(neu: Aussagen aus Pressekonferenz zu Verschmelzung mit Commerzbank, Versicherungsangeboten, Zukunftsplänen, Aktienreaktion)

QUICKBORN/FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Online-Bank Comdirect will sich von der geplanten Verschmelzung mit ihrer Mutter Commerzbank nicht verrückt machen lassen. "Am Ende hat die Commerzbank ja gerade wegen der Stärke der Comdirect entschieden, sie ganz zu übernehmen", sagte Comdirect-Chef Arno Walter bei der Vorlage der Quartalszahlen am Dienstag in Frankfurt. Das sehe er erst mal "als Kompliment". Einen drohenden Stellenabbau in der Comdirect-Zentrale in Quickborn bei Hamburg verwies er ins Reich der Spekulation.

Walter feilt lieber weiter an eigenen Plänen. So soll die Comdirect voraussichtlich noch im November als Versicherungsmakler an den Start gehen. "Wir sind die Bank im Handy und werden künftig auch zum Versicherungsmakler im Handy." Zudem soll die Bank dank verbesserter Computersysteme im kommenden Jahr "skalierungsfähig" werden. Das heißt: Sie soll immer mehr Kunden betreuen können, ohne dass ihre Betriebskosten dabei nennenswert steigen.

Dazu setzt die Bank noch stärker auf die Nutzung ihrer Apps auf Smartphones. Schon jetzt nutzten Comdirect-Kunden für den Zugriff auf ihre Konten und Depots öfter das Handy als den PC, sagte Walter. Das Telefonbanking will er zudem mit weiteren Sprachcomputer-Diensten ausstatten - und so die Personalkosten trotz steigender Kundenzahlen im Rahmen halten.

Den Übernahmeplänen von Commerzbank-Chef Martin Zielke kann Walter daher auch etwas Positives abgewinnen. "Herr Zielke hat klargestellt, dass er von der Digitalkompetenz der Comdirect auch bei der Commerzbank profitieren will." Für die Comdirect könne die Verschmelzung mit dem Mutterkonzern die Tür zu Geschäfts- und Unternehmerkunden bringen. Bisher richtet sich die Online-Bank mit ihren Angeboten ausschließlich an Privatkunden.

Die Onlinebank beschäftigte Ende September knapp 1300 Mitarbeiter mit knapp 1200 Vollzeitstellen. Das "Manager-Magazin" hatte vor wenigen Tagen berichtet, dass dort im Zuge der Integration in die Commerzbank bis zu 700 Jobs wegfallen könnten. Walter sagte, er kenne die Zahl auch nur aus dem Bericht.

Unterdessen legte das Geschäft der Comdirect im Sommer weiter zu. Erträge und Gewinn wuchsen daher deutlich. Ein bereits erwarteter Sondergewinn aus dem Verkauf der auf das Maklergeschäft spezialisierten Depotbank Ebase ließ den Überschuss im Jahresvergleich sogar auf das Zehnfache anschwellen.

Unter dem Strich verdiente die Comdirect in den Monaten Juli bis Ende September dadurch rund 122 Millionen Euro, nach 12 Millionen ein Jahr zuvor. Im fortgeführten Geschäft konnte die Bank ihren Vorsteuergewinn um das Anderthalbfache auf knapp 30 Millionen Euro steigern. Zins- und Provisionsüberschuss legten ebenfalls zu. Die Zahl der Kunden lag Ende September bei 2,7 Millionen, in den ersten neun Monaten kamen netto rund 174 000 hinzu.

Parallel dazu wuchs das verwaltete Kundenvermögen seit dem Jahreswechsel um 21 Prozent auf den bisherigen Höchstwert von 13 Milliarden Euro. Der Nettomittelzufluss summierte sich in den ersten neun Monaten auf 7,8 Milliarden Euro und war damit ebenfalls so stark wie nie zuvor. Sein Gewinnziel für 2019 hatte Walter bereits Anfang Oktober auf mehr als 185 Millionen Euro vor Steuern erhöht. Nach den ersten neun Monaten stehen hier fast 176 Millionen Euro zu Buche.

Die Commerzbank will die Comdirect im Zuge ihrer neuen Strategie komplett übernehmen und mit dem Konzern verschmelzen. Commerzbank-Chef Zielke will dann auch die Zwei-Marken-Strategie beenden und "im Vertrieb sowie im Marketing auf eine Marke setzen". Die Comdirect steht als Marke und als eigenständiges Unternehmen damit vor dem Aus.

Bisher hält die Commerzbank rund 82 Prozent der Comdirect-Aktien. Den übrigen Anteilseignern hat sie bereits ein Übernahmeangebot von 11,44 Euro je Aktie angekündigt. Die Offerte liegt 25 Prozent über dem letzten Schlusskurs vor Bekanntwerden der Übernahmepläne. Inzwischen ist der Kurs weit darüber hinausgeschossen und hat die Marke von 13 Euro überschritten. Am Dienstag lag er zuletzt mit 0,92 Prozent im Plus bei 13,18 Euro.

Walter wollte die Höhe des Commerzbank-Gebots am Dienstag nicht kommentieren und verwies darauf, dass die offizielle Offerte noch aussteht. Er rechnet damit, dass der Mutterkonzern diese Mitte November vorlegt.

Die Commerzbank selbst hatte ihre Aktionäre am Montag mit unerwartet guten Zahlen zum dritten Quartal überrascht. So stieg der Quartalsüberschuss im Vergleich um 35 Prozent auf 294 Millionen Euro. Das lag zwar vor allem an dem Verkauf der Ebase, doch auch das Tagesgeschäft lief besser als von Analysten erwartet. So konnte die Commerzbank ihren Zinsüberschuss steigern, ihre Kosten senken und musste zudem weniger Geld für faule Kredite zurücklegen.

Dabei hatte Commerzbank-Chef Martin Zielke bei der Vorstellung seiner neuen Strategie Ende September die Erwartungen eher gedämpft. Er will das Geldhaus mit einem radikalen Konzernumbau angesichts der niedrigen Zinsen und des scharfen Wettbewerbs in der Branche wetterfest machen. Dazu will er 4300 Vollzeitstellen streichen und zugleich 2000 Jobs in Bereichen wie Vertrieb, IT und Regulatorik aufbauen. Zudem sollen 200 der rund 1000 Geschäftsstellen des Instituts wegfallen./stw/mne/fba