DGAP-WpÜG: Bauerfeind Beteiligungsgesellschaft mbH / Befreiung
Befreiung / Zielgesellschaft: co.don Aktiengesellschaft; Bieter: Bauerfeind Beteiligungsgesellschaft mbH

19.06.2020 / 15:50 CET/CEST
Veröffentlichung einer WpÜG-Mitteilung, übermittelt durch DGAP - ein Service der EQS Group AG.
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Befreiungsanträge gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung betreffend die mögliche Kontrollerlangung an der co.don Aktiengesellschaft, Teltow

 

Sehr geehrter Herr [.],

auf die von Ihnen in den Verfahren

der Bauerfeind Beteiligungsgesellschaft mbH, mit Sitz in Zeulenroda-Triebes,

-Antragstellerin zu 1-

der Bauerfeind AG mit Sitz in Zeulenroda-Triebes,

-Antragstellerin zu 2-

der Prof. Hans Bauerfeind Familienstiftung mit Sitz in Zeulenroda

-Antragstellerin zu 3-

und des Herrn Prof. Hans B. Bauerfeind

- Antragsteller zu 4-

-Die Antragstellerinnen zu 1 bis 3 zusammen mit dem Antragsteller zu 4 die Antragsteller-

gestellten Anträgen auf Befreiung der Antragsteller gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung (folgend "WpÜG-AV") von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG ergeht folgender

B e s c h e i d :

 

1. Die Antragsteller werden gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV für den Fall, dass sie die Kontrolle über die co.don Aktiengesellschaft, Teltow, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam unter HRB 12948 (folgend "Zielgesellschaft") dadurch erlangen, dass die Antragstellerin zu 1

a) aufgrund einer Zeichnungsgarantie für die vom Vorstand der Zielgesellschaft am 07.05.2020 beschlossene Bezugsrechtskapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital um bis zu EUR 5.794.280,00 (folgend "Kapitalerhöhung I") alle neuen Aktien zeichnet, soweit die übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft ihre Bezugs- und Überbezugsrechte bis zum 25.05.2020 nicht ausgeübt haben oder

b) im Zuge einer Wandlung von Wandelschuldverschreibungen welche die Zielgesellschaft am 07.06.2018 mit einem Nennbetrag von je EUR 100.000,00 und einem Gesamtnennbetrag von EUR 15.3000.000,00 ausgegeben hat (folgend "Wandelschuldverschreibung"), Aktien der Zielgesellschaft erwirbt oder

c) im Zuge der Ausübung von Optionen welche die Zielgesellschaft zusammen mit Optionsschuldverschreibungen im Nennbetrag von je 100.000 und einem Gesamtnennbetrag von EUR 2.000.000,00 am 07.06.2018 begeben hat (folgend "Optionsschuldverschreibungen"), Aktien der Zielgesellschaft erwirbt oder

d) aufgrund einer Zeichnungsgarantie für eine Kapitalerhöhung der Zielgesellschaft aus genehmigtem Kapital mit Bezugsrechten im dritten Quartal 2020 (folgend "Kapitalerhöhung II") alle neuen Aktien zeichnet, soweit die übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft ihre Bezugs- und Überbezugsrechte innerhalb der Bezugsfrist nicht ausgeübt haben oder

e) aufgrund einer Zeichnungsgarantie für eine Kapitalerhöhung der Zielgesellschaft aus genehmigten Kapital mit Bezugsrechten im zweiten Quartal 2021 (folgend "Kapitalerhöhung III") alle neuen Aktien zeichnet, soweit die übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft ihre Bezugs- und Überbezugsrechte innerhalb der Bezugsfrist nicht ausgeübt haben

von den Pflichten, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend "BaFin") eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.

2. Die BaFin kann die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 wie folgt widerrufen (Widerrufsvorbehalt):

a) Im Falle eines Kontrollerwerbs bis zum 30.06.2020:

aa) Der Zielgesellschaft sind bis zum 30.06.2020 nicht insgesamt mindestens EUR 6.489.593,60 (brutto) wie folgt zugeflossen:

(1) Einnahmen aus der Kapitalerhöhung I und/oder

(2) Ausübung von im Zusammenhang mit den Optionsschuldverschreibungen begebenen Aktienoptionen durch die Antragstellerin zu 1 und/oder

(3) sonstige liquide Mittel welche die Antragstellerin zu 1 der Zielgesellschaft mit deren Einverständnis oder aufgrund einer Bestimmung in der Verpflichtungsvereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und der Antragstellerin zu 1 vom 27.04.2020 zur Verfügung stellt und/oder

(4) sonstige liquide Mittel, die der Zielgesellschaft durch Dritte zur Verfügung gestellt werden und die in der Liquiditätsplanung der Zielgesellschaft zum Stand 23.03.2020 nicht vorgesehen waren

oder

bb) die Antragstellerin zu 1 hat nicht bis zum 04.06.2020 für die Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der am 07.06.2020 fälligen Raten in Höhe von EUR 6.120.000,00 (Bar-Ratenzahlungspreis einschließlich Zuschlag) auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin vorgenommen.

Verschiebt die Antragstellerin zu 1 die Zahlung der am 07.06.2020 fälligen Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin, kann die BaFin die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 auch dann widerrufen, wenn die Antragstellerin zu 1 vor dem Ratenzahlungstermin, auf den die Zahlung der Raten verschoben wurde, nicht für die Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt hat oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der zu diesem Ratenzahlungstermin fälligen Raten auf einen nachfolgenden Ratezahlungstermin vorgenommen hat.

b) Im Falle eines Kontrollerwerbs im Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 31.10.2020:

aa) Es liegen die Voraussetzungen des Widerrufsvorbehalts gemäß vorstehend a) vor oder

bb) die Antragstellerin zu 1 hat nicht bis zum 31.10.2020 auf schriftliches Verlangen der Zielgesellschaft der Verlängerung der Laufzeit des zwischen der Antragstellerin zu 1 und der Zielgesellschaft am 11.11.2019 vereinbarten Überbrückungsdarlehens über EUR 1.635.370,30 bis zum 30.06.2024 zugestimmt oder

cc) die Antragstellerin zu 1 hat nicht bis zum 31.10.2020 auf schriftliches Verlangen der Zielgesellschaft einer Umschuldung der Optionsschuldverschreibungen in ein unbesichertes nachrangiges Überbrückungsdarlehen, dessen valutierte Teilbeträge mit einem Zinssatz in Höhe von höchstens 12,5% verzinst werden, zugestimmt

oder

dd) der Zielgesellschaft sind nicht bis zum 30.09.2020 insgesamt mindestens EUR 4.000.000,00 (brutto) wie folgt zugeflossen:

(1) Einnahmen aus der Kapitalerhöhung II und/oder

(2) Ausübung von im Zusammenhang mit den Optionsschuldverschreibungen begebenen Aktienoptionen durch die Antragstellerin zu 1 und/oder

(3) sonstige liquide Mittel welche die Antragstellerin zu 1 der Zielgesellschaft mi deren Einverständnis oder aufgrund einer Bestimmung in der Verpflichtungsvereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und der Antragstellerin zu 1 vom 27.04.2020 zur Verfügung stellt und/oder

(4) sonstige liquide Mittel, die der Zielgesellschaft durch Dritte zur Verfügung gestellt werden und die in der Liquiditätsplanung der Zielgesellschaft zum Stand 23.03.2020 nicht vorgesehen waren

oder

ee) die Antragstellerin zu 1 hat nicht bis zum 07.09.2020 für die Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der am 07.09.2020 fälligen Raten (Bar-Ratenzahlungspreis einschließlich Zuschlag) auf einen nachfolgenden Ratezahlungstermin vorgenommen.

