Genf (awp) - Beim Luxusgüterkonzern Richemont tritt Sophie Guieysse per sofort aus der Geschäftsleitung zurück und scheidet im Herbst aus dem Verwaltungsrat aus. Sie bleibt allerdings Personalchefin der Gruppe.

Guieysse trete per sofort aus dem Senior Executive Committee aus, teilte Richemont am Freitag in einem knappen Communiqué mit. Sie werde sich an der kommenden Generalversammlung auch nicht mehr für die Wiederwahl in den Verwaltungsrat zur Verfügung stellen.

Trotz ihrer "Degradierung" bleibt die Französin aber als Personalchefin für die Gruppe tätig, wie eine Sprecherin des Unternehmens auf Anfrage von AWP erklärte. Guieysse leitet die Personalabteilung von Richemont seit 2017, in den Verwaltungsrat wurde sie ein Jahr später gewählt.

Überprüfung im HR

Zu den Gründen des abrupten Austritts von Guieysse aus der Geschäftsleitung äusserte sich Richemont in der Mitteilung nicht. Der Wechsel kommt allerdings nicht überraschend, schliesslich hatte der Konzern vor einer Woche angekündigt, man habe eine "umfassende Überprüfung" des Bereichs Human Resources eingeleitet.

Dieser Überprüfung sind Medienberichte vorausgegangen, welche Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe zur Lohnpolitik thematisierten. Kritisiert wurden die der Geschäftsleitung teilweise gewährten umfangreichen Salärerhöhungen. Treibende Kraft dahinter soll Guieysse gewesen sein.

Auf der anderen Seite mussten laut dem Onlineportal "Business Montres & Joaillerie" andere leitende Manager Lohneinbussen von bis zu 20 Prozent und das Personal Bonuskürzungen von 25 bis 50 Prozent hinnehmen.

Höhere Management-Saläre

Gemäss dem Ende Mai veröffentlichten Geschäftsbericht hat Richemont-Chef Jérôme Lambert im letzten Geschäftsjahr 8,1 Millionen Franken verdient. Das war deutlich mehr als die 5,4 Millionen im Jahr zuvor. Richemont wies allerdings darauf hin, dass Lambert zuletzt Leistungen aus einem langfristigen Vergütungsprogramm erhalten habe. Die Vergütung aus dem Aktienoptions-Plan hat sich dadurch auf 4,0 Millionen verdoppelt.

Lambert sei mit der Sonderzahlung für die Arbeit seit 2016 entschädigt worden, hiess es im Bericht zur Begründung. Er war Chef der Richemont-Marken Jaeger-LeCoultre und Montblanc und übernahm die Gruppenleitung im Herbst 2018. Ähnliche Zahlungen erhielt Nicolas Bos, der seit Jahren Chef der Schmuckmarke Van Cleef & Arpels ist. Bos bezog im letzten Jahr ein Salär von 9,2 Millionen Franken nach zuvor 4,9 Millionen.

Auch Sophie Guieysse wurde für das Rechnungsjahr 2019/20 mit einer Vergütung in Höhe von 3,1 Millionen Franken fürstlich entlöhnt. Im Jahr davor fiel das Salär mit 1,9 Millionen deutlich geringer aus.

Alles in allem wurden den acht Personen, welche im vergangenen Jahr Teil der Geschäftsleitung (Senior Executive Committee) waren, 41,4 Millionen Franken an Vergütungen geleistet. Ein Jahr zuvor erhielten die damals neun Geschäftsleitungsmitglieder "nur" 30,5 Millionen.

mk/ra