Dingolfing. Mehr Software, weniger Stahl: Im BMW Group Werk Dingolfing sorgt ein modulares Fertigungssystem von Fahrwerkskomponenten für noch mehr Flexibilität in der Produktion unterschiedlicher Fahrzeugvarianten. Das hat auch für die Umwelt Vorteile.

Ob vollelektrisch, Hybrid oder klassischer Verbrenner, ob Allrad oder Heckantrieb: Im Komponentenwerk 02.10 des BMW Group Standorts Dingolfing laufen künftig alle Achsträger für die verschiedenen Antriebsvarianten über dieselbe Produktionslinie. Modulare Fertigung heißt der Schlüssel, mit dem das Werk nicht nur die unterschiedlichsten Kundenanforderungen und die stetig wachsende Nachfrage nach elektrifizierten Modellen bedienen kann, sondern auch einen weiteren Sprung in Sachen Nachhaltigkeit macht. Nachdem das innovative Produktionssystem bereits seit 2019 Teilumfänge der Achsfertigung mit großem Erfolg abdeckt, kommt es mit dem neuen BMW 7er jetzt vollumfänglich zum Einsatz.

LEAN. Ob beim klassischen BMW 3er, den vollelektrischen Modellen BMW i4 und iX oder bei der BMW 7 Reihe in all ihren Antriebsvarianten: Mit dem neuen System produziert das Dingolfinger Werk 2.10 hochflexibel und effizient alle Achsträger einer Baureihe unabhängig von der Antriebsart jeweils innerhalb einer Fertigungslinie. Statt die Komponenten also wie bisher nacheinander in einer Art Verkettung der Einzelschritte zu bauen, kann jetzt auch die Produktion mehrerer Varianten parallel erfolgen. Die Aufteilung der Module erinnert dabei an ein Fischgrätmuster, denn die Komponenten werden über eine zentrale Mittelachse zum nächsten Arbeitsschritt in die jeweils rechts und links befindlichen Schweißstationen transportiert. Digital gesteuert, kommen sie so immer direkt in die nächste freie Station, die für den derivatspezifischen Folgeprozess die Richtige ist. Wartezeiten entfallen, weil nicht mehr die zeitintensivste Variante den Takt für alle Folgekomponenten vorgibt. Das steigert die Flexibilität bei der Volumenplanung für die jeweiligen Derivate und erleichtert auch die Integration neuer Varianten in bestehende Produktionsprozesse, weil bei Bedarf nur einzelne Stationen ausgetauscht oder angepasst werden müssen. Auch lässt sich das Produktionsvolumen bzw. der "Durchsatz" durch das Hinzufügen weiterer Arbeitsstationen einfach skalieren.

DIGITAL. Ein weiterer Vorteil der modularen Achsträgerfertigung: Sie setzt auf flexible Automatisierung anstelle von statischen Vorrichtungen. In dem neuen System positionieren Roboter die Bauteile für die einzelnen Prozessschritte. So greifen und halten beispielsweise zwei Roboter die benötigten Teile und bringen sie zehntelmillimetergenau in die richtige Position, ein Dritter schweißt sie zusammen. Das erleichtert auch den Wechsel zwischen unterschiedlichen Fahrzeugderivaten, da die Greifersysteme der Roboter unterschiedliche Teile aufnehmen und positionieren können. Statt eines aufwändigen Umbaus von tonnenschweren Stahlvorrichtungen ist nur noch eine Umstellung im Roboterprogramm erforderlich. "Damit können wir kurzfristig auf veränderte Marktbedarfe oder regulatorische Anforderungen reagieren - und im laufenden Betrieb den Mix der gefertigten Varianten verändern. Das verschafft uns eine extrem hohe Flexibilität und wir lasten unsere Produktionskapazitäten optimal aus", erläutert Marc Sielemann, Leiter BMW Group Einkauf, Qualität und Produktion für Antrieb, Fahrwerk und Bremsen. Gleichzeitig fördert das innovative Fertigungssystem durch die intelligente Verknüpfung verschiedenster Fertigungsdaten und Prozessparametern die weitere Digitalisierung in der gesamten Produktion.

GREEN. Mehr Software als Stahl - das wirkt sich auch positiv für die Umwelt aus. 25 Tonnen Stahl im Jahr spart allein die Tatsache, dass die bisherigen 1,25 Tonnen schweren Stahlvorrichtungen durch flexible Greifersysteme ersetzt werden. Die neuen Greifer-Vorrichtungen sind etwa eine Tonne leichter, in Emissionen umgerechnet bedeutet das rund 37,5 Tonnen weniger CO2-Ausstoß. Außerdem sind die Robotergreifer vielfältig und längerfristig einsetzbar, sie passen auch nach Modellwechseln noch und steigern so zusätzlich die Nachhaltigkeit der Produktion. Neben dem sinkenden Materialeinsatz bringt auch die Umstellung der bisher pneumatisch betriebenen Schweißstationen auf die nun vollelektrischen Systeme ein ökologisches Plus: Der Verzicht auf die Druckluft beim Handling der Achsträger senkt den Energiebedarf des Prozesses um über 90 Prozent von rund 18.000 Kilowattstunden auf ca. 900 Kilowattstunden im Jahr. Das entspricht in etwa der Differenz des jährlichen Energieverbrauches von vier vierköpfigen Familien in Einfamilienhäusern zu einer alleinlebenden Person mit kleiner Wohnung.

Zukunftsfähig für sichere Arbeitsplätze

Doch nicht nur steigende Flexibilität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit machen die Vorteile des neuen Systems aus. Alles in Allem sinken auch die notwendigen Investitionen um rund ein Fünftel im Vergleich zu herkömmlichen Fertigungssystemen. Außerdem zeigt die Innovation, dass das Werk mit seiner Inhouse-Komponentenfertigung die Transformation in Richtung Elektromobilität erfolgreich meistert und somit auch Arbeitsplätze am Standort Dingolfing sichert. Denn: Bei Neuvergaben von Komponenten steht die Inhouse-Komponentenfertigung der BMW Group stets im direkten Wettbewerb mit dem externen Lieferantenmarkt. Sie muss sich - jedes Mal erneut - betriebswirtschaftlich, qualitativ sowie durch innovative Konzeptideen beweisen. "Perspektivisch", so Marc Sielemann, "wollen wir dieses neue modulare Fertigungssystem daher auch an anderen Standorten und für weitere Umfänge unserer hausinternen Komponentenfertigung einsetzen."

Attachments

  • Original Link
  • Original Document
  • Permalink

Disclaimer

BMW - Bayerische Motoren Werke AG published this content on 30 September 2022 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 30 September 2022 08:03:03 UTC.