prozent höher bei 13.250 Punkten. Die Aktie des als zinssensitiv geltenden Immobilienkomzerns Vonovia legt um 3,9 Prozent zu. Der Euro-Stoxx-50 handelt 0,2 Prozent höher bei 3.612 Punkten. Für die Anleihen geht es durch die Bank nach oben, die Rendite der Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren kam zwischenzeitlich unter 2 Prozent zurück. Und der Euro fiel teils unter die Parität und handelt nun nahe dieser Marke bei 1,006 Dollar.


    EZB will Inflationserwartungen nicht ausufern lassen 

Die EZB schraubt die Zinsen erneut um 75 Basispunkte nach oben. Zwar können die Notenbanker kurzfristig nur wenig dazu beitragen, die Teuerung zu dämpfen. Ihre entschlossene Haltung demonstriert für Jan Holthusen, Bereichsleiter DZ Bank Research, dass die Institution gewillt ist, die massive Zielverfehlung von zwei Prozent nicht auf Dauer zu tolerieren. Trotzdem sei die EZB mit ihren Zinserhöhungen zu spät dran. Nun versuche die EZB mit Jumbo-Zinsschritten Schadensbegrenzung zu betreiben. Das Zeitfenster könnte knapp werden, wenn die Eurozone in eine tiefe Rezession rutscht, was wahrscheinlich sei. Weitere Zinserhöhungen wären in einem solchen Umfeld zwar nicht unmöglich, aber deutlich schwerer zu vermitteln. Für Dezember erwartet Holthusen deshalb eine erneute Erhöhung um 50 Basispunkte, bevor dann Anfang kommenden Jahres ein Schritt von 25 Basispunkten das vorläufige Ende dieses Zinserhöhungszyklus markieren dürfte. Enttäuschend sei, dass es von der Notenbank zur Reduktion ihrer Anleihebestände (QT) keine Neuigkeiten gab.


   Credit Suisse fährt Milliardenverlust ein 

Eine Wertberichtigung hat der Credit Suisse erneut einen Milliardenverlust eingebracht. Außerdem hat die schweizerische Großbank einen tiefgreifenden Konzernumbau beschlossen. Die Aktien brechen nach dem Strategie-Update um 16 Prozent ein. Die Anleger stören sich vor allem an zwei Punkten: Die Bank hat eine milliardenschwere Kapitalerhöhung angekündigt. Eine solche war zwar erwartet worden, die Citigroup spricht allerdings mit Blick auf den Verwässerungseffekt von einer Enttäuschung. Zudem stören sich Analysten an dem Ziel für den Return on Tangible Equity (ROTE) für das Jahr 2025 von rund 6 Prozent. Die Rendite auf das materielle Eigenkapital liegt klar unter dem Konsenswert von 6,4 Prozent.

Für AB Inbev geht es nach besseren Quartalszahlen dagegen gleich um 5,5 Prozent nach oben, zudem hat die Großbrauerei den Ausblick angehoben. Der Quartalsbericht dürfte einige Anleger auf dem falschen Fuß erwischt haben, leidet die Branche doch unter der Konsumzurückhaltung der Verbraucher wegen der hohen Inflation. Der Durst scheine ungebrochen und beschere dem Brauereiriesen einen beachtlichen Umsatzsprung, kommentiert Raiffeisen International.

Den schwächsten Sektor in Europa stellen die Technologiewerte, die um 2,5 Prozent nachgeben. Aus dem Sektor hat Nemetschek Zahlen vorgelegt, die Aktie stürzt um 8,6 Prozent ab. Im dritten Quartal kletterten Umsatz und Ergebnis, die Margen gaben aber nach. Die Analysten von Bryan Garnier sprechen von einer Erosion der Ertragskraft in allen Geschäftsbereichen und verweisen auf die Margenentwicklung.


