Muttenz (awp) - Clariant und der saudische Grossaktionär Sabic beenden ihre offizielle Zusammenarbeit. Das sogenannte "Management Agreement", das vor vier Jahren geschlossen wurde, läuft in gut einem Monat aus. Das löst Spekulationen aus.

Die Abmachungen zwischen Clariant und Sabic gelten nur noch bis zur Generalversammlung vom 24. Juni 2022, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Danach seien die beiden Unternehmen auch keine Gruppe mehr, was die Stimmrechte angehe. Auch weitere regulatorische Beschränkungen fielen weg. Mit anderen Worten: Sabic ist dann ein normaler Grossaktionär und kann schalten und walten wie er will.

Rund um Clariant und Sabic gab es in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder Gerüchte, die von einer vollständigen Übernahme durch die Saudis bis hin zu einem Verkauf von deren Clariant-Anteile reichten. Laut den letzten verfügbaren Angaben besitzt Sabic knapp ein Drittel an Clariant.

VRP hofft auf Unterstützung

Die Marktspekulationen könnten nun wieder ins Kraut schiessen. Das vermuten auch verschiedene Analysten, wie aus ersten Kommentaren hervorgeht. Denn die aktuelle Beteiligung von Sabic sei nahe an der Schwelle, welche ein Übernahmeangebot auslösen würde. Zudem geisterten nach wie vor Ideen herum, den Konzern aufzuspalten - weil es Fragezeichen zum Portfolio gebe.

An der Börse sorgen die News im frühen Handel für einen Kurssprung.

Clariant werde die Strategie, welche im vergangenen Spätherbst vorgestellt wurde, weiter vorantreiben, hielt derweil das Unternehmen im Communiqué fest. Darin wurden auch die Mittelfristziele bestätigt. Und Verwaltungsratspräsident Günter von Au liess sich so zitieren: "Wir sind zuversichtlich, dass uns Sabic in dem über die Jahre aufgebauten Geist unterstützen wird."

Ursprünglich weisser Ritter

Sabic war bei Clariant ursprünglich als "Weisser Ritter" eingestiegen und hatte ein 25-Prozent-Paket des aktivistischen Investors White Tale übernommen. Mit diesem hatten sich die Muttenzer zuvor wegen der gescheiterten Fusion mit dem US-Konkurrenten Huntsman überworfen.

Mit der dann 2018 geschlossenen Vereinbarung wurde die Stellung von Sabic als strategischer Ankeraktionär explizit bestätigt und gleichzeitig die Unabhängigkeit von Clariant als börsenkotiertes Unternehmen unter Schweizer Corporate Governance definiert. Ausserdem wurden den Saudis Sitze im Verwaltungsrat zugesichert. Und sie durften den CEO stellen, der dann aber bereits im Sommer 2019 wieder zurücktrat.

Die weitere Zusammenarbeit gestaltete sich jedoch schwierig. So wurde insbesondere die geplante Schaffung eines Gemeinschaftsunternehmens nicht realisiert, weil man sich über die Bewertung der Unternehmensteile nicht einig wurde. Zudem gab es Anfang 2021 eine Auseinandersetzung um den Verwaltungsratspräsidenten Hariolf Kottmann, der sich in der Folge zurückzog.

Clariant stellte sich in den vergangenen Jahren gleichwohl neu auf. Die Baselbieter trennten sich mit den Bereichen Masterbatches (Farbgranulate), Pigmente und Pharmaverpackungen von einem Drittel des Geschäfts. Die Idee dahinter war, sich auf profitablere Bereiche zu fokussieren.

Daten für Abschlüsse liegen vor

Ausserdem gab das Unternehmen am Dienstag bekannt, wann endlich der Jahresabschluss 2021 (19. Mai) sowie der Q1-Abschluss 2022 (15. Juni) vorgelegt werden sollen. Diese hatten sich verzögert, weil Whistleblower auf Fehler in der Bilanzierung hingewiesen hatten. Ende April schloss der Spezialchemiekonzern die Untersuchung ab.

Endgültige Zahlen legte das Unternehmen damals zwar noch nicht vor, die vorläufigen Ergebnisse zeigten aber einen Umsatz- und Ergebnisanstieg im vergangenen Jahr. Zudem wurde damals betont, dass der Start in das neue Jahr geglückt sei.

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