Die Unternehmen haben mit den stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen sowie anhaltenden Lieferengpässen zu kämpfen und müssen deshalb ihre Produktion deutlich herunterfahren. "Wir müssen uns im wahrsten Sinne des Wortes warm anziehen, um diesen Winter und auch das kommende Jahr zu überstehen", erklärte der Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Evonik-Chef Christian Kullmann, am Mittwoch. "Die immensen Herausforderungen bringen die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen in ernste Gefahr."

Im zweiten Quartal brach die Produktion in der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie im Vergleich zum Vorjahr um 5,4 Prozent ein. Ohne das Pharmageschäft ging sie sogar um mehr als acht Prozent zurück. Dank um gut 24 Prozent gestiegener Erzeugerpreise legte der Umsatz binnen Jahresfrist aber immer noch um 21,6 Prozent zu. Im Vergleich zum Vorquartal stand noch ein Plus von 3,4 Prozent zu Buche. Den Betrieben falle es aber immer schwerer, die hohen Energie- und Rohstoffkosten an ihre Kunden weiterzugeben, warnte der VCI. Bei vielen Unternehmen gingen die Erlöse schon zurück, erste schrieben bereits rote Zahlen. Der Chemieindustrie stünden schwierige Monate bevor, die Geschäftserwartungen seien im Keller.

Seine Jahresprognose senkt der Verband deshalb. Für 2022 rechnet er nun mit einem Rückgang der Produktion in der Branche von insgesamt 5,5 Prozent. Die Chemieproduktion ohne Pharma dürfte sogar um 8,5 Prozent sinken. Bisher hatte der VCI einen Rückgang der chemisch-pharmazeutischen Produktion von 1,5 Prozent prognostiziert und für das reine Chemiegeschäft ein Minus von vier Prozent. Dank der höheren Preise für Chemieprodukte dürfte der Branchenumsatz allerdings immer noch mit einem Plus von 16 Prozent zweistellig wachsen.

Überschattet werde das aber von der Sorge, ob es im Winter zu Gasrationierungen komme. Die Vorbereitungen der Branche für eine etwaige Gasmangellage liefen auf Hochtouren. Sollte es dazu kommen, müssten viele Unternehmen gasintensive Anlagen drosseln oder stilllegen. Die Chemiebranche ist der größte industrielle Energieverbraucher in Deutschland. Sie ist deshalb von explodierten Energiepreisen und den rückläufigen Gaslieferungen aus Russland besonders betroffen.

(Bericht von Patricia Weiß. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)