Frankfurt (Reuters) - Nach dem Wirecard-Skandal kehrt die Commerzbank dem Wirtschaftsprüfer EY den Rücken und lässt ihre Bücher künftig von KPMG prüfen.

Der Aufsichtsrat schlug vor, letztmals EY für das Geschäftsjahr 2021 als Abschlussprüfer auszuwählen, wie es am Freitag in der Einladung zur Commerzbank-Hauptversammlung hieß. Ab 2022 soll dann der Wirtschaftsprüfer KPMG die Bücher durchleuchten, der sich in einem Auswahlverfahren durchgesetzt habe. Auf der Hauptversammlung am 18. Mai, die wegen der Corona-Pandemie bereits zum zweiten Mal virtuell stattfinden wird, sollen die Aktionäre zudem fünf neue Aufsichtsräte wählen.

Die Commerzbank hatte wegen der Wirecard-Pleite 175 Millionen Euro auf einen Kredit an den Zahlungsdienstleister abschreiben müssen. Sie hatte bereits im vergangenen Jahr entschieden, EY den Laufpass zu geben. Nun soll KPMG den Konkurrenten ablösen. EY hatte erst 2018 PwC als Bilanzprüfer der Commerzbank ersetzt.

EY hatte ein Jahrzehnt lang die Bilanzen von Wirecard testiert, aber erst im Juni 2020 ein 1,9 Milliarden Euro großes Loch in den Büchern des mittlerweile insolventen Zahlungsabwicklers entdeckt - nachdem es eine Sonderprüfung des Konkurrenten KPMG gegeben hatte. Auch andere Konzerne verzichten seit dem Wirecard-Skandal auf die Dienste von EY.

STÜHLERÜCKEN IM AUFSICHTSRAT

Neu in den Commerzbank-Aufsichtsrat einziehen sollen der frühere DZ-Bank-Chefkontrolleur Helmut Gottschalk, die Rechtsanwältin Daniela Mattheus, die Unternehmensberaterin Caroline Seifert und der Bankmanager Frank Westhoff und der Finanzchef des Versicherungskonzerns Lloyd's of London, Burkhard Keese. Bis auf Keese hatte die Commerzbank die anderen Kandidaten bereits vor Ostern genannt. Gottschalk soll neuer Aufsichtsratschef werden.

Die Neubesetzung ist nötig, nachdem fünf Vertreter der Kapitalseite ihren Hut nahmen. Der bisherige Chefkontrolleur Hans-Jörg Vetter musste Mitte März krankheitsbedingt aufhören, Ex-HSBC-Deutschlandchef Andreas Schmitz war Ende März zurückgetreten. Mehrere Personen hatten zu Reuters gesagt, Schmitz habe sich mit dem Bund überworfen, weil gegen ihn im Zusammenhang mit dem "Cum-Ex"-Steuerskandal ermittelt werde. Aus Unzufriedenheit mit der Rolle des Großaktionärs Bund, der seit der Finanzkrise gut 15 Prozent an der Commerzbank hält, hatten Insidern zufolge kurz daraufhin auch Victoria Ossadnik, Rainer Hillebrand und Tobias Guldimann ihren Abgang angekündigt.