Frankfurt (Reuters) - Geldhäuser im Euro-Raum sollten aus Sicht der EZB-Bankenaufsicht zur Verbesserung ihrer Gewinnstärke nicht allein auf steigende Zinsen setzen.

"Sie müssen ihre strukturellen Themen angehen", sagte EZB-Chefbankenaufseher Andrea Enria am Donnerstag in einer Rede zu einer vom Europäischen Bankenverband (EBF) organisierten Konferenz in Frankfurt. Die Institute müssten sich auf ein viel breiteres Spektrum an Maßnahmen fokussieren, um ihre Profitabilität und ihre Geschäftsmodelle auf einen nachhaltigen Pfad zu bringen. Banken irrten sich, sollten sie annehmen, dass die Normalisierung der Geldpolitik ausreiche, um ihre Eigenkapitalrenditen voranzubringen, sagte Enria.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat angesichts der massiv gestiegen Inflation im Euro-Raum eine Kurswende in der Geldpolitik angekündigt. Die Währungshüter stellten in Aussicht, in diesem Monat die Schlüsselzinsen erstmals seit 2011 anzuheben. Im September soll dann ein zweiter und womöglich noch kräftigerer Zinsschritt nach oben folgen. Die EZB-Bankenaufsicht geht davon aus, dass den Instituten ein allmählicher Anstieg der Zinsen insgesamt zugute kommen wird. Erwartet wird unter anderem, dass sich die graduelle geldpolitische Straffung positiv auf die Zinsmargen auswirkt. Denn Banken dürften dann im Kreditvergabe-Geschäft wieder mehr verdienen.

EZB-Bankenaufseherin Elizabeth McCaul wies auf die Risiken hin. Diese dürften nicht übersehen werden, sagten sie auf der Konferenz. Aus ihrer Sicht könnte es im Wechselspiel zwischen Geldpolitik, Markterwartungen und Inflationsentwicklung zu einem ungeordneten Anstieg der Zinsen am Finanzmarkt kommen. "Dies kann tatsächlich erhebliche negative Auswirkungen auf die Finanzierungskosten der Banken und auf die Qualität ihrer Vermögenswerte haben", sagte sie. Sowohl Banken als auch Aufsicht müssten daher wachsam bleiben. Eine Rezession könne zudem nicht ausgeschlossen werden. Käme es dazu, würden die Erträge der Banken durch Druck auf ihre Finanzierungskosten und eine Verschlechterung der Qualität ihrer Vermögenswerte schwer beeinträchtigen, warnte sie.

Enria wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Bankenaufsicht Geldhäuser dazu auffordern will, in ihren Plänen für die voraussichtliche Kapitalentwicklung auch die Gefahr einer Rezession zu berücksichtigen. Die überarbeiteten Pläne sollen von den Instituten dann herangezogen werden, wenn sie Ausschüttungsvorhaben ankündigen, führte Enria aus. Eine Besprechung mit den Aufsehern sollte dem vorangehen. Enria hatte diese vor einer Woche im EU-Parlament angekündigt.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)