Berlin (Reuters) - Kanzler Friedrich Merz hat der Pharma-Branche zugesagt, dass die Regierung den "Flaschenhals" bei der Entwicklung neuer Produkte beseitigen wird.

Der Gesundheitssektor sei "Wachstumsmotor und Wohlstandstreiber", sagte Merz am Dienstag in Berlin bei der Verleihung des Deutschen Nationalpreises an die beiden BioNTech-Gründer Özlem Türeci und Ugur Sahin. Beide würden seit langem fordern, die Routinen in Deutschland und Europa bei der Arzneimittelentwicklung zu modernisieren. "Wir werden unsere Kraft darauf ausrichten, diesen Flaschenhals zu beseitigen", versprach Merz. Deutschland sei bei der Spitzenforschung gut, müsse aber auch den Patenten auf Medikamente, bei Behandlungsmethoden und Medizintechnik schneller werden.

Türeci und Sahin hätten den Corona-Impfstoff auf Basis der mRNA-Technologie in nur einem Jahr entwickelt, sagte der Kanzler. Sie seien damit Vorbild für die richtige Einstellung in einer Gesellschaft, in der der Fortschrittsoptimismus manchmal erschöpft sei. Man müsse gegen einen "neuen Fatalismus" ankämpfen. Auch über Krieg und Umbrüche in den Gesellschaftsordnungen werde gesprochen wie früher über Seuchen - "als Unvermeidlichkeit, als unentrinnbares Schicksal, als historisches Gesetz". Das sei falsch, sagte der Kanzler und verwies darauf, dass sich BioNTech auch den Kampf gegen Krebs auf die Fahnen geschrieben habe. Sie seien immer wieder bereit gewesen, "ins Unbekannte aufzubrechen" und Risiken einzugehen.

Der Kanzler kritisierte erneut, dass die Kapitalmarktunion in der EU noch nicht so weit entwickelt sei, dass sich BioNTech für ihren Börsengang für New York entschieden habe. Er strebe an, dass solche Börsengänge in Zukunft in Deutschland oder Europa möglich würden.

Zuletzt hatte BioNTech mit dem US-Konzern Bristol Myers Squibb eine milliardenschwere Vereinbarung geschlossen, um eine Krebsimmuntherapie zu entwickeln.

MERZ: GEGNER VON ZUWANDERUNG GEFÄHRDEN FORTSCHRITTSMOTOR

Merz mahnte, dass die BioNTech-Gründer als Kinder türkischer Einwanderer Beispiele für den Bildungserfolg von Immigranten seien. "Ich will in einem Deutschland leben, in dem Begabungen ohne Ansehung der sozialen oder ethnischen Herkunft nach Kräften gefördert werden", betonte er. Dies sei nötig als Wachstumstreiber für die Volkswirtschaft, "vor allem (aber), weil es hier um das zentrale Versprechen geht, aus dem sich erst die Strahlkraft einer freiheitlichen Gesellschaft entwickeln kann, das Versprechen nämlich, dass jede, dass jeder sich mit seinen Talenten und seinen Fähigkeiten frei entfalten kann", betonte der Kanzler.

Er warnte ausdrücklich vor Gegnern der Zuwanderung. "Wir brauchen als Volkswirtschaft qualifizierte Zuwanderung", sagte er. "Ideologien, die das infrage stellen, gefährden nicht nur den Wohlstand unseres Landes", sagte Merz. "Viel schlimmer noch: Sie gefährden in ihrer Engstirnigkeit die Zukunft unserer freiheitlichen Ordnung".

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)