Verschiebt die Antragstellerin zu 1 die Zahlung von am 07.09.2020 fälligen Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin, kann die BaFin die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 auch dann widerrufen, wenn die Antragstellerin zu 1 vor dem Ratenzahlungstermin, auf den die Zahlung der Raten verschoben wurde, nicht für die Wandlungsschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt hat oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der zu diesem Ratenzahlungstermin fälligen Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin vorgenommen hat.

Der Widerrufsvorbehalt gemäß vorstehend unter b), dd) gilt nicht, soweit der Zielgesellschaft der Betrag von EUR 4.000.000,00 nur deswegen nicht bis zum 30.09.2020 zugeflossen ist, weil die Zahlungen der Antragstellerin zu 1 an die Zielgesellschaft im Zusammenhang mit den Maßnahmen gemäß vorstehend a) aa) und b), dd) den Betrag von EUR 9.600.000,00 erreicht haben und die Antragstellerin zu 1 deswegen nicht zu weiteren Zahlungen an die Zielgesellschaft verpflichtet ist.

c) Im Falle eines Kontrollerwerbs nach dem 31.10.2020:

aa) Es liegen die Voraussetzungen des Widerrufsvorbehalts nach vorstehend a) oder b) vor oder

bb) der Zielgesellschaft sind nicht bis zum 31.07.2021 insgesamt mindestens EUR 1.200.000,00 (brutto) wie folgt zugeflossen:

 

(1) Einnahmen aus der Kapitalerhöhung III und/oder

(2) Ausübung von im Zusammenhang mit den Optionsschuldverschreibungen begebenen Aktienoptionen durch die Antragstellerin zu 1und/oder

(3) sonstige liquide Mittel welche die Antragstellerin zu 1 der Zielgesellschaft mit deren Einverständnis oder aufgrund einer Bestimmung in der Verpflichtungsvereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und der Antragstellerin zu 1 vom 27.04.2020 zur Verfügung stellt und/oder

(4) sonstiges Liquide Mittel, die der Zielgesellschaft durch Dritte zur Verfügung gestellt werden und die in der Liquiditätsplanung der Zielgesellschaft zum Stand 23.03.2020 nicht vorgesehen waren

oder

cc) die Antragstellerin zu 1 hat nicht für bis zum 07.06.2021 fällig werdende Raten der Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der bis zum 07.06.2021 fällig werdenden Raten (Bar-Ratenzahlungspreis einschließlich Zuschlag) auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin vorgenommen.

Verschiebt die Antragstellerin zu 1 die Zahlung von bis zum 07.06.2021 fälligen Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin, kann die BaFin die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 auch dann widerrufen, wenn die Antragstellerin zu 1 vor dem Ratenzahlungstermin, auf den die Zahlung der Raten verschoben wurde, nicht für die Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt hat oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der zu diesem Ratenzahlungstermin fälligen Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin vorgenommen hat.

Der Widerrufsvorbehalt gemäß vorstehend unter c), bb) gilt nicht, soweit der Zielgesellschaft der Betrag von EUR 1.2000.000,00 nur deswegen nicht bis zum 30.06.2021 zugeflossen ist, weil die Zahlungen der Antragstellerin zu 1 an die Zielgesellschaft im Zusammenhang mit den Maßnahmen gemäß vorstehend a) aa), b), dd) und c), bb) den Betrag von EUR 9.600.000,00 erreicht haben und die Antragstellerin zu 1 deswegen nicht zu weiteren Zahlungen an die Zielgesellschaft verpflichtet ist.

3. Die Befreiung ergeht unter folgenden Auflagen:

a) Im Falle eines Kontrollerwerbs bis zum 30.06.2020:

Die Antragsteller haben der BaFin bis zum 30.07.2020 durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen, dass

aa) der Zielgesellschaft bis zum 30.06.2020 insgesamt mindestens EUR 6.489.593,60 (brutto) wie folgt zugeflossen sind:

(1) Einnahmen aus der Kapitalerhöhung I und/oder

(2) Ausübung von im Zusammenhang mit den Optionsschuldverschreibungen begebenen Aktienoptionen durch die Antragstellerin zu 1 und/oder

(3) sonstige liquide Mittel welche die Antragstellerin zu 1 der Zielgesellschaft mit deren Einverständnis oder aufgrund einer Bestimmung in der Verpflichtungsvereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und der Antragstellerin zu 1 vom 27.04.2020 zur Verfügung stellt und/oder

(4) sonstige liquide Mittel, die der Zielgesellschaft durch Dritte zur Verfügung gestellt werden und die in der Liquiditätsplanung der Zielgesellschaft zum Stand 23.03.2020 nicht vorgesehen waren

und

bb) die Antragstellerin zu 1 bis zum 04.06.2020 für die Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt hat oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der am 07.06.2020 fälligen Raten in Höhe von EUR 6.120.000,00 (Bar-Ratenzahlungspreis einschließlich Zuschlag) auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin vorgenommen hat.

Verschiebt die Antragstellerin zu 1 die Zahlung der am 07.06.2020 fälligen Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin, müssen die Antragsteller bis zum letzten Tag des Monats vor diesem Ratenzahlungstermin auch nachweisen, dass die Antragstellerin zu 1 vor dem Ratenzahlungstermin, auf den die Zahlung der Rate verschoben wurde, für die Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt hat oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der zu diesem Ratenzahlungstermin fälligen Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin vorgenommen hat.

b) Im Falle eines Kontrollerwerbs im Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 31.10.2020:

Die Antragsteller haben der BaFin bis zum 30.11.2020 durch Vorlage geeigneter Unterlagen den Eintritt der Umstände gemäß vorstehend 3. a) aa) und bb) nachzuweisen sowie nachzuweisen, dass

aa) die Antragstellerin zu 1 bis zum 31.10.2020 auf ein entsprechendes Verlangen der Zielgesellschaft hin der Verlängerung der Laufzeit des zwischen der Antragstellerin zu 1 und der Zielgesellschaft am 11.11.2019 vereinbarten Überbrückungsdarlehen über EUR 1.635.370,30 bis zum 30.06.2024 zugestimmt hat und

bb) die Antragstellerin zu 1 bis zum 31.10.2020 auf ein entsprechendes Verlangen der Zielgesellschaft hin einer Umschuldung der Optionsschuldverschreibungen in ein unbesichertes nachrangiges Überbrückungsdarlehen, dessen valutierte Teilbeträge mit einem Zinssatz in Höhe von höchstens 12,5% verzinst werden, zugestimmt hat und

cc) der Zielgesellschaft bis zum 30.09.2020 insgesamt mindestens EUR 4.000.000,00 (brutto) wie folgt zugeflossen sind:

(1) Einnahmen aus der Kapitalerhöhung II und/oder

(2) Ausübung von im Zusammenhang mit den Optionsschuldverschreibungen begebenen Aktienoptionen durch die Antragstellerin zu 1 und/oder

(3) sonstige liquide Mittel welche die Antragstellerin zu 1 der Zielgesellschaft mit deren Einverständnis oder aufgrund einer Bestimmung in der Verpflichtungsvereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und der Antragstellerin zu 1 vom 27.04.2020 zur Verfügung stellt und/oder

(4) sonstige liquide Mittel die der Zielgesellschaft durch Dritte zur Verfügung gestellt werden und die in der Liquiditätsplanung der Zielgesellschaft zum Stand 23.03.2020 nicht vorgesehen waren

und

dd) die Antragstellerin zu 1 für am 07.09.2020 fällig werdenden Raten der Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt hat oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der bis zum 07.09.2020 fällig werdenden Raten (Bar-Ratenzahlungspreis einschließlich Zuschlag) auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin vorgenommen hat.

