--Habeck: Richtige Maßnahmen sollten nicht am Geld scheitern

--Diskussion um Schuldenbremse erhält neue Nahrung

--Bedingungen für Unternehmenshilfen werden ausgeweitet

(NEU: Aussagen von BDI-Veranstaltung, Hintergrund)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat eine entschlossene Bereitstellung der nötigen Finanzmittel für Unternehmenshilfen gefordert und damit Diskussionen um eine Ausnahme von der Schuldenbremse neue Nahrung gegeben. "Wir haben zur Landesverteidigung ein 100 Milliarden schweres Sondervermögen aufgebaut, und das ist richtig", sagte Habeck im Bundestag. "Aber mit der gleichen Entschlossenheit müssen wir zur Verteidigung der wirtschaftlichen Substanz dieses Landes nicht zögern, die finanziellen Möglichkeiten zu mobilisieren, die notwendig sind."

Bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) konkretisierte Habeck am Nachmittag seine Forderungen. "Wenn wir jetzt die richtigen Maßnahmen ergreifen, sollte es meiner Ansicht nach nicht am Geld scheitern", sagte er beim Klimakongress des BDI. "Es wäre die falsche politische Entscheidung." Die Investitionsfähigkeit der deutschen Wirtschaft müsse erhalten bleiben.

Auf die Frage nach einem Aussetzen der Schuldenbremse als Konsequenz für 2023 betonte er, es "wäre falsch verstanden, wenn man sagt, wir haben im nächsten Jahr einen ausgeglichenen Haushalt, aber eine Insolvenzwelle, die uns die nächsten Jahre herunterreißen würde". Es gebe auch andere Möglichkeiten als ein Aussetzen der Schuldenbremse, aber der Status quo sei "ungenügend", sagte Habeck. "Die politische Debatte muss jetzt schnell Schritt halten mit den Bedarfen der Unternehmerinnen und Unternehmer."

Der Vorstandsvorsitzende des Werkstoffherstellers Covestro, Markus Steilemann, hatte zuvor in der Diskussion mit Habeck gemahnt, das Thema der Hilfen "von vorne" zu lösen. "Deshalb müssen wir an die Schuldenbremse heran", sagte er und brachte mögliche Sonderprogramme ins Spiel. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt ein Aussetzen der Schuldenbremse auch im kommenden Jahr ab, hat aber eingeräumt, in der politischen Diskussion darum werde es "einsamer" um ihn, nachdem CSU-Chef Markus Söder eine Aussetzung der Regeln nicht mehr ausschloss.

Habeck unterstrich zudem, dass der gegenwärtige externe Schock durch den Verlust an Energieproduktion eine andere Ursache für die hohe Inflation sei als dies beispielsweise für die hohe Teuerung in den USA der Fall sei, wo die extensive Fiskalpolitik die Nachfrage stark nach oben gebracht habe. "In diesem Fall wird es nicht reichen, nur über Geldpolitik, also über höhere Zinsen, diese wirtschaftspolitische Situation zu bestehen, sondern wir müssen die fiskalpolitischen Instrumente ebenfalls nutzen", hob der Wirtschaftsminister im Bundestag weiter hervor.

Habeck kündigte an, unter anderem sollten Hilfen im Zuge des Energiekostendämpfungsprogramms außer für im internationalen Handel stehende Unternehmen auch für solche Unternehmen gelten, die Verluste machen. "Allein die Verlustrechnung reicht, um antragsberechtigt zu werden", sagte er mit Blick auf die Industrie. Zu Hilfen für kleine und mittelständische Unternehmen sei die nötige Arbeit in seinem Haus bereits geleistet worden. "Die Programme sind justiert, sie müssen jetzt in der Koalition abgestimmt werden, aber sie müssen schnell an den Start kommen." Nach seiner Vorstellung sollten sie rückwirkend ab September gelten, und es solle auch bereits schnell Abschlagszahlungen geben.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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September 22, 2022 12:48 ET (16:48 GMT)