Zürich (awp) - Inmitten der Pandemie scheint bei der Credit Suisse wenig Krisenstimmung zu herrschen. Zumindest hat die Grossbank ausreichend Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen und kündigt einen strategischen Konzernumbau an, um effizienter zu werden und schneller zu wachsen. Angesichts guter Ergebnisse trotz Coronakrise kann sie sich das leisten.

Die Bank steigerte die Erträge und den Vorsteuergewinn im zweiten Quartal sowohl zum Vorjahr als auch zum Vorquartal deutlich, und auch die Kapitalquoten verbesserten sich. Die Analysten hatten insgesamt mit einem Rückgang gerechnet.

Getrieben war das Ergebnis von höheren Erträgen: Diese legten um 11 Prozent auf knapp 6,2 Milliarden Franken zu. Der Vorsteuergewinn stieg um 19 Prozent auf 1,55 Milliarden und der Reingewinn im Vergleich zum Vorjahr gar um 24 Prozent auf 1,16 Milliarden.

Man habe sich im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal - als die Krise ihren Anfang nahm - sogar noch einmal verbessert, sagte Konzernchef Thomas Gottstein am Donnerstag. Damit würde jetzt auch der Auszahlung der zweiten Hälfte der Dividende für das Geschäftsjahr 2019 nichts mehr im Weg stehen.

Handelsgeschäft verleiht Schub

Angesichts der Verwerfungen an den Finanzmärkten spielte der Credit Suisse die erhöhten Kundenaktivitäten in der Handelseinheit Global Markets zu. Aber auch das Beratungsgeschäft für Börsengänge und Übernahmen rappelte sich schneller als gedacht auf. Die Division Investment Banking & Capital Markets schaffte es überraschend wieder in die Gewinnzone.

Und auch das für die CS wichtige Schweiz-Geschäft übertraf - allerdings auch dank Sonderfaktoren - die Gewinnschätzung der Analysten, gleiches gilt für die Region Asien-Pazifik.

Erneut drückten auch im zweiten Quartal Rückstellungen für Kreditrisiken auf das Ergebnis. Diese fielen indes nur noch etwas mehr als halb so hoch aus wie im ersten Jahresviertel.

Alle Investment-Banking-Aktivitäten unter einem Dach

Statt kurzfristige Krisenbewältigung schmiedet die Credit Suisse derweil langfristige Zukunftspläne: Gottstein, der seit Februar CEO ist, will verschiedene Bereiche zusammenlegen und die Bank so effektiver und widerstandsfähiger machen. So sollen etwa die Investment-Banking-Aktivitäten wieder alle unter einer "globalen Investment Bank" vereint werden. Risk und Compliance - aktuell getrennte Funktionen - sollen ebenfalls integriert werden.

Die Bank verspricht sich davon dank Synergien und dem Abbau von Doppelspurigkeiten ab dem Jahr 2022 jährlich 400 Millionen Franken an Kosteneinsparungen. Diese sollen für Investitionen in Wachstum genutzt werden. Damit dürfte die Reorganisation letztendlich auch nicht zu einem grossen Personalabbau führen. Kosten wird der Umbau die Bank rund 300 bis 400 Millionen.

Trotz aller Zukunftsmusik und grosser Initiativen warnt das Management gleichzeitig vor zu viel Euphorie angesichts des Gewinnsprungs im Quartal. Die Auswirkungen der Coronakrise auf die Wirtschaft würden erst im zweiten Halbjahr voll sichtbar werden, sagte Finanzchef David Mathers. Und: Es sei nicht ausgeschlossen, dass weitere bedeutende Rückstellungen notwendig werden würden. Dann nämlich, wenn sich die Corona-Situation wieder stark verschlechtert und es zu erneuten Lockdowns kommt - Stichwort zweite Welle.

An der Börse gaben Credit Suisse in einem schwachen Gesamtmarkt 1,6 Prozent nach.

ys/gab