Verschiebt die Antragstellerin zu 1 die Zahlung der am 07.09.2020 fällig werdenden Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin, müssen die Antragsteller bis zum letzten Tag des Monats vor diesem Ratenzahlungstermin auch nachweisen, dass die Antragstellerin zu 1 vor dem Ratenzahlungstermin, auf den die Zahlung der Raten verschoben wurde, für die Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt hat oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der zu diesem Ratenzahlungstermin fälligen Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin vorgenommen hat.

Die Auflage gemäß vorstehend unter b), cc) gilt jedoch nicht, soweit der Zielgesellschaft der Betrag von EUR 4.000.000,00 nur deswegen nicht bis zum 30.09.2020 zugeflossen ist, weil die Zahlungen der Antragstellerin zu 1 an die Zielgesellschaft im Zusammenhang mit den Maßnahmen gemäß vorstehend a) aa) und b), cc) den Betrag von EUR 9.6000.000,00 erreicht haben und die Antragstellerin zu 1 deswegen nicht zu weiteren Zahlungen an die Zielgesellschaft verpflichtet ist.

c) Im Falle eines Kontrollerwerbs nach dem 31.10.2020:

Die Antragsteller haben der BaFin bis zum 30.08.2021 durch Vorlage geeigneter Unterlagen den Eintritt der Umstände gemäß vorstehend 3. a) aa) und bb) und 3. b) aa) bis dd) nachzuweisen sowie nachzuweisen, dass

aa) der Zielgesellschaft bis zum 31.07.2021 insgesamt mindestens EUR 1.2000.000,00 (brutto) wie folgt zugeflossen sind:

(1) Einnahmen aus der Kapitalerhöhung III und/oder

(2) Ausübung von im Zusammenhang mit den Optionsschuldverschreibungen begebenen Aktienoptionen durch die Antragstellerin zu 1 und/oder

(3) sonstige liquide Mittel welche die Antragstellerin zu 1 der Zielgesellschaft mit deren Einverständnis oder aufgrund einer Bestimmung in der Verpflichtungsvereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und der Antragstellerin zu 1 vom 27.04.2020 zur Verfügung stellt und/oder

(4) sonstige liquide Mittel, die der Zielgesellschaft durch Dritte zur Verfügung gestellt werden und die in der Liquiditätsplanung der Zielgesellschaft zum Stand 23.03.2020 nicht vorgesehen waren

und

bb) die Antragstellerin zu 1 für bis zum 07.06.2021 fällig werdende Raten der Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt hat oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der bis zum 07.06.2021 fällig werdenden Raten(Bar-Ratenzahlungspreis einschließlich Zuschlag) auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin vorgenommen hat.

Verschiebt die Antragstellerin zu 1 die Zahlung von bis zum 07.06.2021 fällig werdenden Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin, müssen die Antragsteller bis zum letzten Tag des Monats vor diesem Ratenzahlungstermin auch nachweisen, dass die Antragstellerin zu 1 vor dem Ratenzahlungstermin, auf den die Zahlung der Raten verschoben wurde, für die Wandelschuldverschreibungen einen Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen erklärt oder eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen von der Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandlungspreis verlangt hat oder eine weitere Verschiebung der Zahlung der zu diesem Ratenzahlungstermin fälligen Raten auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin vorgenommen hat.

Die Auflage gemäß vorstehend unter c), aa) gilt jedoch nicht, soweit der Zielgesellschaft der Betrag von EUR 1.200.000,00 nur deswegen nicht bis zum 30.06.2021 zugeflossen ist, weil die Zahlungen der Antragstellerin zu 1 an die Zielgesellschaft im Zusammenhang mit den Maßnahmen gemäß vorstehend a) aa), b), cc) und c), aa) an den Betrag von EUR 9.600.000,00 erreicht haben und die Antragstellerin zu 1 deswegen nicht zu weiteren Zahlungen an die Zielgesellschaft verpflichtet ist.

4. Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht jedes Ereignis, jeden Umstand und jedes Verhalten, das den Widerruf der Befreiung gemäß der vorstehenden Ziffer 2 rechtfertigen könnte, unverzüglich mitzuteilen.

5. Für die positive Entscheidung über die Befreiungsanträge ist von den Antragstellern eine Gebühr zu entrichten.

G r ü n d e :

(zusammenfassende verkürzte Wiedergabe)

 

A.
Sachverhalt

 

I. Zielgesellschaft

Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt EUR 26.074.281,00 und ist in 26.074.281 auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt. Die Aktien der Zielgesellschaft sind zum Handel im regulierten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse (folgend "FWB") zugelassen.

Mit Ad-hoc-Meldung vom 07.05.2020 hat der Vorstand der Zielgesellschaft bekannt gegeben, dass er zur Umsetzung der Kapitalerhöhung I das Grundkapital der Zielgesellschaft durch Ausgabe von bis zu 5.794.280 neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien auf bis zu EUR 31.868.561,00 erhöhen will. Der Bezugspreis soll EUR 1,12 betragen. Die Bezugsfrist soll am 25.05.2020 enden.

II. Antragsteller

Die Antragstellerin zu 1 ist eine nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Zeulenroda-Triebes. Sie ist im Handelsregister des Amtsgerichts Jena unter HRB 512541 eingetragen. Alleinige Gesellschafterin der Antragstellerin zu 1 ist die Antragstellerin zu 2.

Die Antragstellerin zu 2 ist eine nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland gegründete Aktiengesellschaft mit Sitz in Zeulenroda-Triebes. Sie ist im Handelsregister des Amtsgerichts Jena unter HRB 206561 eingetragen. Sämtliche Aktien der Antragstellerin zu 2 werden von der Antragstellerin zu 3 gehalten.

Die Antragstellerin zu 3 ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in Zeulenroda. Sie ist im Thüringer Stiftungsverzeichnis eingetragen. Der Antragsteller zu 4 ist Stifter und einzelvertretungsberechtigter Vorstand der Antragstellerin zu 3. Er ist kraft Stiftungssatzung befugt, die Mitglieder des Stiftungsvorstands der Antragstellerin zu 3 zu bestellen und abzuberufen. Einziges Organ der Antragstellerin zu 3 ist der Stiftungsvorstand.

Die Antragstellerin zu 1 hält derzeit unmittelbar 7.254.717 Aktien der Zielgesellschaft. Das entspricht etwa 27,82% des Grundkapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft.

III. Gegenwärtige wirtschaftliche Lage der Zielgesellschaft

1. Produkte der Zielgesellschaft

Die Zielgesellschaft ist selbst bzw. mittelbar über Tochterunternehmen (die Zielgesellschaft und ihre Tochterunternehmen folgend "co.don.-Gruppe") auf dem Gebiet der Entwicklung, Produktion und Vermarktung von zellbasierten pharmazeutischen Produkten zur gelenkerhaltenden, regenerativen Behandlung von Gelenkknorpeldefekten tätig (Zell- und Gewebetransplantate). Die co.don-Gruppe hat zwei Produkte, Spherox und das Vorgängerprodukt co.don chondrosphere(R). Diese Produkte sind als Arzneimittel für neuartige Therapien eingestuft und auf ärztliche Verschreibung erhältlich. Sie werden von Unfallchirurgen und Orthopäden angewendet.

Die Zielgesellschaft hält eine zentrale EU-weite Zulassung durch die Europäische Kommission unter Bewertung der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA (European Medicines Agency) für ihr Produkt Spherox. Für die Schweiz hält eine Tochtergesellschaft der Zielgesellschaft die Zulassung, die durch das schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic erteilt worden ist. Die deutsche Genehmigung für co.don chondrosphere(R) wurde im Dezember 2013 gemäß § 4b des deutschen Arzneimittelgesetzes erteilt.

