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PEKING (dpa-AFX) - Ein unerwartet starker Exportsprung gibt Chinas Wirtschaft nach der Corona-Krise zusätzlichen Schwung. Die Ausfuhren legten im November um 21,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu und übertrafen alle Vorhersagen. Wie der Zoll am Montag in Peking berichtete, blieben die Importe hingegen hinter den Erwartungen zurück und kletterten nur um 4,5 Prozent - etwas weniger als noch im Vormonat mit 4,7 Prozent. Der Handelsüberschuss verdoppelte sich auf 75 Milliarden US-Dollar (61,87 Mrd Euro).

Mit einem Zuwachs um 13,6 Prozent trägt der Außenhandel stärker als erwartet zur Erholung der zweitgrößten Volkswirtschaft bei. Da das bevölkerungsreichste Land das Coronavirus durch strikte Maßnahmen weitestgehend im Griff hat und nur noch vereinzelt Infektionen zählt, haben sich die wirtschaftlichen Aktivitäten auch wieder normalisieren können. "Der Exportboom ist eine der größten wirtschaftlichen Überraschungen in diesem Jahr, was die Aussichten für China angeht", sagte Zhou Hao von der Commerzbank der Finanzagentur Bloomberg.

Während der Rest der Welt in der Rezession steckt, wird China als einzige große Volkswirtschaft in diesem Jahr auch wieder ein Wachstum verzeichnen. Es wird mit einem Plus von 2,0 bis 2,2 Prozent gerechnet. Wichtige Frühindikatoren deuten darauf hin, dass das Wachstum im vierten Quartal 5,5 Prozent überschreiten könnte. Einige chinesische Experten sprechen sogar schon von mehr als sechs Prozent Wachstum. Im dritten Quartal waren es 4,9 Prozent.

Die Stimmung im herstellenden Gewerbe ist so gut wie seit zehn Jahren nicht mehr. Der Einkaufsmanagerindex des renommierten Wirtschaftsmagazins "Caixin" stieg im November von 53,6 im Vormonat auf 54,9 Punkte - den höchsten Stand seit November 2010 mit der Erholung nach der globalen Finanzkrise. Das Konjunkturbarometer kletterte damit den siebten Monat in Folge. Die Beschäftigung legte im November ebenfalls so stark zu wie seit Mai 2011 nicht mehr.

Von der Erholung profitiert auch die deutsche Wirtschaft. China importierte um 13,1 Prozent mehr Waren aus Deutschland als vor einem Jahr. Umgekehrt stiegen die chinesischen Exporte nach Deutschland um 35,5 Prozent. Auch die Ausfuhren in die USA kletterten stark um 46,1 Prozent, während Chinas Importe von US-Waren um 32,7 Prozent zulegten. In dem Abkommen über die erste Phase zur Lösung des Handelskrieges hatte China im Januar versprochen, über zwei Jahre für 200 Milliarden US-Dollar mehr Waren in den USA zu kaufen.

Zwar sorgen die neuen Wellen der Pandemie in anderen Ländern für Unsicherheiten, doch verzeichnet China den vierten Monat in Folge einen Zuwachs der chinesischen Exportaufträge. Experten weisen darauf hin, dass Chinas Exporteure auch von coronabedingten Produktionsunterbrechungen in Fabriken anderer Länder profitieren. Mit zunehmender heimischer Nachfrage erholt sich die Produktion in China damit weiter von dem starken Einbruch des Wachstums nach dem Ausbruch des Virus im ersten Quartal mit einem Minus von 6,8 Prozent.

Trotz des Ausfuhrbooms sorgen sich Exporteure allerdings über das Erstarken der chinesischen Währung Yuan in den vergangenen sechs Monaten. Es wird befürchtet, dass Profite und Exportaufträge unter Druck geraten könnten. Fast jeder fünfte Exporteur (18,8 Prozent) fürchte negative Auswirkungen, wie die australische ANZ Bank hervorhob. Der Yuan wird gegenwärtig auf dem höchsten Stand seit zweieinhalb Jahren gehandelt.

Chinesischen Exporteuren drohten auch neue Sanktionen der USA, die ungeachtet des laufenden Präsidentenwechsels staatliche Unternehmen aufs Korn nähmen, warnten die ANZ-Experten. Trotzdem scheinen die Aussichten für die chinesische Wirtschaft insgesamt sehr gut zu sein. Der Internationale Währungsfonds sagt ein Wachstum der chinesischen Wirtschaft von 8,2 Prozent für das kommende Jahr voraus.

"Der Schwung des Wachstums bei Nachfrage und Innovation setzt sich fort - auch die Entwicklung des Exportsektors ist nicht schlecht", sagte der Ökonom Cao Heping von der Peking Universität der "Global Times". Chinas Wachstum könnte vielleicht sogar um 8,4 Prozent zulegen. Hingegen warnte der Forscher Mei Xinyu von Chinas Akademie für Handel und internationale Wirtschaftskooperation vor neuen Handelsspannungen auch unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden und anderen Unsicherheiten auf den Weltmärkten.

"Wegen der Pandemie in diesem Jahr könnte eine neue Runde von wirtschaftlichen und finanziellen Krisen in einigen Schwellenmärkten auftreten", sagte Mei Xinyu der Zeitung. Die negativen Auswirkungen der weitgehend gelockerten Geldpolitik könnten im kommenden Jahr deutlich zu Tage treten./lw/DP/eas