   Positive Zahlen fährt Daimler Truck ein 

Daimler Truck (+2,1%) profitieren von besser als erwartet ausgefallenen Drittquartalszahlen. Das Konzern-EBIT gab der Konzern im Quartal mit bereinigt 1,273 Milliarden Euro an, ein Anstieg um 159 Prozent. Analysten hatten im Konsens nur mit 1,081 Milliarden Euro gerechnet.

Auch beim Konsumgüterkonzern Beiersdorf lief es im abgelaufenen Quartal nicht schlecht. Das Unternehmen hat in den ersten neun Monaten den Umsatz in beiden Segmenten Consumer und Tesa sowie auf Konzernebene gesteigert und die Konsensprognose übertroffen. Auch für das Gesamtjahr wird der Konzern optimistischer. Gerade vor diesem positiven Hintergrund monieren Händler den Ausblick als zu konservativ, die Titel sinken um 3,4 Prozent.

Durchwachsen sind die Quartalszahlen der Software AG (-6,6%) ausgefallen. Der Auftragseingang liegt über den Schätzungen, das EBIT jedoch unter diesen. Die Umsätze bewegen sich derweil im Rahmen. Den Ausblick hat das Unternehmen bestätigt, aber den Abgang von CFO Matthias Heiden Ende des Jahres angekündigt.

"Der Ausblick sollte stützen", heißt es im Handel mit Blick auf Lufthansa (+3%). Das Unternehmen geht von einer weiter hohen Nachfrage in den kommenden Monaten aus und rechnet im vierten Quartal mit einem operativen Gewinn.


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Aktienindex              zuletzt        +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.614,62        +0,3%          9,31         -15,9% 
Stoxx-50                3.516,60        +0,3%         10,17          -7,9% 
DAX                    13.249,53        +0,4%         53,72         -16,6% 
MDAX                   24.043,22        -0,7%       -168,56         -31,6% 
TecDAX                  2.858,21        -1,1%        -32,67         -27,1% 
SDAX                   11.457,87        +0,4%         46,04         -30,2% 
FTSE                    7.088,69        +0,5%         32,62          -4,4% 
CAC                     6.265,83        -0,2%        -10,48         -12,4% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                    absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       2,00                      -0,11          +2,18 
US-Zehnjahresrendite        3,95                      -0,05          +2,44 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %  Do, 8:50 Uhr  Mi, 17:30 Uhr   % YTD 
EUR/USD                   1,0034        -0,5%        1,0063         1,0068  -11,8% 
EUR/JPY                   146,31        -0,9%        146,56         147,56  +11,8% 
EUR/CHF                   0,9910        -0,3%        0,9940         1,0146   -4,5% 
EUR/GBP                   0,8633        -0,5%        0,8678         0,8676   +2,7% 
USD/JPY                   145,81        -0,4%        145,64         146,55  +26,7% 
GBP/USD                   1,1620        -0,0%        1,1595         1,1604  -14,1% 
USD/CNH (Offshore)        7,2321        +0,5%        7,2255         7,1887  +13,8% 
Bitcoin 
BTC/USD                20.680,13        -0,3%     20.755,74      20.877,02  -55,3% 
 
 
 
ROHOEL                   zuletzt  VT-Settlem.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                  89,11        87,91         +1,4%          +1,20  +27,6% 
Brent/ICE                  96,65        95,69         +1,0%          +0,96  +31,4% 
GAS                               VT-Settlem.                      +/- EUR 
Dutch TTF                 106,30       104,32         +1,9%          +1,98  +52,4% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.664,11     1.664,78         -0,0%          -0,67   -9,0% 
Silber (Spot)              19,58        19,65         -0,4%          -0,07  -16,0% 
Platin (Spot)             961,25       955,38         +0,6%          +5,88   -1,0% 
Kupfer-Future               3,57         3,57         -0,1%          -0,00  -19,3% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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October 27, 2022 10:24 ET (14:24 GMT)