Von Rochelle Toplensky

LONDON (Dow Jones)--António Horta-Osório will die Credit Suisse mehr kulturell als strukturell umgestalten. Damit liegt es an seinem Managementgeschick, die krisenanfällige Schweizer Bank wieder auf Augenhöhe mit der erfolgreicheren UBS zu bringen. Der neue Chairman stellte seine Strategie zusammen mit den soliden Ergebnissen des dritten Quartals vor. Er sagte den Analysten, dass es "keine schnellen Lösungen gibt und noch viel Arbeit vor uns liegt". Horta-Osório wird an einigen Kapital- und Berichtslinien feilen, aber sein Hauptziel bleibt es, die Risikokultur der Bank zu stärken und gleichzeitig ihren unternehmerischen Geist zu erhalten.

Die Umstrukturierung ist weitaus weniger radikal, als manche angesichts der jüngsten Fehltritte der Bank erwartet hatten. Vielleicht ist mehr aber auch gar nicht nötig. Die Credit Suisse hat in letzter Zeit ordentliche Renditen erzielt, wenn man von den Verlusten durch die Zusammenbrüche ihrer Kunden Archegos und Greensill absieht. Aber die Anleger müssen davon überzeugt sein, dass es keine weiteren Skandale dieser Art geben wird. Um Rentabilität und Wachstum zu erreichen, ohne Probleme einfach in die Zukunft zu verlagern, ist es entscheidend, das schwierige, optimale Gleichgewicht zwischen Risikomanagement und Unternehmergeist zu finden.


 
Neuer starker Mann der Credit Suisse scheint bei der UBS abzukupfern 
 

Der Dreijahresplan sieht vor, das Vermögensverwaltungsgeschäft der Credit Suisse mit mehr Kapital auszustatten, die Investmentbank zu verkleinern und sich divisionsübergreifend von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Märkten und Produkten zu trennen. Das Asset Management wird in Europa und Asien ausgebaut. Die Kosteneinsparungen sollen bis 2024 jährliche Investitionen in Höhe von 1 bis 1,5 Milliarden Schweizer Franken oder umgerechnet rund 945 Millionen bis knapp 1,42 Milliarden Euro in den vier Geschäftsbereichen ermöglichen. Vermögensverwaltung, Investmentbanking und IT werden in eine globale Struktur überführt.

Horta-Osório bringt Glaubwürdigkeit mit, nachdem er die Lloyds Banking Group, einen von der globalen Finanzkrise schwer getroffenen britischen Kreditgeber, stabilisiert hat. Strukturell scheint er eine ähnliche Entwicklung anzupeilen, wie sie vor Jahren von der Konkurrentin der Credit Suisse, der UBS, eingeschlagen wurde. Einige Elemente, wie zum Beispiel der Erfolg beim Sammeln von zu verwaltenden Vermögenswerten, werden für die Anleger leicht nachvollziehbar sein.


 
Anlegern steht holprige Wegstrecke bevor 
 

Die wichtigste Veränderung jedoch - die Stärkung der Risikokultur - ist von außen nur schwer zu beobachten. Dafür dürfte aber die Zentralisierung der Kontrolle und der Systeme ebenso hilfreich sein wie die externe Ernennung erfahrener Risikomanager. Der Umfang und die Verteilung der risikogewichteten Aktiva bieten ein gewisses Maß an Veränderung. Die Risikokultur hängt jedoch von immateriellen Faktoren wie der internen Glaubwürdigkeit und der Wirksamkeit der Kontrollen ab, die sich nur langsam verändern und nur wenige externe Indikatoren liefern.

Der beste Beweis für ein starkes Risikomanagement ist oft, dass es lange Zeit keine Skandale oder Marktverwerfungen gibt. Das erfordert sowohl Geduld als auch das Vertrauen der verunsicherten Aktionäre der Bank.

Die aktuellen Ankündigungen ließen den Aktienkurs um fast 2 Prozent sinken. Damit steht die Aktie in diesem Jahr mit fast 15 Prozent im Minus und schneidet deutlich schlechter ab als die europäischen Wettbewerber. Die Aktien der Credit Suisse werden zu einem Buchwert von 0,53 gehandelt und liegen damit weit hinter dem europäischen Durchschnitt von 0,70 und dem Stadtrivalen UBS, der nahe dem Nennwert gehandelt wird.

Insgesamt verfügt die Credit Suisse über einige starke Geschäftsfelder. Und das Potenzial für Übernahmeversuche durch besser bewertete Konkurrenten hat den Aktien einen gewissen Boden nach unten verschafft. Da jedoch ein kultureller Wandel in naher Zukunft nur schwer abzuschätzen ist, dürfte sich der Aktienkurs nur langsam erholen. Den Anlegern steht ein langer, steiniger Weg bevor.

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(END) Dow Jones Newswires

November 04, 2021 11:13 ET (15:13 GMT)