BMW-Finanzchef Nicolas Peter sagte am Dienstag auf der Automesse in Shanghai, er gehe davon aus, in diesem Jahr bei einem stagnierenden Markt in China den Absatz zwischen fünf und zehn Prozent steigern zu können. Im ersten Quartal sei der Absatz des Münchener Autobauers dort um mehr als zehn Prozent gewachsen. "Wir haben die Margen gut halten können", fügte er hinzu. Auch Daimler konnte nach Aussage von China-Chef Hubertus Troska dank der Nachfrage nach Oberklasseautos wie der Mercedes S-Klasse und deren Luxusversion Maybach den Absatz im ersten Quartal steigern - und zwar um drei Prozent. "Ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir ein positives Momentum sehen werden", sagte Troska zum chinesischen Automarkt.

Etwas vorsichtiger äußerte sich der Branchenverband VDA: Sollte der Handelsstreit zwischen den USA und China gelöst werden, rechne man für das Gesamtjahr mit einer stabilen Entwicklung, teilte der Verband der Automobilindustrie anlässlich der Messe mit. "Doch wir gehen davon aus, dass der chinesische Pkw-Markt mittelfristig wieder wachsen wird, das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft."

Bei reichen Chinesen sind Luxusautos stark gefragt. Allein von der Mercedes-Maybach S-Klasse, deren Basisversion schon weit über Einhunderttausend Euro kostet, verkaufen die Stuttgarter im Schnitt 600 Stück im Monat. Treiber des Absatzes in China aber sind kleinere Fahrzeuge, Geschäftswagen und SUV. BMW etwa punktet sowohl mit dem Mittelklassewagen 3er und dem bei Geschäftsleuten gefragten 5er als auch mit den kleineren Geländewagen X1 und X3. Auch im Reich der Mitte steigt der Anteil der SUV auf den Straßen stetig.

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Zugleich nimmt die Konkurrenz lokaler Hersteller zu. Während Autobauer aus Europa beispielsweise auf den von chinesischen Kunden oft verlangten längeren Radstand und eine höhere Motorisierung setzten, entwickelten chinesische Unternehmen und Start-ups radikal neue Fahrzeugkonzepte und Lifestyleelemente, erläutert Thomas Luk, Autoexperte der Unternehmensberatung A.T. Kerney. Er warnt die deutschen Hersteller davor, die Entwicklung zu verschlafen: "Wer heute noch als Premium und Statussymbol in China gilt, kann morgen schon Ladenhüter sein, denn vor allem für die aufstrebenden chinesischen Millennials ist der Markenname allein kein Kaufgrund mehr."

China ist für die deutschen Autobauer der wichtigste Einzelmarkt. Dank der über mehrere Jahre hinweg gestiegenen Pkw-Nachfrage haben die Hersteller und ihre Lieferanten in der Volksrepublik gut verdient. Zuletzt nahmen die Sorgen allerdings zu, weil der Wachstumsmotor China ins Stottern geriet. Im März war der Pkw-Markt den neunten Monat in Folge geschrumpft, vor allem, weil die Chinesen im Handelsstreit mit den USA größere Anschaffungen scheuten. Nun hofft die Branche, dass die niedrigere Mehrwertsteuer die Nachfrage in Schwung bringen wird. Der chinesische Autoverband erwartet eine Trendwende im Sommer. Am Montag hatte Volkswagen schon Anzeichen für eine Besserung ausgemacht: "Wir sehen eine Belebung im April in China", hatte Marken-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann gesagt.

Im Mittelpunkt der Messe in der Hafenmetropole Shanghai stehen Elektroautos. In keinem anderen Land werden mehr E-Autos neu zugelassen. Im vergangenen Jahr waren es Branchenangaben zufolge rund 1,1 Millionen, ein Plus von gut 80 Prozent zum Vorjahr. Drei Viertel der Neuzulassungen waren demnach rein batteriegetriebene Wagen. Der Elektroanteil am chinesischen Pkw-Markt lag damit bei 4,5 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Anteil trotz hoher Zuwachsraten zuletzt bei 1,9 Prozent.