(Neu: Wissing zu deutschen Vorschlägen, 6. Absatz; Habeck, 7. Absatz.)

BERLIN (dpa-AFX) - Im Streit um die Zukunft von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zeigt sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing zuversichtlich, dass es nun zu einer gangbaren Lösung kommt. Der FDP-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur, man habe sich eng mit der EU-Kommission beraten und ihr nach sorgfältiger Prüfung einen konstruktiven Lösungsvorschlag übermittelt. "Wir gehen davon aus, dass damit nicht nur alle inhaltlichen, sondern auch die rechtlichen Fragen hinreichend beantwortet sind."

Wissing fügte hinzu: "Der Genehmigung von neuzugelassenen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden, sollte damit auch nach 2035 nichts mehr im Wege stehen." Man erwarte nun, dass die EU-Kommission eine entsprechende Erklärung abgebe, klare zeitliche Zielmarken nenne und den Prozess für entsprechende Rechtsakte in Gang setze. Von einem Masseneinsatz sind E-Fuels derzeit noch weit entfernt.

Das Ministerium hatte am Donnerstagabend ein Antwortschreiben zu jüngsten Lösungsvorschlägen der EU-Kommission nach Brüssel geschickt. Die Vorschläge der EU-Kommission waren zu Wochenbeginn bekanntgeworden. Demnach definierte die Behörde in einem Entwurf Kriterien für die Zulassung neuer Fahrzeuge, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden.

Hintergrund ist eine grundsätzliche Einigung von Europaparlament und EU-Staaten, wonach in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Deutschland dringt aber darauf, auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zuzulassen, die E-Fuels tanken

- also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt

werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert.

Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte sich zuversichtlich, dass in dem Streit schnell eine Lösung gefunden wird. "Zeit ist in diesem Fall von entscheidender Bedeutung", sagte sie am Donnerstagabend nach dem ersten Tag eines EU-Gipfels in Brüssel. Das Vorhaben sei eine wichtige Säule, um die EU-Klimaziele zu erreichen. "Und deshalb intensivieren wir die Gespräche, und ich bin zuversichtlich, dass wir bald eine gute Lösung finden werden."

Wissing sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) mit Blick auf das Schreiben an die EU-Kommission: "Unser Vorschlag eröffnet E-Fuels-only-Fahrzeugen eine klare Entwicklungsperspektive, weshalb wir mit Nachdruck daran festhalten." Zu den vorgeschlagenen Punkten zähle ein "Bekenntnis zur Technologieneutralität durch die Kommission und Verankerung dieses Prinzips in der Flottengrenzwertregulierung". Zudem solle sofort eine Fahrzeugkategorie für ausschließlich mit E-Fuels betriebene Wagen geschaffen werden, damit diese unverzüglich im europäischen Recht verankert würden. Geschaffen werden solle auch eine "sofortige Zulassungsmöglichkeit dieser Fahrzeuge".

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck geht von einer Lösung mit der EU-Kommission aus. Der Grünen-Politiker sagte am Freitag in Kopenhagen, es sei sein Verständnis, dass es eine Einigung gebe. Dies wären gute Nachrichten. Der Streit habe zu lange gedauert. Eine Einigung wäre sehr hilfreich auch für den Koalitionsausschuss am Sonntag, so Habeck. Er hoffe, er liege richtig in der Interpretation.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte im ZDF-"Morgenmagazin": "Dieser Streit ist erst vom Tisch, wenn die EU-Kommission eine ganz klare rechtliche Vorgabe auf den Tisch legt, dass nach 2035 Verbrenner mit E-Fuels, mit sogenannten synthetischen Kraftstoffen, möglich sind." Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die deutsche Position zuvor gegen Kritik europäischer Partner verteidigt. "Es gibt eine klare Verständigung in Europa", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag beim EU-Gipfel. Dazu gehöre, dass die EU-Kommission einen Vorschlag mache, wie auch nach 2035 ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels betriebene Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden können.

Bei der Grundsatzeinigung im Herbst hatte Deutschland einen Zusatz in das Abkommen verhandelt, wonach die EU-Kommission einen Vorschlag vorlegen soll, wie nach 2035 Fahrzeuge zugelassen werden können, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden. In der EU-Kommission las man den entsprechenden Absatz stets so, dass davon Sonderfahrzeuge wie Kranken- oder Feuerwehrwagen betroffen sein sollen. Nach Berliner Lesart soll die E-Fuel-Ausnahme dagegen für alle Fahrzeuge gelten./sku/sam/mjm/hoe/DP/mis