Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY verliert wegen des Wirecard-Bilanzskandals nun auch den Prüfauftrag der Commerzbank.

"Der Aufsichtsrat der Commerzbank hat in seiner heutigen Sitzung beschlossen, der Hauptversammlung 2021 einen Wechsel des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2022 vorzuschlagen", erklärte das Institut am Mittwoch. Die Bank habe diese Entscheidung vorsorglich getroffen, "um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden", sagte eine Sprecherin. Von EY war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Am Dienstag hatte bereits die Deutsche-Bank-Tochter DWS verkündet, künftig auf einen anderen Prüfer als EY zu setzen. Die Deutsche Bank will dagegen nicht an ihrer Entscheidung rütteln, die Bilanz von EY prüfen zu lassen.

EY hatte die Bilanzen von Wirecard ein Jahrzehnt lang testiert, aber erst im Juni ein 1,9 Milliarden Euro großes Loch in den Büchern des mittlerweile insolventen Zahlungsabwicklers entdeckt - nachdem es eine Sonderprüfung des Konkurrenten KPMG gegeben hatte. Die Reputation von EY hat schweren Schaden genommen, auf das Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen rollt eine Klagewelle zu.

Die Commerzbank musste wegen der Wirecard-Pleite 175 Millionen Euro auf einen Kredit an den Zahlungsdienstleister abschreiben. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) verbuchte aus einem Wirecard-Kredit einen Verlust von rund 160 Millionen Euro, die niederländische Großbank ING schrieb rund 200 Millionen ab.

Für Banken und Fondsgesellschaften, die zu den Gläubigern und Investoren bei Wirecard gehören, ist ein weiteres Engagement von EY besonders heikel. Sie müssen aufgrund treuhänderischer Pflichten Klagen gegen EY prüfen. Einem Insider zufolge tut dies auch die Commerzbank. Ein DWS-Sprecher hatte erklärt, die Fondsgesellschaft prüfe rechtliche Schritte gegen Wirecard und andere involvierte Parteien. Die DWS zählte eine zeitlang zu den größten Wirecard-Aktionären und hatte viel Geld ihrer Anleger in den Zahlungsabwickler investiert. Bei der LBBW prüft Deloitte die Bücher, bei ING ist es KPMG.

EY hatte erst 2018 PwC bei der Commerzbank abgelöst. In der Regel kann ein Bilanzprüfer damit rechnen, dass er für die nächsten zehn Jahre zum Zug kommt. Erst nach 20 Jahren muss gewechselt werden. Als eine Konsequenz aus dem Wirecard-Skandal wird aktuell eine häufigere Rotation der Prüfer diskutiert. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte Ende Juli vorgeschlagen, dass der Weschel der Abschlussprüfer spätestens nach zehn Jahren verpflichtend sein soll. Kritikern geht dieser Vorschlag nicht weit genug.