Von Carol Ryan

ZÜRICH (Dow Jones)--Der Wertverfall ehemals angesagter Tech-Aktien wird es dem Luxusgüterkonzern Richemont nicht einfach machen, seine Problem-Marke Yoox Net-a-Porter (YNAP) loszuwerden. Am Freitag fielen die Aktien des Herstellers von Cartier-Uhren und Schmuck - offiziell bekannt als Compagnie Financiere Richemont - um 13,1 Prozent.

Der operative Gewinn des Unternehmens für das Geschäftsjahr 2021/22 per Ende März lag etwa ein Zehntel unter den von Analysten erwarteten 3,8 Milliarden Euro. Teilweise ist dies auf Kosten zurückzuführen, die im Zusammenhang mit dem Aussetzen des Geschäfts in Russland stehen. Zudem hatten die Anleger gehofft, Näheres zum Fortgang der Gespräche zwischen Farfetch und YNAP über eine Art von Zusammenschluss zu erfahren, doch die Verhandlungen stocken.

Die Richemont-Aktie gehörte im 2021 zu den Top-Performern im Luxussektor. Im Jahresverlauf legte sie 70 Prozent zu. Weil der globale Markt für hochwertigen Schmuck boomt, hatten die Aktionäre erwartetet, dass die für einen großen Luxusgüterhersteller niedrigen operativen Margen sich verbessern würden. Das taten sie auch, aber offenbar nicht genug. Die operative Marge von Richemont lag bei 17,7 Prozent und damit 6,5 Prozentpunkte höher als im vorangegangenen Geschäftsjahr. Dennoch war dies immer noch deutlich weniger, als bei dem Handtaschenhersteller Hermes (39 Prozent) und dem Louis Vuitton-Eigentümer LVMH (27 Prozent).


   Aufholen bei operativer Marge dauert länger 

Diese Lücke zu schließen, wird länger dauern als erhofft. Obwohl sich die Umsätze der Schmuckmarken von Richemont sehen lassen können, blieb die operative Marge der Sparte mit etwa 34 Prozent hinter den Erwartungen zurück. Gestiegen sind die Kosten für Rohstoffe wie Gold und Diamanten. Auch die Werbebudgets wurden erhöht. Im Gegensatz zu anderen Luxusmarken verzichtete das Unternehmen jedoch auf aggressive Preiserhöhungen. Zwar wurde auch bei Richemont manches teurer, um die gestiegenen Arbeitskosten und Wechselkursschwankungen auszugleichen, aber das reichte nicht, um die Anleger zu begeistern.

Derweil steckt der Online-Modehändler YNAP weiterhin in Schwierigkeiten. Dessen Verkauf würde dem Aktienkurs von Richemont helfen. Richemonts Bereich "Online-Distributoren", zu dem auch der Online-Uhrenhändler Watchfinder.com gehört, hat trotz hoher Investitionen 210 Millionen Euro verloren. YNAP wird weiterhin Geld verbrennen, weil der Händler sein derzeitiges Geschäftsmodell, bei dem er das gesamte auf der Website verkaufte Inventar besitzt, auf einen Marktplatz umstellt, der Marken eine größere Kontrolle über den Verkauf gibt. Dafür erhält er dann Konzessionsgebühren.


   Lösung für YNAP derzeit nicht in Sicht 

Richemont informierte Ende vergangenen Jahres über Gespräche mit dem in New York notierten Unternehmen Farfetch. Zu den diskutierten Optionen gehört, dass Farfetch neben anderen Investoren Minderheitseigentümer von YNAP wird oder eine andere Art von Technologiepartnerschaft eingeht. Die beiden haben schon früher zusammengearbeitet. Richemont beteiligte sich im November 2020 an Farfetch als Teil eines Drei-Wege-Joint-Ventures in China mit dem Tech-Riesen Alibaba.

Die Aktien von Farfetch sind jedoch abgestürzt, weil verlustbringende Tech-Unternehmen nicht mehr in der Gunst der Anleger stehen. Seit der Bekanntgabe der Gespräche zwischen den Unternehmen Ende letzten Jahres ist der Marktwert von Farfetch von etwa 16 Milliarden US-Dollar auf heute 3,3 Milliarden US-Dollar eingebrochen. Entsprechend schlecht sind die Zeiten, um Kapital zur Finanzierung einer Fusion oder auch nur einer Minderheitsbeteiligung bereitzustellen.

Die lukrativen Uhren- und Schmuckgeschäfte von Richemont mögen zwar die Juwelen sein, an denen Anleger interessiert sind. Aber um wirklich zu glänzen, brauchen sie eine saubere Abgrenzung von YNAP, und das scheint in nächster Zeit unwahrscheinlich.

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(END) Dow Jones Newswires

May 23, 2022 03:44 ET (07:44 GMT)