HANNOVER (dpa-AFX) - Der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental hat weiter schwer an der Branchenflaute zu knabbern. Während die großen Kunden Volkswagen, Daimler und BMW mittlerweile wieder Fuß zu fassen scheinen, stecken die Hannoveraner noch immer tief im Schlamassel. Was bei Conti los ist, was die Analysten sagen und wie die Aktie zuletzt lief.

DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:

Conti ist derzeit ein Konzern im Dauerstress. War das Unternehmen ohnehin schon länger dabei, sich neu aufzustellen und flexibler zu machen, kommt es nun Schlag auf Schlag. Im August legte Vorstandschef Elmar Degenhart die Strategie für die kommenden Jahre vor. Der Manager will Conti für die Zukunft trimmen. Der Fokus soll stärker auf Softwarediensten und Technologie liegen und weniger auf Teile rund um den Verbrennungsmotor.

Bis Ende 2023 könnten 15 000 Stellen weltweit von dem Umbau betroffen sein, davon 5000 in Deutschland. Aber auch die jährlichen Kosten sollen runter - um 500 Millionen Euro. In der Zulieferkrise reichen die Puffer derzeit nicht mehr aus, um eine auskömmliche Rendite zu erwirtschaften. Erste konkrete Vorhaben, Werke zu schließen und die Produktion in bestimmten Bereichen deutlich zurückzufahren, beschwören aber bereits Gegenwind der Gewerkschaften herauf. Degenhart hat schon länger darauf hingewiesen, dass er in letzter Konsequenz auch betriebsbedingte Kündigungen nicht ausschließt.

Die Antriebssparte wird zudem nicht per Börsengang zu Geld gemacht, auch nicht in Teilen, sondern an die eigenen Aktionäre im Wege eines reinen "Spin-Offs" ins Depot gelegt. Die Unsicherheit um den regulären Prozess eines Teilbörsengangs und den erzielbaren Preis trieb den Konzern lange um, nun herrschen immerhin Fakten. Die Hauptversammlung muss dem Vorhaben noch mit Dreiviertelmehrheit zustimmen. Also wird auch das Plazet der Industriellenfamilie Schaeffler gebraucht, die 46 Prozent der Conti-Aktien hält.

Als wäre all das nicht genug, wartete Finanzchef Wolfgang Schäfer vor rund zwei Wochen (22. Oktober) mit einer Milliardenabschreibung auf und der Aussicht, dass dieses Jahr unter dem Strich rote Zahlen stehen werden. 2,5 Milliarden Euro an Wertminderungen verbuchte Conti, weil das Unternehmen nicht damit rechnet, dass sich die Automobilproduktion weltweit in den kommenden fünf Jahren wesentlich erholt. Vor allem China werde nicht mehr so stark wachsen wie zuvor, sagte Finanzvorstand Wolfgang Schäfer.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Analystin Deeya D'Souza von Morgan Stanley bewertet sowohl die angekündigte Komplettabspaltung der Antriebssparte als auch die vorläufigen Quartalszahlen positiv. Die Experten der Citigroup sehen zudem erhebliches Potenzial durch die angepeilte Kostensenkung und den Umbau. Der Autozulieferer bewege sich langsam in die richtige Richtung, um dieses Potenzial zu heben.

Die Komplettabspaltung der Antriebssparte und damit der Verzicht auf einen nur teilweisen Börsengang sei positiv, meint Sascha Gommel von der Investmentbank Jefferies. Das Reifengeschäft habe zuletzt etwas positiv überrascht, während die Autozuliefersparte bereinigt um Gewährleistungsrückstellungen nur ein wenig enttäuscht habe.

Das Gesamtbild der im dpa-AFX-Analyser erfassten Analysten zeigt eine insgesamt abwartende Haltung. 3 von 24 Experten raten zum Kauf, 2 zum Verkauf der Papiere. Der große Rest ist unentschieden und empfiehlt das Halten der Anteile. Die Zahl der Kaufempfehlungen hat sich im vergangenen Jahr mit den schwachen Geschäftszahlen deutlich reduziert. Kein Wunder, liegt Conti doch derzeit mit rund 130 Euro nahe dem durchschnittlichen Kurszielniveau der Analysten von knapp 134 Euro.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Das Continental-Papier hat stürmische Zeiten hinter sich - und das nicht erst, seit die Branchenkrise den Konzern mit voller Wucht trifft. Nachdem das Papier während der Finanzkrise Anfang 2009 wegen hoher Schulden und infolge der gescheiterten Übernahme durch Schaeffler zeitweise um die 10 Euro gekostet hatte, ging es bis Anfang 2018 steil nach oben.

Doch seit dem Rekordhoch von 257,40 Euro Anfang 2018 ging es steil abwärts. 2018 war die Aktie mit einem Abschlag von 46 Prozent einer der schwächsten Titel im deutschen Leitindex Dax. 2019 sieht es für das Papier des Traditionskonzerns, dessen Anteile bereits seit 1871 an der Börse gehandelt werden, aber freundlicher aus - vor allem auch dank der jüngsten Wochen, in denen die Autobranche insgesamt und der Gesamtmarkt Aufwind hatten.

Mit Kursen von rund 130 Euro liegt das Papier gegenüber über dem Stand von Ende 2018 immerhin prozentual einstellig im Plus. Der Dax hat in diesem Jahr aber rund ein Viertel zugelegt. Gerade in den vergangenen Monaten entwickelte sich das Papier sehr schwach. Da ist es auch nur wenig Trost, dass mit BMW ein anderer Branchenwert in diesem Jahr noch schwächer dasteht.

Andere im Branchenindex Stoxx 600 Auto & Parts notierte Zulieferer und Reifenhersteller wie Faurecia, Michelin und Valeo konnten 2019 nach einem ebenfalls schwachen Jahr 2018 viel deutlicher zulegen. Auf Sicht der vergangenen zwölf Monate liegt Conti mit Valeo und Faurecia aber etwa gleichauf./men/stw/mis