In den ersten beiden Verhandlungsetappen sei über die Vier-Prozent-Forderung der Gewerkschaft kein Wort gesprochen worden, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann am Donnerstag bei der Jahrespressekonferenz der Gewerkschaft in Frankfurt. "Sie agieren mit Gegenforderungen, die allein auf Kostensenkung und Abbau von Tarifrechten zielen", ergänzte er. "Es ist der billige Versuch, die Krise zur eigenen Vorteilnahme zu nutzen." Die IG Metall plant einen bundesweiten Aktionstag am 1. März, an dem sie mit Protesten - unter Einhaltung aller Schutzvorkehrungen gegen Corona - Druck machen will.

Einen Tarifabschluss vor diesem Datum, an dem die Friedenspflicht endet, hält Hofmann für unwahrscheinlich. "Ob die Blockadehaltung in vier Wochen überwindbar ist, da habe ich meine Zweifel." Bei einer Einigung würde der Aktionstag abgesagt.

Die Gewerkschaft fordert für die mit rund 3,8 Millionen Beschäftigten größte deutsche Industrie vier Prozent mehr Geld bei einem Jahr Laufzeit. Das Volumen soll wahlweise für höhere Löhne genutzt werden oder für einen teilweisen Lohnausgleich bei Arbeitszeitverkürzung, die in der Corona-Krise Jobs sichern könnte. Zudem geht es um einen Rahmen für Vereinbarungen auf Betriebsebene, mit denen Unternehmen den Umbruch zu Klimaschutz und Digitalisierung bewältigen sollen, ohne massenhaft Personal abzubauen. Hier gab es zumindest bei den Tarifparteien im Bezirk Nordrhein-Westfallen Fortschritte. Ob NRW deshalb auch den Pilotabschluss für alle Bezirke schafft, ist Hofmann zufolge aber noch nicht abzusehen.

Die Corona-Krise sorgt nicht nur für Druck der Arbeitgeber am Verhandlungstisch, sondern machte sich auch bei der Mitgliederentwicklung der weltweit größten Einzelgewerkschaft bemerkbar. Sie sank um zwei Prozent auf 2,21 Millionen Personen. "Die Austritte hielten sich in Grenzen, die Bindung der Mitglieder hat in der Krise eher zugenommen", sagte Hofmann. Doch in der Metall- und Elektroindustrie seien drei Prozent der Arbeitsplätze, rund 120.000 Stellen, abgebaut worden. Zehntausende Leiharbeitnehmer hätten ihre Jobs verloren. Das bekomme die IG Metall zu spüren. Die Mitgliedergewinnung sei durch den Wegfall von Präsenzveranstaltungen und das Verschwinden eines großen Teils der Beschäftigten ins Home-Office schwieriger.

Die Beitragseinnahmen sanken um sieben Millionen auf 591 Millionen Euro. Damit habe die IG Metall genug Rücklagen, um Lohnersatz bei Streiks zu zahlen, erklärte Hauptkassierer Jürgen Kerner. "Keine politische Aktion, kein Streik wird an den Finanzen scheitern."