Zürich (Reuters) - Der aktivistische Investor Bluebell Capital Partners greift die Verwaltungsrats-Zusammensetzung des Schweizer Luxusgüterkonzerns Richemont an.

Bei den Vorschlägen von Bluebell, über die die Aktionäre auf der Generalversammlung vom 7. September abstimmen sollen, geht es im Kern darum, den Einfluss der dominierenden Gründerfamilie Rupert zu schmälern. Es war zunächst unklar, wie hoch der Anteil von Bluebell an Richemont ist. Der Hersteller von Cartier-Schmuck und Uhren der Marken A. Lange & Söhne und IWC kündigte am Dienstag an, die Bluebell-Vorschläge zu prüfen und seine Empfehlungen zu gegebener Zeit zu veröffentlichen.

Richemont hat zwei Aktienkategorien: Börsennotierte A-Aktien und nicht börsennotierte B-Aktien, die vom südafrikanischen Milliardär Johann Rupert und seiner Familie gehalten werden. Rupert kontrolliert so 9,1 Prozent des Kapitals, die aber 50 Prozent der Stimmrechte ausmachen. Bluebell fordert, dass das Unternehmen gemäß den derzeitigen Statuten einen Vertreter der Inhaber der A-Aktien benennt. Dieser Vertreter solle dann in den Verwaltungsrat gewählt werden. Ferner will Bluebell die Statuten so ändern, dass die A- und B-Aktionäre jeweils die gleiche Anzahl von Vertretern in dem Gremium haben. Zudem solle das Gremium aus mindestes sechs Mitgliedern bestehen. Zur Zeit sehen die Statuten mindestens drei Mitglieder vor.

Tatsächlich sitzen im Verwaltungsrat gegenwärtig allerdings 18 Personen. Dabei stellen die A-Aktionäre laut einer mit der Situation vertrauten Person zufolge keinen Vertreter. Richemont steht in Bezug auf gute Unternehmensführung bereits seit geraumer Zeit in der Kritik. Das betrifft etwa den im Vergleich zu anderen Schweizer Unternehmen großen Verwaltungsrat sowie die zahlreichen Mitglieder, die nicht unabhängig von der Firma sind.

"Die Anträge sind aus Sicht der Governance völlig legitim", erklärte Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy. Auch Kepler Cheuvreux-Analyst Jon Cox hält die Stimmrechts-Verteilung bei Richemont für veraltet. Der Stimmenanteil von Rupert sorge allerdings dafür, dass letztlich er und nicht Bluebell über die Zusammensetzung des Verwaltungsrats entscheidet.

Die in London ansässige Bluebell ist in der Schweiz keine Unbekannte. Die Gesellschaft machte bereits 2019 und 2020 mit einer Kampagne gegen das Fondshaus GAM Schlagzeilen. Die Firma war aber etwa auch bei Lufthansa, Hugo Boss, Danone und zuletzt Glencore aktiv. Mit verwalteten Vermögen von rund 250 Millionen Dollar hat Bluebell allerdings weniger Gewicht als einige der großen US-Aktivisten. Mit Third Point des US-Star-Investors Daniel Loeb sowie Artisan Partners sind früheren Angaben zufolge bereits zwei solche Häuser bei Richemont engagiert.

(Bericht von Oliver Hirt, Silke Koltrowitz und Michael Shields, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)