Zürich (awp) - Das Debakel um den US-Hedgefund Archegos hat die Credit Suisse am Dienstag nicht losgelassen. Die Aktie der zweitgrössten Schweizer Bank ist nach dem Absacker vom Montag weiter unter Druck gestanden. Investoren üben derweil harsche Kritik und fordern Lohn- und Boniabstriche im Management und Verwaltungsrat.

Der Leiter der Aktionärsvereinigung Ethos, Vincent Kaufmann, empfiehlt den Aktionären an der kommenden Generalversammlung vom 30. April gegen die Entlastung (Décharge) des Verwaltungsrates und gegen die Bonusanträge des Managements für das Jahr 2020 zu stimmen. Die Vorkommnisse um Archegos Management und um die Greensill-Fonds zeigten, dass die Grossbank Probleme mit ihrem Risikomanagement habe: Und für letzteres trage letztlich der Verwaltungsrat die Verantwortung, sagte er gegenüber der AWP.

Mit der Verweigerung der Entlastung würden die Aktionäre ihr Recht behalten, nötigenfalls juristisch gegen den Verwaltungsrat vorgehen zu können, falls dieser seine Verantwortung nicht nachgekommen sei, so Kaufmann weiter.

Lohnverzicht für Rohner verlangt

Aufgrund der zu erwartenden Verluste scheinen ihm auch die vorgeschlagenen Vergütungen zu hoch. Ethos empfehle daher, gegen den Bonusantrag zu stimmen, so Kaufmann. Ganz abgesehen davon halte Ethos ein Salär von mehr als 4 Millionen Franken für Verwaltungsratspräsident Urs Rohner als zu hoch.

Dezidiert äusserte sich auch David Herro vom US-Vermögensverwalter Harris, mit einem zuletzt gemeldeten Anteil von rund 5 Prozent einer der grössten CS-Aktionäre. Er forderte in einem E-Mail-Statement an verschiedene Medien, dass der scheidende Rohner auf eine weitere Vergütung ganz verzichten solle. Harris hatte sich bereits im vergangenen Jahr in der Auseinandersetzung um die Absetzung des ehemaligen CEO Tidjane Thiam gegen Rohner gestellt.

Spekulationen über Verlusthöhe

Die Credit Suisse-Aktie gab am Dienstag bis zum Schluss um weitere 3,1 Prozent auf 10,42 Franken nach, nachdem sie am Montag knapp 14 Prozent verloren hatte. Auf Jahressicht notiert die Aktie damit um knapp 9 Prozent im Minus während etwa die Titel der Konkurrentin UBS seit Jahresbeginn um 17 Prozent zugelegt hat.

Gemäss Marktbeobachtern dürfte die CS-Aktie weiterhin volatil bleiben, solange nicht mehr über das Ausmass der Verluste aus den beiden Problemfällen Archegos und Greensill bekannt ist. Am Montag hatte die CS über einen "möglicherweise sehr bedeutenden und wesentlichen" Verlust informiert, ohne aber weitere Einzelheiten zu nennen. Ursache dürfte laut übereinstimmenden Berichten der Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos des Investors Bill Hwang sein, der auch weitere Banken in Mitleidenschaft gezogen hat.

Die meist genannte Verlustschätzung für die CS im Zusammenhang mit Archegos laut auf 3 bis 4 Milliarden Dollar, eine Zahl, welche die "Financial Times" unter Berufung auf Insider genannt hatte. Einige Marktgerüchte wollten gar von einem doppelt so hohen Schaden wissen. "Über die Höhe der Verluste wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr als das, was wir in der Presse lesen", meinte der zuständige Analyst der britischen Barclays Bank in einem Kommentar.

Aktienrückkäufe im Fokus

Spekuliert am Markt wird nun auch, ob die Credit Suisse ihr dieses Jahr begonnene Aktienrückkaufprogramm wegen des Verlustes bei Archegos, aber auch wegen der ebenfalls noch nicht bezifferten Verluste mit den sogenannten Lieferketten-Finanzierungsfonds von Greensill stoppen muss.

Einige Investoren sehen aber auch das Risiko, dass die Dividende für 2020 gestrichen wird oder die CS gar eine Kapitalerhöhung durchführen muss.

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