2. Krise der Zielgesellschaft:

Die wirtschaftliche Situation der Zielgesellschaft ist angespannt. Am 08.04.2020 veröffentlichte die Zielgesellschaft den Verlust der Hälfte ihres Grundkapitals gemäß § 92 Abs. 1 AktG. In der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.07.2020 wies die Zielgesellschaft darauf hin, dass die Veröffentlichung eines festgestellten und testierten Jahres- und Konzernabschlusses für das Geschäftsjahr 2019 voraussichtlich nicht fristgerecht innerhalb der ersten vier Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres erfolgen kann. Hintergrund sei der insbesondere auch durch die Corona-Krise stark gestiegene Liquiditätsbedarf. In Abänderung der bestehenden Planung gehe der Vorstand nunmehr davon aus, dass insgesamt EUR 11,2 Mio. Liquidität für die Sicherstellung der going concern und insgesamt EUR 15,3 Mio. bis zum im Juni 2022 (co.don-Gruppe) bzw. November 2022 (Zielgesellschaft) erwarteten Break-Even benötigt werden. Der Jahres- und der Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2019 könne erst testiert und festgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für den going concern vorliegen.

Nach Ansicht der Antragsteller und der Zielgesellschaft wird die Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft durch die COVID-19 Pandemie erheblich beeinträchtigt. Die Zielgesellschaft rechnet insoweit mit erheblichen Umsatzeinbußen. Die beiden Produkte der Zielgesellschaft werden zur Behandlung von Knorpelschäden in verschiedenen Gelenken eingesetzt. Es handelt sich dabei nicht um medizinisch dringend notwendige Behandlungen. Derartige Behandlungen werden zurzeit verschoben und die Produkte der Zielgesellschaft werden daher bis auf Weiteres in Deutschland und Europa weitgehend nicht mehr angewendet.

Die Antragsteller haben den Entwurf des Jahresabschlusses der Zielgesellschaft zum 31.12.2019 (folgend "JA E 2019") vorgelegt. Danach ist auch für das Geschäftsjahr 2019 damit zu rechnen, dass die Zielgesellschaft einen Verlust erwirtschaftet.

Bereits im Oktober 2019 führte die Zielgesellschaft eine Kapitalerhöhung mit dem Ziel durch, bis zu EUR 23 Mio. einzuwerben. Durch die Kapitalerhöhung erzielt die Zielgesellschaft aber lediglich Erlöse in Höhe von ca. EUR 5,9 Mio.

3. Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft

Der JA E 2019 weist Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistung in Höhe von TEUR 985 und sonstige Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt TEUR 11.348 aus.

Die sonstigen Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft setzen sich im Wesentlichen wie folgt zusammen:

a) EUR 6.120.000,00 fällig am 07.06.2020

Grundlage: ausstehende Raten der Wandelschuldverschreibungen

Die Wandelschuldverschreibungen sind in Raten jeweils zum 07., 07.06, 07.09 und 07.12 eines Jahres zurückzuzahlen. Eine Tilgung der Wandelschuldverschreibungen durch Ausgabe von Aktien ist u.a. nur dann möglich, wenn die Aktien der Zielgesellschaft zeitnah vor Wandlung eines durchschnittlichen Börsenpreis von mindestens EUR 3,00 erreicht und ein gewisses Mindestvolumen an Aktien der Zielgesellschaft gehandelt wird (folgend "Aktienlieferbedingungen"). Die Inhaber der Wandelschuldverschreibungen können auf die Aktienlieferbedingungen verzichten. Wird der Verzicht für 50% des ausstehenden Nennbetrags der Wandelschuldverschreibungen erklärt, gilt er für alle noch ausstehenden Schuldverschreibungen.

b) EUR 1.635.370,30 fällig am 15.11.2020

Grundlage: nachrangiges und unbesichertes Gesellschafterdarlehen (vor Zinsen) der Antragstellerin zu 1 vom 11.11.2019 (folgend "Überbrückungsdarlehen").

c) EUR 2.000.000,00 fällig am 07.06.2021

Grundlage: Rückzahlung der Optionsschuldverschreibungen

Die Optionsschuldverschreibungen wurden zusammen mit insgesamt 1.500.000 Optionsrechten auf den Bezug neuer Aktien der Gesellschaft ausgegeben, die jederzeit ausübbar sind (folgend "Aktienoptionen").

4. Stellungnahme der WP-Gesellschaft

Die angespannte Liquiditätslage der Zielgesellschaft hat auch Einfluss auf die laufenden Arbeiten zu deren Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2019. Die hiermit befasste unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Mazars GmbH & Co. KG, Berlin (folgend "WP-Gesellschaft") hat auf Bitten der Zielgesellschaft der BaFin über ihre Einschätzung zur Fortführungsprognose mit Schreiben vom 11.05.2020 (folgend zusammen mit dem beigefügten Entwurf des Bestätigungsvermerks folgend "WP-Schreiben") berichtet.

Nach Einschätzung der WP-Gesellschaft ist der Bestand der Zielgesellschaft gefährdet. Ohne die im Befreiungsantrag der Antragsteller dargelegten Sanierungsmaßnahmen hätte die Prüfung mit einem Versagungsvermerk abgeschlossen werden müssen, da die Fortführung des Unternehmens nicht hinreichend sichergestellt gewesen wäre.

IV. Sanierungskonzept

Die Zielgesellschaft hat zur nachhaltigen Sanierung ihres Geschäftsbetriebs im Rahmen einer Analyse sämtlicher interner Strukturen und Geschäftsprozesse ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm beschlossen (folgend "Sanierungsplan").

Der Sanierungsplan sieht als finanzwirtschaftliche Restrukturierung die folgenden Schritte zur Schließung der Finanzierungslücken vor (folgend "Finanzierungskonzept"):

a) Ende April/Anfang Mai 2020: Kapitalerhöhung I mit einem Mittelzufluss von EUR 6,5 Mio.;

b) bis zum 07.06.2020: Wandlung der ausstehenden Raten der Wandelschuldverschreibungen (folgend "Wandlung")

c) Anfang September 2020: (i) Verlängerung der Laufzeit des Überbrückungsdarlehens bis zum 30.06.2024 (folgend "Stundung"), (ii) Umschuldung der Optionsschuldverschreibungen in ein Überbrückungsdarlehen II mit Laufzeit bis zum 31.12.2024 und im Übrigen zu denselben Konditionen wie das Überbrückungsdarlehen (folgend "Umschuldung"), (iii) teilweise Ausübung der Aktienoptionen durch die Antragstellerin zu 1) mit einem Mittelzufluss von EUR 2,5 Mio. (folgend "Optionsausübung") und (iv) Kapitalerhöhung II mit einem Mittelzufluss von EUR 1,5 Mio.

d) Anfang Juni 2021: Kapitalerhöhung III mit einem Mittelzufluss von EUR 1,2 Mio.

Neben dem Finanzierungskonzept plant die Zielgesellschaft auch operative Maßnahmen, um sich nachhaltig zu sanieren und die Profitabilitätsschwelle zu erreichen.

V. Sanierungsbeiträge der Antragsteller

Die Antragstellerin zu 1 hat mit der Zielgesellschaft am 27.04.2020 eine Vereinbarung abgeschlossen, in der sie verschiedene Zusagen zur Umsetzung des Finanzierungskonzepts macht (folgend "Verpflichtungsvereinbarung").

