Frankfurt/München (Reuters) - Die Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie und die Gewerkschaft IG Metall verbreiten vor dem Einigungsversuch im Tarifstreit am Montag vorsichtigen Optimismus.
Die bayerische Verhandlungsführerin des Arbeitgeberverbandes vbm, Angelique Renkhoff-Mücke, bezifferte die Chancen auf eine Einigung am Freitag in München auf "über 50 Prozent". IG-Metall-Chefin Christiane Benner sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), es gebe eine Einigungschance. "Wir sind aber noch weit voneinander entfernt." Beide Seiten hatten in den vergangenen Tagen im kleinen Kreis die Chancen ausgelotet. Die Sondierungen seien sehr sachlich und konstruktiv verlaufen, sagte Renkhoff-Mücke in einem Pressegespräch.
Zu IG-Metall-Forderungen wie mehr Geld für Auszubildende oder einer Ausweitung der Möglichkeit, zwischen mehr Geld und arbeitsfreier Zeit zu wählen, kamen die Tarifparteien in Arbeitsgruppen voran. "Der Elefant im Raum war aber noch nicht Thema", betonte sie mit Blick auf mögliche Lohnerhöhungen. "Wir müssen beide über ein Stöckchen springen - vielleicht ist es aber auch ein großer Stock." Das Thema sei am sperrigsten zu besprechen, sagte der Verhandlungsführer des IG-Metall-Bezirks Küste, Daniel Friedrich. "Bei der Frage Geld ist die Fantasie sehr, sehr, sehr gering zurzeit."
Die IG Metall fordert für die 3,9 Millionen Beschäftigten bundesweit sieben Prozent mehr Geld über eine Laufzeit von zwölf Monaten. Die Arbeitgeber bieten 3,6 Prozent in zwei Stufen bei 27 Monaten Laufzeit. "Es geht um eine Art Krisenabschluss", sagte Renkhoff-Mücke. Der Ausgang der Präsidentschaftswahl in den USA belaste vor allem die Autoindustrie zusätzlich, aus Berlin seien in den nächsten Monaten keine Impulse zu erwarten. "Es sind zu viele negative Faktoren. Die Unternehmen können das nicht mehr kompensieren."
Zum ersten Mal sollen der norddeutsche Tarifbezirk Küste und Bayern gemeinsam einen Pilotabschluss aushandeln. Das hatte die IG Metall vorgeschlagen. Die vierte Verhandlungsrunde soll am Montagnachmittag in Hamburg beginnen und könnte bis in die Nacht hinein dauern. Das Vorgehen im Tandem ist ein Novum. Bisher war immer ein großer Bezirk - Baden-Württemberg, Bayern oder Nordrhein-Westfalen - beauftragt worden. Der neue Ansatz stehe für mehr Transparenz und breitere Zusammenarbeit in der Tarifpolitik, sagte Friedrich.
Nach Angaben der IG Metall haben seit Ende Oktober mehr als 500.000 Beschäftigte mit Warnstreiks und Demonstrationen ihrer Forderung Nachdruck verliehen. "Dieser Bewegung vor den Werkstoren muss endlich auch Bewegung am Verhandlungstisch folgen", forderte Benner.
Nach dem Zerfall der Bundesregierung sei die Sehnsucht nach Stabilität unter den Beschäftigten groß, erklärte der IG-Metall-Verhandlungsführer aus Bayern, Horst Ott. Er gehe daher mit dem Auftrag ins Rennen, "dass wenigstens ihr Kompromisse findet - aber nicht um jeden Preis". Die Erwartungshaltung an mehr Lohn sei hoch. Sollte kein Abschluss gelingen, sei die Gewerkschaft auf eine Eskalation mit 24-Stunden-Streiks in allen Regionen vorbereitet, erklärte sein Küsten-Kollege Friedrich.
(Bericht von Ilona Wissenbach und Alexander Hübner; Redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)