(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz u.a. zum erwarteten Jahresergebnis, aktualisierte Aktienreaktion, Analystenstimme)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Kosten für Stellenabbau und Filialschließungen haben die Commerzbank im zweiten Quartal tief in die roten Zahlen gerissen und lassen einen Jahresgewinn unwahrscheinlicher werden. "Das schwabbelt ziemlich um die Nulllinie herum, das kann positiv sein, das kann aber auch negativ sein", sagte Finanzvorständin Bettina Orlopp am Mittwoch in einer Telefonkonferenz auf die Frage, ob der Vorstand einen Überschuss im Gesamtjahr 2021 für möglich hält. An der Börse kamen die Nachrichten schlecht an.

Der Kurs der Commerzbank-Aktie sackte am Vormittag um 5,6 Prozent auf 5,136 Euro nach unten. Auch um die Mittagszeit lag das Papier noch mit mehr als 5 Prozent im Minus und war mit Abstand schwächster Wert im MDax, dem Index der mittelgroßen Werte. Auch die seit dem Jahreswechsel bisher erreichten Kursgewinne wurden mehr als ausradiert. Anfang Juni hatte der Commerzbank-Kurs mit 6,872 Euro noch den höchsten Stand des Jahres erreicht. Seitdem war es bereits deutlich abwärts gegangen.

Analysten hatten für das zweite Quartal im Schnitt mit etwas besseren Ergebnissen gerechnet, nachdem die Commerzbank größere Belastungen im Verlauf bereits grob beziffert hatte. Branchenexperte Timo Dums von der DZ Bank sieht hohe Risiken bei der Umsetzung der Umbaupläne. Hinzu kämen Altlasten sowie die Belastungen durch das AGB-Urteil des Bundesgerichtshofs.

Vorstandschef Manfred Knof machte bei der Vorlage der Zwischenbilanz klar: Es gibt keine Alternative zu dem auf drei Jahre angelegten Konzernumbau. Der Manager betonte zugleich: "Es ist zu früh, hier zufrieden zu sein. Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon."

Ende Juni standen 394 Millionen Euro Verlust in der Halbjahresbilanz des Frankfurter MDax-Konzerns. Zum Jahresauftakt hatte die Commerzbank noch mit der Rückkehr in die Gewinnzone überrascht. Doch hohe Kosten für den Konzernumbau sowie weitere Rückschläge im zweiten Vierteljahr pulverisierten die Anfangserfolge. Für den Zeitraum April bis Juni wies die Commerzbank 527 Millionen Euro Verlust aus - nach einem Gewinn von 183 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.

Knof, der die Bank seit 1. Januar führt, äußerte sich gleichwohl zufrieden: "Wir haben im ersten Halbjahr ein solides operatives Ergebnis erzielt." Im Tagesgeschäft verdiente die Bank im ersten Halbjahr 570 Millionen Euro, davon gerade einmal 32 Millionen Euro im zweiten Quartal.

Teuer zu stehen kommt die Commerzbank der seit Jahresbeginn forcierte Konzernumbau. 976 Millionen Euro Aufwendungen buchte das Institut dafür im ersten Halbjahr, davon 511 Millionen im zweiten Quartal. Die verbleibenden rund 170 Millionen Euro der gesamten Umbaukosten von ungefähr 2,06 Milliarden Euro will die Bank überwiegend voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2021 veranschlagen.

Im zweiten Quartal kamen ungeplante Belastungen hinzu: 200 Millionen Euro schrieb die Bank dafür ab, dass sie die unter Knofs Vorgänger Martin Zielke angeschobene Auslagerung der Wertpapierabwicklung abblies. Zudem schmälerten Rückstellungen in Höhe von 66 Millionen Euro infolge des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Thema Bankgebühren das Quartalsergebnis.

Die Karlsruher Richter hatte Ende April entschieden, dass Banken bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen. Viele Bankkunden können nun einen Teil zu viel gezahlter Gebühren zurückfordern. "Alles, was wir an Gebühren seit dem Urteil vereinnahmt haben, wird automatisch in den nächsten Wochen zurückgebucht", sagte Orlopp. Kunden mit älteren Ansprüchen könnten sich an die Bank wenden.

Ein Sparkurs soll die Commerzbank, deren größter Anteilseigner der deutsche Staat ist, zurück auf Erfolgskurs bringen. Bis Ende 2024 will der Vorstand die Zahl der Vollzeitstellen konzernweit von etwa 39 500 auf 32 000 verringern. Ende Juni zählte das Institut im In- und Ausland insgesamt 38 671 Vollzeitkräfte.

Noch in diesem Jahr werden 240 Filialen in Deutschland dichtgemacht. Nach Abschluss des Konzernumbaus sollen von 790 Geschäftsstellen noch 450 übrig sein. Ziel des Managements ist, die gesamten Kosten der Bank bis Ende 2024 auf 5,3 Milliarden Euro zu drücken. Das wären rund 20 Prozent weniger als im Jahr 2020. Für das laufende Jahr bekräftigte der Vorstand das Ziel von rund 6,5 Milliarden Euro.

An der Prognose, im Gesamtjahr die Erträge - also die gesamten Einnahmen - zu steigern, hält das Management fest. Im ersten Halbjahr lagen die Erträge mit rund 4,4 Milliarden Euro um 5,5 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Im Gesamtjahr 2020 hatte das Institut rund 8,2 Milliarden Euro Erträge erzielt. Die harte Kernkapitalquote erwartet der Vorstand im Gesamtjahr bei etwa 13 Prozent. Ende Juni lag die Quote bei 13,4 Prozent. Kernkapital gilt als Puffer für Krisen./ben/stw/DP/