Von Carol Ryan

NEW YORK (Dow Jones)--Auch jenseits der ausgetretenen Pfade in den Geschäften suchen die Amerikaner nach Schnäppchen. Das bringt die großen Tabakkonzerne in die Bredouille: Wenn Sie weiterhin ihre Gewinnspanne sichern wollen, riskieren sie den Verlust von Rauchern an Billigmarken.

British American Tobacco informierte Investoren am Donnerstag zur aktuellen Situation des Handels und teilte dabei mit, dass mehr US-Raucher auf preisgünstige Zigaretten umsteigen. Auf denselben Trend wies auch der Marlboro-Hersteller Altria bei der Vorlage seiner Ergebnisse für das dritte Quartal hin.

Der Tabakabsatz hat sich in früheren Konjunkturabschwüngen als widerstandsfähig erwiesen. Dennoch reagieren Raucher sensibel auf die Inflation, da sie statistisch gesehen ein geringeres Einkommen als der Durchschnittsverbraucher haben. In den USA liegt die Raucherprävalenz bei Personen mit einem Jahreseinkommen von weniger als 35.000 US-Dollar bei etwa 21 Prozent, während sie bei Personen mit einem Einkommen von mehr als 100.000 US-Dollar nur 7 Prozent beträgt.

Die Benzinkosten sind seit ihrem Hoch im Sommer gefallen. Das kommt der Tabakindustrie gelegen, da die Preise an der Zapfsäule einen großen Einfluss auf die Menge der in den USA verkauften Zigaretten haben. Steigende Lebensmittel- und Wohnkosten zwingen die Raucher jedoch dazu, neue Wege zu finden, um Geld zu sparen. Günstigere Tabakmarken konnten ihren Anteil am US-Zigarettenmarkt im dritten Quartal 2022 auf 27,1 Prozent steigern. Das waren 1,8 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr.

Die großen Tabakkonzerne BAT und Altria haben eine Reihe von Marken in ihren Portfolios, mit denen sie unterschiedliche Einkommensgruppen ansprechen können. Im Durchschnitt kosten die Newport-Zigaretten von BAT etwa 8 US-Dollar pro Packung, während die Marke Lucky Strike eher bei 5 US-Dollar liegt. Zwischen den einzelnen Bundesstaaten schwanken die Preise zum Teil erheblich wegen unterschiedlich hoher Steuern.

Insgesamt aber müssen die Konzerne auf Preisunterschiede achten, die sich gegenüber kleineren Konkurrenten auftun. Im dritten Quartal kostete eine Packung Marlboro 8,32 US-Dollar und war damit laut Altria 40 Prozent teurer als der billigste Konkurrent. Vor drei Jahren lag dieser Preisaufschlag noch bei 31 Prozent.

Der Trend begünstigt kleinere Anbieter wie die in New York notierte Vector Group. Im dritten Quartal verkaufte das Unternehmen, das die Discountmarke Montego produziert, 30 Prozent mehr Zigaretten als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass sich der koreanische Konkurrent KT&G komplett aus dem US-Markt zurückgezogen hat. Auch der rückläufige Handel hat zu Verschiebungen geführt. Imperial Brands, das in den USA über ein großes Portfolio an Discount-Zigarettenmarken verfügt, hat ebenfalls Marktanteile hinzugewonnen.

Die Vector Gruppe besitzt einen Vorteil, gegen den sich die großen Tabakkonzerne kaum wehren können. Die großen Zigarettenhersteller müssen jedes Jahr Milliarden von US-Dollar im Rahmen des 1998 geschlossenen Rahmenvertrags zur Beilegung des Tabakstreits (Tobacco Master Settlement Agreement) zahlen, der die Bundesstaaten für die mit dem Rauchen verbundenen Gesundheitskosten entschädigt. Etwa ein Drittel des Tabak-Geschäfts der Vector Gruppe ist von dem MSA ausgenommen, da sie einen relativ kleinen Marktanteil hat. Dies hilft ihr, die Preise niedrig zu halten.

BAT und Altria hingegen müssen in ihren angestammten Zigarettengeschäften hohe Gewinne einfahren, damit sie teure Investitionen in weniger schädliche Produkte wie Vape-Pens und erhitzte Tabaksticks finanzieren können. Sich auf einen Preiskrieg einzulassen wäre gefährlich und könnte die Gewinne aufzehren. Aber auch ein Verlust von Umsatz, kann nicht das sein, was sie wollen. Es wird schwierig werden, zwischen all den Interessen und Zwängen ein Gleichgewicht herzustellen.

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December 09, 2022 07:47 ET (12:47 GMT)