Im Einzelnen hat die Antragstellerin zu 1 gegenüber der Zielgesellschaft folgende Zusagen abgegeben (zusammen folgend "Sanierungsbeiträge"):

a) Zeichnungsgarantie für die Kapitalerhöhung I bzgl. bis zum 22.05.2020 nicht ausgeübter Bezugsrechte (folgend "Backstop I") soweit die hieraus resultierende Zahlungsverpflichtung zusammen mit den anrechenbaren Leistungen (wie nachstehend definiert) einen Betrag von EUR 6,5 Mio. nicht übersteigt;

b) bis zum 04.06.2020: Durchführung der Wandlung durch Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen oder - nach Wahl der Antragstellerin zu 1 - eine Pflichtwandlung aller ausstehenden Wandelschuldverschreibungen durch die Zielgesellschaft zum gemäß § 6(a) der Anleihebedingungen letzten hierauf anwendbaren Wandelpreis oder - nach Wahl der Antragstellerin zu 1 - eine weitere Verschiebung auf einen nachfolgenden Ratenzahlungstermin und, vor diesem Termin, Verzicht auf die Aktienlieferbedingungen oder Pflichtwandlungsverlangen (folgend "Stundungs-WS"): die Stundungs-WS kann wiederholt erfolgen;

c) mit Beschluss des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zur Durchführung der Kapitalerhöhung II frühestens aber am fünften Tag nach Vorlage der Zahlen zur Liquidität der Gesellschaft per 31.08.2020: (i) Vereinbarung der Stundung, (ii) Vereinbarung der Umschuldung, (iii) Optionsausübung und (iv) Zeichnungsgarantie für die Kapitalerhöhung II bzgl. nicht ausgeübter Bezugsrechte (folgend "Backstop II") soweit die hieraus resultierende Zahlungsverpflichtung zusammen mit den unter dem Backstop I und der Optionsausübung geleisteten Zahlungen und den anrechenbaren Leistungen (wie nachstehend definiert) einen Betrag von EUR 9,6 Mio. nicht übersteigen;

d) Zeichnungsgarantie für die Kapitalerhöhung III bzgl. nicht ausgeübter Bezugsrechte (folgend "Backstop III") soweit die hieraus resultierende Zahlungsverpflichtung zusammen mit den unter dem Backstop I und II und der Optionsausübung geleisteten Zahlungen und den anrechenbaren Leistungen (wie nachstehend definiert) einen Betrag von EUR 9,6 Mio. nicht übersteigen.

Auf die unter dem Backstop I, II und III bestehende maximale Zahlungsverpflichtung kann die Antragstellerin zu 1 gemäß § 5 Abs. 3 der Verpflichtungsvereinbarung bereits erbrachte Zahlungen in Höhe von bis zu EUR 750.000,00 anrechnen. Außerdem kann die Antragstellerin zu 1 jederzeit ganz oder teilweise anstelle der Zeichnung neuer Aktien im Rahmen der Kapitalerhöhung I, II oder III ihre Aktienoptionen ausüben, soweit dies zum selben Mittelzufluss bei der Gesellschaft wie durch eine Zeichnung der neuen Aktien führt (folgend "einseitige sonstige anrechenbare Zahlung"). Zahlungsverpflichtungen aus dem Backstop III werden frühestens am 01.06.2021 zur Zahlung fällig. Soweit die Antragstellerin zu 1, im Einvernehmen mit der Zielgesellschaft, dieser anderweitig frische liquide Mittel gleich in welcher Form zuführen sollte, werden diese Mittel auf die unter den Backstop I, II und III bestehenden maximalen Zahlungspflichten angerechnet (folgend "gegenseitige sonstige anrechenbare Zahlungen"). Auf die vorgenannten Höchstbeträge werden zudem liquide Mittel angerechnet, die Dritte der Zielgesellschaft als Fremdkapital, Eigenkapital oder in sonstiger Form zur Verfügung stellen, soweit diese nicht bereits in der aktuellen Liquiditätsplanung der Zielgesellschaft berücksichtigt sind (folgend "anrechenbare Drittmittel" und zusammen mit den einseitigen und gegenseitigen sonstigen anrechenbaren Zahlungen "anrechenbare Leistungen").

Die Antragstellerin zu 1 kann die Verpflichtungsvereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen kündigen, beispielsweise, wenn die Zielgesellschaft zahlungsunfähig ist.

VI. Auswirkungen des Sanierungsplans und der Sanierungsbeiträge

Unter Berücksichtigung des Finanzierungskonzepts weist die Liquiditätsplanung der Zielgesellschaft zu keinem Zeitpunkt eine Liquiditätslücke auf.

Unschädlich ist es aus der Sicht der Zielgesellschaft, dass die in der Verpflichtungsvereinbarung zugesagten Sanierungsbeiträge nicht ausreichen, um die nach der Liquiditätsplanung zu erwartenden Finanzierungslücken vollständig zu schließen. In seinem Schreiben vom 07.05.2020 hat der Vorstand der Zielgesellschaft bestätigt, dass er davon überzeugt ist, dass die Zielgesellschaft den noch nicht gedeckten Kapitalbedarf in Höhe von EUR 2,1 Mio. über den Kapitalmarkt erlangen kann.

VII. Feststellungen der WP-Gesellschaft zur Sanierungsfähigkeit

Die WP-Gesellschaft geht nach dem derzeitigen Stand der Prüfung davon aus, dass vor dem Hintergrund des Sanierungsplans und der von der Antragstellerin zu 1 zugesagten Sanierungsbeiträge von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist und sie einen Bestätigungsvermerk erteilen kann.

VIII. Anträge

In der Antragsschrift mit Datum vom 08.04.2020 haben die Antragsteller folgende Anträge gestellt:

"Für den Fall, dass die Antragsteller zu 1) bis 4) unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die co.don Aktiengesellschaft, Warthestraße 21, 14513 Teltow, erlangen sollten, werden die Antragsteller zu 1) bis 4) gemäß § 37 Abs. 1 Var. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AngebotsVO

1. von der Verpflichtung zur Veröffentlichung der Kontrollerlangung nach § 35 Abs.1 Satz 1 WpÜG,

2. von der Verpflichtung zur Übermittlung einer Angebotsunterlage an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend "BaFin") nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG und

3. von der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Pflichtangebots nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG befreit."

Die Antragsteller sind der Ansicht, dass aufgrund der beabsichtigten Sanierung eine Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV gerechtfertigt ist. Die Zielgesellschaft sei sowohl sanierungsbedürftig als auch sanierungsfähig. Die Antragstellerin zu 1 leiste auch einen erheblichen Sanierungsbeitrag.

Die Antragsteller wurden mit Schreiben vom 08.05.2020 zu den vorgesehen Nebenbestimmungen angehört. Sie haben durch ihren Verfahrensbevollmächtigten hierzu mit Schreiben vom 08.05.2020 Stellung genommen. Die im Rahmen dieser Stellungnahme vorgebrachten Einwendungen konnten vollständig berücksichtigt werden.


B.
Rechtliche Wertung

Den Anträgen war stattzugeben.

I. Zulässigkeit

Die Anträge der Antragsteller sind zulässig. Insbesondere sind sie fristgerecht gestellt.

1. Antragsfrist

Gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-AV kann ein Antrag nach § 37 WpÜG schon vor der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft und innerhalb von sieben Kalendertagen nach dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem der Bieter Kenntnis davon hat oder nach den Umständen haben musste, dass er die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat.

Da die Antragsteller derzeit noch keine Kontrolle an der Zielgesellschaft haben (vgl. nachstehend Ziffer 2.), sind die Anträge fristgerecht gestellt worden.

