- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz und Vera Eckert

Der Energiekonzern RWE will nach den Worten seines Finanzchefs mit den Einnahmen aus der Kapitalerhöhung sein Ökostromgeschäft schneller und stärker ausbauen.

In den boomenden Markt drängen verstärkt zahlungskräftige Ölkonzerne. "Das Umfeld ist positiver als zu Anfang des Jahres. Deshalb sind wir zuversichtlich, dass wir mehr Wachstum generieren können. Das war ein Grund für die Kapitalerhöhung", sagte Finanzchef Markus Krebber am Mittwoch in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "Aus unserer bestehenden Pipeline wollen wir noch mehr Projekte als bisher geplant realisieren." RWE habe auch kleinere Zukäufe im Blick - allerdings nicht in der Größenordnung wie zuletzt beim Nordex-Deal.

RWE hatte durch die Kapitalerhöhung zwei Milliarden Euro eingesammelt. Damit stehen ihm nun rund sieben Milliarden Euro für den Ausbau des Ökostromgeschäfts zur Verfügung. Der früher stark auf Atom- und Kohlekraftwerke fokussierte Versorger wandelt sich derzeit zu einem der größten Ökostromkonzerne Europas. Erst kürzlich hatte er vom Windturbinenhersteller Nordex für rund 400 Millionen Euro eine große Projektpipeline übernommen.

Neben Europa und Nordamerika richtet sich der Blick auch nach Japan, Korea oder Taiwan. Derzeit verfügt RWE über Ökostromanlagen mit einer Kapazität von knapp neun Gigawatt. Nach den bisherigen Plänen sollte die Flotte bis Ende 2022 auf 13 Gigawatt ausgebaut werden. RWE traue sich nun mehr zu, sagte Krebber.

KREBBER ÜBERNIMMT 2021 DAS RUDER - KEINE ANGST VOR "BIG OIL"

Auf den Vorstoß großer Ölfirmen wie BP in den Markt reagiert Krebber gelassen. "Ich mache mir keine Sorgen um den wachsenden Wettbewerb. Wenn andere in dem Bereich mitmachen wollen, ist das ein Beweis dafür, dass auch andere Unternehmen unseren Sektor als attraktiv ansehen." Experten rechnen damit, dass es in dem boomenden Markt zu einer Konsolidierung kommen wird. Die Preise würden angesichts der großen Nachfrage nach Projekten wohl anziehen.

In der Pipeline hat RWE nun Projekte in einer Größenordnung von knapp 25 Gigawatt, darunter vor allem Solar- und Windenergie an Land und auf dem Meer. Die zwei Milliarden Euro aus der Kapitalerhöhung kämen zu den bislang geplanten fünf Milliarden Euro an Investitionen hinzu. "Wir werden das aber nicht alles bis Ende 2022 ausgeben können, denn die Realisierung von Projekten braucht Zeit. Ein Teil ist deshalb für die Zeit danach." Neue Ziele werde sich RWE wohl im zweiten Halbjahr 2021 setzen. "Wir werden bis 2022 allein aus der Nordex-Pipline rund 200 Megawatt mehr bauen."

Der 47-Jährige Manager ist seit 2016 Finanzvorstand des Essener Traditionskonzerns. Er soll im kommenden Jahr die Nachfolge von Vorstandschef Rolf Martin Schmitz antreten. Krebber treibt schon jetzt das Ökostromgeschäft voran. "Wir erwarten, dass wir in Nordamerika weiter signifikant investieren, da teilweise Fördermechanismen verlängert wurden." Auch in Europa werde es etwas mehr. "Wir haben kein Interesse, im großen Umfang in Betrieb befindliche Anlage zu übernehmen. Unser Geschäftsmodell ist es, zu entwickeln, zu bauen und zu betreiben."