Zürich (Reuters) - Die krisengeplagte Credit Suisse steuert auf den dritten Quartalsverlust in Folge zu.

Allerdings sind nicht Altlasten der Auslöser für die vierte Gewinnwarnung innerhalb von fünf Quartalen, sondern die Flaute in Teilen des operativen Geschäfts. Doch während die Bank vor allem dem schwierigen Marktumfeld die Schuld zuschob, halten Analysten die missliche Lage zumindest teilweise für selbstverschuldet. Jedenfalls dürfte die Investmentbank den Konzern im zweiten Quartal 2022 in die Verlustzone ziehen. Zahlen nannte die Bank nicht.

Der Zinsanstieg und der Einbruch im Geschäft mit Börsengängen, Kapitalerhöhungen und Anleihenemission belasteten die finanzielle Entwicklung der Investmentbank im April und Mai, wie das Institut am Mittwoch mitteilte. Doch auch im Kerngeschäft mit Millionären und Milliardären kämpft die Bank mit Gegenwind. So hätten die Kunden wegen Ausschlägen an den Finanzmärkten die Füße stillgehalten. Zudem hätten sie Kredite zur Finanzierung von Wertpapier-Transaktionen zurückgezahlt, um ihre Risiken herunterzufahren. Dies gelte insbesondere für die Region Asien-Pazifik. Beides kostet die Bank Gebühreneinnahmen. Den Ausblick für den weiteren Jahresverlauf hielt die Bank vage. Sie bekräftigte nur, dass 2022 ein Übergangsjahr werde.

Um die Ertragsschwäche abzufedern, will die Bank nun bei den Sparmaßnahmen aufs Tempo drücken. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge prüft das Institut neue Stellenstreichungen. Credit Suisse wollte sich dazu nicht äußern. In der Mitteilung hieß es: "Angesichts des Wirtschafts- und Marktumfelds beschleunigen wir unsere Kosteninitiativen über die gesamte Gruppe hinweg mit dem Ziel, ab 2023 eine Maximierung der Einsparungen zu erzielen." Bisher hatte die Bank bis 2024 jährliche Kosteneinsparungen von 1,0 bis 1,5 Milliarden Franken angepeilt. Einzelheiten zu den Kostenmaßnahmen werde die Bank bei einer Investorenveranstaltung am 28. Juni bekanntgeben. Auch auf einer Konferenz am Donnerstag dürfte sich Konzernchef Thomas Gottstein dazu äußern.

"GEWINNWARNUNGEN DIE NEUE NORM"

Analysten befürchten eine Art Abwärtsspirale. Wie in der Vergangenheit dürfte das Sparprogramm den Mitarbeitern auch dieses Mal die Laune verderben und sich erneut negativ auf die Erträge auswirken, kommentierte Vontobel-Analyst Andreas Venditti. An der Börse brachen Credit-Suisse-Aktien um rund sechs Prozent ein.

Seit Anfang März 2021 hat die Aktie über die Hälfte an Wert eingebüßt. Damals begann die Notabwicklung von zusammen mit Greensill geführten Fonds. Wenig später kostete die Bank der Zusammenbruch eines Hedgefonds-Kunden fünf Milliarden Franken. Dazu kommen teure Gerichtsverfahren und Skandale rund um die Bankspitze.

Aus Angst vor weiteren Fehlschlägen ist der Konzern nun so vorsichtig geworden, dass er inzwischen auf Geschäfte verzichtet. Die geringere Risikobereitschaft wirkt sich auch auf die Erträge aus und sorgte dafür, dass das Institut anderen Banken hinterher hinkt. Während Morgan Stanley oder Goldman Sachs im Investmentbanking zuletzt nahe ihrer Rekordquartale gelegen hätten, weise Credit Suisse hier nun regelmäßig Verluste aus, urteilte Citi-Analyst Andrew Coombs. Auch in der Vermögensverwaltung erodiere das Geschäft. "Ein weiteres Quartal, eine weitere Gewinnwarnung", überschrieb er seine Einschätzung. "Was früher eine Seltenheit war, ist heute die Norm."

An der Strategie, die neben dem Geschäft mit reichen Privatkunden auch ein substanzielles Investmentbanking vorsieht, will Credit Suisse nicht rütteln. Auf kurze Sicht beabsichtige Credit Suisse auch, mit einer Quote des harten Kernkapitals (CET1) von rund 13,5 Prozent zu arbeiten. Bis zum Jahr 2024 peilt die Bank weiter eine Kernkapitalquote von mehr als 14 Prozent an.

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte vergangene Woche berichtet, dass die Bank Insidern zufolge Maßnahmen zur Stärkung des Kapitals prüft. Eine Option sei dabei eine Kapitalerhöhung. Im ersten Quartal hatte das Institut bereits einen Verlust von 273 Millionen Franken eingefahren, in den drei Monaten davor einen Fehlbetrag von 2,1 Milliarden Franken.

(Bericht von Oliver Hirt und Brenna Hughes Neghaiwi, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)