2. Sachentscheidungsinteresse

Es besteht das notwendige Sachentscheidungsinteresse. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Kontrollerlangung als vorhersehbar (BT-Drs. 14/7034 v. 05.10.2001, S. 81) und aus Gründen der Sicherstellung der ernsthaften Bereitschaft zum Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich (vgl. Seiler, in: Assmann/Pötsch/Uwe H. Schneider, WpÜG, § 8 WpÜG Angebotsverordnung, Rn. 9) darstellt. Dies ist vorliegend gegeben.

Mit Ad-hoc-Meldung vom 07.05.2020 hat der Vorstand der Zielgesellschaft bekannt gegeben, dass er zur Umsetzung der Kapitalerhöhung I das Grundkapital der Zielgesellschaft durch Ausgabe von bis zu 5.794.280 neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien auf bis zu EUR 31.868.561,00 erhöhen will. Die 30%-Schwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG erreicht daher, wer mindestens 9.560.569 Aktien der Zielgesellschaft hält. Die Antragstellerin zu 1 hält derzeit bereits 7.254.717 Aktien der Zielgesellschaft. Sie müsste also lediglich 2.305.852 Aktien der Zielgesellschaft im Rahmen der Kapitalerhöhung I erwerben, um die Kontrollschwelle zu erreichen. Dies entspricht rund 40% des Umfangs der Kapitalerhöhung I. Zwar plant die Zielgesellschaft die Kapitalerhöhung I als Bezugsrechtskapitalerhöhung durchzuführen. Die Antragsteller rechnen jedoch damit, dass sich neben der Antragstellerin zu 1 nur wenige Altaktionäre an der Kapitalerhöhung I beteiligen werden und die Antragstellerin zu 1 wegen der von ihr übernommenen Backstop-Garantie I die Kapitalerhöhung I im großen Umfang zeichnen und bereits deswegen die Kontrolle im Sinne des § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft erlagen wird.

Diese Sichtweise ist plausibel. Nach der letzten Kapitalerhöhung der Zielgesellschaft im Oktober 2019 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die Antragstellerin zu I auf Grund der Backstop-Garantie I mindestens 40% des Gesamtvolumens der Kapitalerhöhung I zeichnen und damit die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen wird. Selbst wenn sich wider Erwarten im großen Umfang außenstehende Aktionäre an der Kapitalerhöhung I beteiligen sollten, verbleibt die Möglichkeit, dass die Antragstellerin zu 1 im Rahmen einer der weiteren im Finanzierungskonzept vorgesehenen Kapitalmaßnahmen die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt, da sich die durch die Verpflichtungsvereinbarung zugesagten Sanierungsbeiträge der Antragstellerin zu 1 auch auf die Kapitalmaßnahmen beziehen. Die Antragstellerin zu 1 wird im Rahmen der Umsetzung des Finanzierungskonzepts daher mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im vorgenannten Sinn die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen. Sie hat daher ein sachliches Interesse an der beantragten Befreiungsentscheidung.

Die von der Antragstellerin zu 1 unmittelbar gehaltenen Stimmrechte in der Zielgesellschaft würden der Antragstellerin zu 2 und 3 jeweils zugerechnet. Damit würde bei einem Kontrollerwerb durch die Antragstellerin zu 1 auch die Antragstellerin zu 2 und zu 3 die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen. Es besteht daher auch ein Interesse der Antragstellerin zu 2 und zu 3 an der Befreiungsentscheidung.

Die der Antragstellerin zu 3 zuzurechnenden Stimmrechte in der Zielgesellschaft sind wiederum dem Antragsteller zu 4 zuzurechnen. Damit würde bei einem Kontrollerwerb durch die Antragstellerin zu 1 auch der Antragsteller zu 4 die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen. Es besteht daher auch ein Interesse des Antragstellers zu 4 an der Befreiungsentscheidung.

3. Einheitliche Entscheidung

Die Anträge der Antragsteller können in einem einheitlichen Verfahren beschieden werden.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt und somit um ein Verwaltungsverfahren. Bei einer Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG ist grundsätzlich ein einheitlich zu würdigender Lebenssachverhalt anzunehmen. Die erstmalige Kontrollerlangung durch das Tochterunternehmen (hier: die Antragstellerin zu 1) würde hier mit der Kontrollerlangung durch die Mutterunternehmen (hier: die Antragsteller zu 2-4) in Folge der Zurechnung (vgl. vorstehend Ziffer 2) zusammenfallen. Das verbindende Element des gesamten Lebenssachverhalts bildet die Lenkungsmacht des Prinzipals (hier: der Antragsteller zu 4).

II. Begründetheit

 

Die Antragsteller sind nach Abwägung ihrer Interessen gegenüber den Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV im Hinblick auf die beabsichtigte Sanierung der Zielgesellschaft von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu befreien.

1. Kontrollerlangung im Zusammenhang mit der Sanierung der Zielgesellschaft

Die mögliche Kontrollerlangung für die Sanierung ist nicht erforderlich. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV, der lediglich fordert, dass der Kontrollerwerb im Zusammenhang mit der Sanierung erfolgt (Schmiady in: Steinmeyer, § 37 WpÜG Rn. 25). Dieser Zusammenhang kann vorliegend bereits deswegen bejaht werden, weil die Antragsteller nach dem Tenor dieses Bescheids nur dann von einem Pflichtangebot befreit werden, wenn sie die Kontrolle im Rahmen einer der im Finanzierungskonzept vorgesehenen Kapitalerhöhung bzw. der Wandlung oder der Optionsausübung erwerben. Jede potentiell einen Kontrollerwerb der Antragsteller ermöglichende Maßnahme wäre also unmittelbar mit einem im Finanzierungskonzept vorgesehenen Mittelzufluss an die Zielgesellschaft verbunden.

2. Sanierungsbedürftigkeit

Die Zielgesellschaft ist sanierungsbedürftig, da bestandsgefährdende Risiken im Sinne von § 322 Abs. 2, Satz 3 HGB bestehen. Diese ergeben sich aus der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Zielgesellschaft.

Dies bestätigt auch die Ausführungen der WP-Gesellschaft, wonach der Bestand der Zielgesellschaft gefährdet ist und ohne die im Befreiungsantrag der Antragsteller dargelegten Sanierungsmaßnahmen der Bestätigungsvermerk zu versagen wäre.

Auch in der Folge ist die Zielgesellschaft nach ihrem Finanzierungskonzept auf liquiditätswirksame Unterstützungsmaßnahmen angewiesen, da sich andernfalls Liquiditätslücken ergeben.

Umstände, die der Einschätzung der Zielgesellschaft in ihrer Liquiditätsplanung und der Sichtweise der WP-Gesellschaft im Hinblick auf die Sanierungsbedürftigkeit der Zielgesellschaft widersprechen wurden, sind nicht ersichtlich. Vielmehr lässt sich deren Einschätzung anhand der wirtschaftlichen Kennzahlen der Zielgesellschaft nachvollziehen. In den letzten vier Geschäftsjahren hat sich der von der Zielgesellschaft erwirtschaftete Jahresfehlbetrag kontinuierlich erhöht. Es ist daher plausibel, dass die Zielgesellschaft zur Fortsetzung ihres Geschäftsbetriebs auf zusätzliche Liquidität angewiesen ist.

3. Sanierungsfähigkeit

Das Sanierungskonzept, an dessen Umsetzung sich die Antragsteller beteiligen, ist geeignet, die Krisenursachen in Form der drohenden Zahlungsfähigkeit zu beseitigen und perspektivisch auch eine operative Sanierung der Zielgesellschaft zu bewirken.

