Zürich (awp) - Die Aktien des Uhren- und Schmuckriesen Richemont geben am Freitag zum Börsenstart deutlich nach. Anleger warten vergebens auf ein Update zur Partnersuche für den Aufbau der geplanten Online-Verkaufsplattform. Und auch die neusten Wachstumsdaten aus China belasten.

Um 09.45 Uhr notieren die Richemont-Aktien 4,4 Prozent tiefer bei 96,46 Franken. Auch die Aktien des Konkurrenten Swatch, der am Vortag seine Zahlen für das erste Halbjahr präsentierte, geben 1,9 Prozent ab. Experten zeigen sich etwas ratlos, was den starken Rückgang ausgelöst haben könnte.

Ein möglicher Grund für die Unzufriedenheit der Anleger könnte sein, dass diese schon lange auf ein Update zur Partnersuche zum Aufbau der geplanten Online-Verkaufsplattform für Luxusgüter warten. Auch in der heutigen Mitteilung gab es keine News dazu. Experten sprechen bereits von einem möglichen Verkauf der Richemont-Online-Tochter Yoox Net-a-Porter (YNAP). Dies verleihe Richemont einen "besonderen Reiz", heisst es.

Ein weiterer Grund für die Abgaben könnten die neusten Wachstumsdaten aus China sein. Ein Rückgang des BIP im zweiten Quartal verglichen zum Jahresanfang hatte sich zwar abgezeichnet, nun kam es aber laut Ökonomen noch gravierender als angenommen. Gegenüber dem Vorjahresquartal sei nur noch ein mageres Wachstum von 0,4 Prozent erreicht worden, wie die VP Bank in ihrer Analyse schreibt.

Das Richemont aufgrund der jüngsten Konjunkturzahlen aus China an der Börse verliert, macht gemäss ZKB-Analyst Patrik Schwendimann wenig Sinn. Denn schliesslich hätten die Angaben zu den Retail Sales in China mit einem Plus von 3 Prozent positiv überrascht, sagte Schwendimann. Und auch die Nachfrage nach Schmuck sei in China wieder gestiegen nach mehreren stark rückläufigen Monaten.

Trotz Risiken wie den geopolitischen Spannungen in der Ukraine und der strengen Covid-Politik in China, die auf die Nachfrage drücken, rechnen Analysten bei Richemont aber eigentlich mit einem guten weiteren Geschäftsverlauf. Die Ausgangsbasis für das zweite Semester sei gut, so die Experten. Der Uhrenriese selbst gibt wie üblich keinen konkreten Ausblick für das Gesamtjahr ab.

Auch bei der Präsentation für die Ergebnisse des abgeschlossenen Geschäftsjahrs am 20. Mai gaben die Richemont-Aktien zuerst stark nach. Die Situation sei vom Markt aber damals falsch eingeschätzt worden. "Danach hat es einen starken Rebound gegeben", so Schwendimann. Ein weiterer Analyst meinte, es würde ihn nicht überraschen, wenn die Aktien fester schliessen würden, weil die aktuellen Verluste noch als übertrieben angesehen werden könnten.

Richemont sei nämlich so gut aufgestellt wie noch nie, heisst es im Kommentar von Schwendimann. Auch andere Analysten blicken mehrheitlich positiv auf die Quartalszahlen. Der Nachholeffekt betreffe "alle Länder" und habe sich noch nicht normalisiert, heisst es in einem Kommentar.

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