Von Jinjoo Lee

NEW YORK (Dow Jones)--Die überschwängliche Begeisterung für Technologieaktien weckt Erinnerungen an die neunziger Jahre. Auch Ölinvestoren erleben jetzt ihr eigenes Déjà Vu.

Exxonmobil und Chevron, die beiden größten Nachfahren von Rockefellers Standard Oil-Monopol, diskutierten letztes Jahr über eine mögliche Fusion. So berichtete es das Wall Street Journal am Sonntag. Dennoch bewegten sich die Aktien der Unternehmen am Montagmorgen kaum. Anscheinend ist die Skepsis zu groß, dass ein solcher Deal tatsächlich zustande kommen kann.

Ein Zusammenschluss wäre die größte Unternehmensfusion aller Zeiten. So übertrieben das auch klingen mag, ausgeschlossen ist es nicht. Die heutigen Bedingungen am Ölmarkt ähneln denen, die den Mega-Mergers der Ölindustrie ab Ende der neunziger Jahre Vorschub leisteten. Damals führte die asiatische Finanzkrise zu einem plötzlichen Zusammenbruch des globalen Wachstums und der Ölnachfrage. Das daraus resultierende Überangebot schwächte die Energieriesen erheblich, zwang zu Kostensenkungen und ebnete den Weg für große Fusionen. Was damals die asiatische Krise war, heißt heute Covid-19.

Es war 1999, als Exxon und Mobil vor diesem Hintergrund mit ihrer Fusion den Anfang machten. Exxon war die Nummer eins, Mobil die Nummer zwei in den USA. Chevrons Hochzeit mit Texaco im Jahr 2001 brachte die damaligen Nummern zwei und drei zusammen.

Gemeinsam würden Exxon und Chevron etwa 4,3 Prozent der weltweiten Ölnachfrage befriedigen. Das wäre nur ein Prozentpunkt mehr als der Anteil von Exxonmobil ein Jahr nach ihrer Fusion.

Wie nah ein Deal von Exxonmobil und Chevron an der Realisierung ist, lässt sich von außen nicht beurteilen. Abgesehen von kartellrechtlichen Bedenken könnten Anleger von Chevron vorsichtig sein, weil auch Wertpapieraufsichtsbehörden und aktivistische Investoren dem Ganzen noch einen Strich durch die Rechnung machen könnten.

Allein schon die Nachricht ist jedoch ein klares Indiz dafür, wie geschwächt die Energiemärkte sind. Ein Zusammenschluss würde mindestens vier Teile von Standard Oil wieder vereinen. Auf dem Höhepunkt seiner Dominanz kontrollierte Standard Oil 95 Prozent der Raffinerien in den USA. Das war lange bevor irgendjemand erkannte, dass es in Ländern wie Saudi-Arabien, Iran und Venezuela riesige Erdölvorkommen gibt. Und es war Jahrzehnte, bevor mehrheitlich staatliche Unternehmen zum echten "Big Oil" wurden.

Die bloße Tatsache, dass ExxonMobil und Chevron nun das einst Undenkbare in Betracht ziehen, zeigt, dass die enormen Herausforderungen des Ölmarktes verstanden wurden.

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February 02, 2021 03:16 ET (08:16 GMT)