Kann die Zielgesellschaft ihr Finanzierungskonzept wie geplant umsetzen, so würde im gesamten Planungszeitraum keine Liquiditätslücke auftreten. Die finanzwirtschaftliche Sanierung der Zielgesellschaft wäre danach gesichert. Entsprechend hat auch die WP-Gesellschaft angekündigt, dass sie nach dem jetzigen Stand ihrer Prüfungen von einer Fortführung der Zielgesellschaft ausgehen und einen Bestätigungsvermerk erteilen kann, sollte der Sanierungsplan nach Gewährung der vorliegend beantragen Befreiungsentscheidung durchgeführt werden können.

Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass nicht das gesamte Finanzierungskonzept durch die Sanierungsbeiträge der Antragstellerin zu 1 abgesichert ist, da die Zielgesellschaft mit Einnahmen aus den Kapitalerhöhungen und der Optionsübung in Höhe von EUR 11,7 Mio. Verpflichtungsvereinbarung aber nur Einnahmen in Höhe von EUR 9,6 Mio. absichern. In seinem Schreiben vom 07.05.2020 hat der Vorstand der Zielgesellschaft bestätigt, dass er davon überzeugt ist, dass die Zielgesellschaft den noch nicht gedeckten Kapitalbedarf in Höhe von EUR 2,1 Mio. über den Kapitalmarkt erlangen kann. Zwar unterliegen derartige Erwartungen regelmäßig Risiken. Allerdings sind an die Feststellung der Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass der Vorstand der Zielgesellschaft seine Erwartung auf eine konkrete Tatsachengrundlage, nämlich auf mit Investoren und Aktionären der Zielgesellschaft geführte Gespräche, stützt. Zum anderen kann eine Feststellung der Erfolgsaussichten nur die Plausibilität der Sanierungsmaßnahmen prüfen. Eine Prüfung, die berücksichtigt, ob ein anderes Konzept bessere Erfolge erzielen kann, ist vom Gesetzgeber nicht verlangt. Im Ergebnis kommt es darauf an, ob das Sanierungskonzept grundsätzlich geeignet ist, den Sanierungsfall zu lösen, nicht aber, ob dies auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

So liegt es hier. Nachdem die Zielgesellschaft in ihrer Ad-hoc-Meldung vom 27.04.2020 mitgeteilt hat, dass sich die Antragstellerin zu 1 unter Aufwendung ganz erheblicher Mittel für eine Sanierung der Zielgesellschaft engagieren wird, ist es nicht unplausibel anzunehmen, dass weitere Aktionäre der Zielgesellschaft und Investoren die Kapitalerhöhungen als Möglichkeit verstehen, an den Chancen, die eine Sanierung der Zielgesellschaft bietet, teilzuhaben. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass Aktionäre der Zielgesellschaft und Investoren dem Vorstand der Zielgesellschaft gegenüber bereits ein entsprechendes Interesse bekundet haben.

Auch die WP-Gesellschaft hält die Liquiditätsplanung des Vorstands der Zielgesellschaft und die zugrundeliegenden Annahmen für plausibel. Umstände, die Zweifel an der diesbezüglichen Einschätzung der WP-Gesellschaft begründen, sind nicht ersichtlich. Dem Finanzierungskonzept kann damit zumindest die grundsätzliche Eignung zur Lösung des Sanierungsfalls nicht abgesprochen werden. Im Ergebnis lässt sich daher feststellen, dass das Finanzierungskonzept der Zielgesellschaft grundsätzlich geeignet ist, die Liquiditätskrise der Zielgesellschaft zu beseitigen. Neben dem Finanzierungskonzept plant die Zielgesellschaft zudem auch operative Maßnahmen, um sich nachhaltig zu sanieren und die Profitabilitätsschwelle zu erreichen. Der Sanierungsplan ist daher auch perspektivisch geeignet, die Sanierung der Zielgesellschaft zu bewirken.

4. Sanierungsbeitrag

Im Rahmen des Sanierungskonzeptes sind die Antragsteller bereit, einen erheblichen Sanierungsbeitrag zu erbringen. Sanierungsbeiträge müssen hinreichend konkret, verbindlich und der daraus resultierende Vorteil für die Zielgesellschaft messbar sein, so dass sie zur Krisenbeseitigung und mithin zum Fortbestand der Zielgesellschaft maßgeblich beitragen (Strunk/Linke in: Reformbedarf im Übernahmerecht, Erfahrungen mit dem Übernahmerecht aus der Sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, S. 41). Diese Voraussetzungen erfüllen die Sanierungsbeiträge der Antragsteller.

Im Einzelnen beabsichtigt die Antragstellerin zu 1 der Zielgesellschaft Folgendes zuzuwenden:

Maßnahme Liquiditätsbeitrag

 

Backstop I-III bzw. Optionsausübung oder einseitige
und gegenseitige sonstige anrechenbare
Zahlungen: EUR 9.600.000,00

Wandlung bzw. Stundung-WS EUR 6.120.000,00

Stundung: EUR 1.635.370,30

Umschuldung: EUR 4.000.000,00

Gesamtwert: EUR 21.355.370,30

 

Es ist zwar nicht sicher, dass die Antragstellerin zu 1 tatsächlich in dieser Höhe in Anspruch genommen wird. Der konkrete Umfang des Sanierungsbeitrags der Antragstellerin zu 1 hängt nämlich davon ab, wie viele Altaktionäre sich an der Kapitalerhöhung I-III beteiligen. Je höher der Umfang ist, in dem sich die Altaktionäre an der Kapitalerhöhung beteiligen, umso geringer fällt die Verpflichtung der Antragstellerin zu 1 aus den Backstop-Garantien zu I-III aus. Zudem kann sich die Antragstellerin zu 1 auch die anrechenbaren Drittleistungen auf ihre Sanierungsbeiträge anrechnen lassen. Die Antragsteller haben jedoch plausibel dargelegt, dass zu erwarten ist, dass sich nur wenige Aktionäre der Zielgesellschaft an den Kapitalerhöhungen I-III beteiligen und die Backstop-Garantien daher zum Tragen kommen. Zudem führt bereits die Backstop-Garantie als solches zu einem messbaren Vorteil für die Zielgesellschaft, da hierdurch die Kapitalerhöhung I vollständig und die Kapitalerhöhungen II und III zumindest teilweise abgesichert werden. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin zu 1 unabhängig von dem Verhalten der übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft in jedem Fall die ebenfalls liquiditätswirksamen Sanierungsbeiträge Wandlung bzw. Stundung-WS, Stundung und Umschuldung erbringt, die für sich genommen bereits einem Liquiditätsbeitrag von EUR 11.755.370,30 entsprechen.

Unschädlich ist, dass die Antragstellerin zu 1 die Verpflichtungsvereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen kündigen kann. Durch die Gestaltung der Nebenbestimmungen (vgl. nachstehend unter Ziffer III.) ist sichergestellt, dass die Antragstellerin zu 1 die Kontrolle nur erwirbt, wen sie eine unmittelbar vor dem erwarteten Kontrollerwerb bestehende Liquiditätslücke schließt und so jedenfalls die jeweils unmittelbar bevorstehende Zahlungsunfähigkeit der Zielgesellschaft beseitigt.

Der Sanierungsbeitrag der Antragstellerin zu 1 ist der Antragstellerin zu 2 zuzurechnen. Die Antragstellerin zu 2 nimmt über ihre 100%ige Beteiligung an der Antragstellerin zu 1 an den Risiken, welche die Antragstellerin zu 1 durch die Leistung ihres Sanierungsbeitrags eingeht, teil. Das Gleiche gilt entsprechend für die Antragstellerin zu 3. Auch der Antragsteller zu 4 trägt mittelbar die Risiken der Sanierungsbeiträge der Antragstellerin zu 1. Er ist selbst einer der Begünstigten der Antragstellerin zu 3. Außerdem steht ihm das alleinige Recht zu, den Kreis der Begünstigten der Antragstellerin zu 3 zu bestimmen. Wegen dieses Bestimmungsrechts sind ihm bei materieller Betrachtung die Erträge, die die Antragstellerin zu 3 erwirtschaftet aber eben auch das Risiko, dass entsprechende Erträge ausbleiben. allein zuzuordnen. Auch ihm ist daher der Sanierungsbeitrag der Antragstellerin zu 1 zuzurechnen.

5. Ermessensentscheidung

Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der BaFin. Bei einer Abwägung der Interessen der Antragsteller mit denen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft, die nach § 37 Abs. 1 WpÜG vorzunehmen ist, ist grundsätzlich bei Vorliegen eines Tatbestands des § 9 WpÜG-AV von einem Vorrang der Interessen der potentiellen Bieter auszugehen. Durch die Sanierung soll der Fortbestand der Zielgesellschaft gesichert werden, was im Interesse aller Aktionäre der Zielgesellschaft ist, die ansonsten die drohende Insolvenz der Zielgesellschaft zu gegenwärtigen hätten.

Da die Antragsteller im Rahmen der Sanierung durch die o.g. erheblichen Sanierungsbeiträge (vgl. vorstehend Ziffer 5) zum Fortbestand der Zielgesellschaft beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden, den Aktionären der Zielgesellschaft darüber hinaus ein Pflichtangebot zu unterbreiten, das die Antragsteller in einem erheblichen Umfang zusätzlich finanziell belasten würde. Ihre Leistungen sollen vorrangig der Zielgesellschaft und damit mittelbar auch deren Aktionären zu Gute kommen. Daher ist die Befreiung nach § 37 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV grundsätzlich - wenn auch unter Nebenbestimmungen - zu erteilen.

Entgegenstehende Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft, die auch unter Berücksichtigung der bereits in § 9 WpÜG-AV durch den Gesetzgeber vorweggenommenen Interessenabwägung besonderes Gewicht haben, sind - abgesehen von dem Interesse an der Gesundung der Zielgesellschaft teilzuhaben - nicht ersichtlich.

Die Aktienbeteiligungen der Aktionäre der Zielgesellschaft könnten zwar u.U. durch die beabsichtigten Kapitalerhöhungen verwässert werden. Insofern tragen die bisherigen Aktionäre der Zielgesellschaft einen Teil der in der Vergangenheit bei der Zielgesellschaft aufgelaufenen Verluste mittelbar über den Wertverlust ihres Aktienbesitzes mit. Da die Backstop-Garantien aber nur insoweit greifen, wie die übrigen Aktionäre von ihrem Bezugsrecht keinen Gebrauch gemacht haben, können diese insoweit die Verwässerung ihrer Beteiligung durch die Teilnahme an der Kapitalerhöhung vermeiden. Selbst diejenigen Aktionäre, die auf eine Ausübung ihres Bezugsrechts verzichten, würden aber von einer Sanierung der Zielgesellschaft profitieren, wenn diese gelingt. Insofern besteht auch für die übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft die Chance einer positiven Partizipation, welche geeignet ist, eine Ausnahme von der Angebotspflicht zu rechtfertigen.

III. Nebenbestimmungen

 

Nach § 36 Abs. 2 VwVfG darf die BaFin Verwaltungsakte, deren Erlass in ihrem Ermessen steht, mit Nebenbestimmungen, etwa Bedingungen (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG), Widerrufsvorbehalten (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG) und Auflagen versehen (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG).

Die vorliegende Befreiungsentscheidung steht gem. § 37 Abs. 1 WpÜG ("Die Bundesanstalt kann.") im Ermessen der BaFin und war mit den vorgesehenen Nebenstimmungen zu versehen, um sicherzustellen, dass die Antragsteller die Kontrolle über di Zielgesellschaft nur im Zusammenhang mit den in der Verpflichtungsvereinbarung zugesagten Sanierungsbeiträgen erlangen.

Zu diesem Zweck gilt die Befreiung zunächst nur für den Fall (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG), dass die Antragsteller im Zusammenhang mit einer der im Finanzierungskonzept vorgesehenen Kapitalmaßnahme (Kapitalerhöhung I-III, Wandlung oder Optionsausübung) die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen.

Durch die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Tenors dieses Bescheids wird sichergestellt, dass die Antragsteller nur dann die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen, wenn die Antragstellerin zu 1 ihre bis dahin nach der Verpflichtungsvereinbarung obliegenden Pflichten erfüllt hat. Dies stellt in Verbindung mit der nur unter bestimmten Bedingungen eintretenden Befreiungswirkung sicher, dass die Antragstellerin zu 1 nicht von ihren vertraglich vorgesehenen Kündigungsmöglichkeiten Gebrauch macht und danach dennoch die Kontrolle übe die Zielgesellschaft erlangt, ohne zur Abgabe eines Angebots verpflichtet zu sein. Solange die Antragsteller die Möglichkeit haben, die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erlangen, sind die daher verpflichtet, die Zielgesellschaft durch die Leistung der zugesagten Sanierungsbeiträge zu unterstützen. Andererseits steht ihnen die Möglichkeit offen, die Verpflichtungsvereinbarung für die Zukunft zu kündigen, insbesondere um nicht verpflichtet zu sein, der Zielgesellschaft erhebliche weitere finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, obwohl deren Sanierung aus Sicht der Antragsteller nicht mehr möglich erscheint.

Die Bedingungen und Widerrufsvorbehalte sind dabei auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Sie sind auf das für die Umsetzung des Sanierungskonzeptes zwingend notwendige Maß begrenzt. Die zeitlichen Vorgaben orientieren sich dabei am Sanierungsplan der Zielgesellschaft und ihrer Liquiditätsplanung. Soweit im Sanierungsplan einzelne Sanierungsmaßnahmen noch nicht abschließend terminiert sind, enthalten die zeitlichen Vorgaben einen gewissen Sicherheitszuschlag, um den Antragstellern und der Zielgesellschaft hinreichende Flexibilität bei der Umsetzung des Sanierungsplans einzuräumen.

Im Rahmen einer möglichen Entscheidung über einen Widerruf wären die Antragsteller zudem erneut zu hören und im Hinblick auf die Ermessensausübung wäre insbesondere zu prüfen, inwieweit die Antragsteller das Sanierungskonzept ordnungsgemäß betrieben haben. Auch mögliche alternative Sanierungsbeiträge wären im Rahmen dieser Ermessensausübung zu berücksichtigen.

Die unter Ziffer 3 des Tenors dieses Bescheids vorgesehenen Auflagen (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG) verpflichten die Antragsteller nachzuweisen, dass die Antragstellerin zu 1 die zugesagten Sanierungsbeiträge auch geleistet hat. Die Auflagen sind geeignet und erforderlich. Sie gewährleisten die Nachprüfung der Umsetzung des Sanierungskonzepts, um so das Überwiegen des Befreiungsinteresses der Antragsteller über die Interessen der übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft zu rechtfertigen. Da es sich lediglich um Informations- und Nachweispflichten handelt, für deren Erfüllung die Antragsteller jeweils einen Monat Zeit haben, sind die Auflagen auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

Es ist ausreichend, wenn die Sanierungsmaßnahmen durch einen der Antragsteller nachgewiesen werden.

Bei einem Verstoß gegen die Auflagen kann die Befreiungsentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwVfG widerrufen werden.


19.06.2020 CET/CEST Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche Meldepflichten, Corporate News/Finanznachrichten und Pressemitteilungen.
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