- von Jörn Poltz

Die Corona-Krise mit monatelangen Produktionsstopps und Absatzeinbrüchen trifft BMW schwerer als erwartet.

Der Autobauer rechnet in diesem Jahr mit einem noch stärkeren Gewinneinbruch als bisher und reagiert darauf mit einem Stellenabbau und dem Aufschub von Investitionen. "Wir bereiten uns darauf vor, dass unser Geschäft noch lange beeinträchtigt sein wird", sagte Vorstandschef Oliver Zipse am Mittwoch zur Bilanz des ersten Quartals. Vorerst hofft BMW auf ein Ende der Talfahrt im Sommer. Ähnlich hatten sich bereits die Konkurrenten Volkswagen und Daimler geäußert. Die BMW-Aktie gab um gut drei Prozent nach.

Im Kerngeschäft mit Autos der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce könnte der Jahresgewinn nach Einschätzung des Vorstands komplett wegbrechen. Die Umsatzrendite dieser Sparte werde auf null bis drei Prozent zurückgehen, sagte Finanzchef Nicolas Peter. Sie war bereits im vergangenen Jahr auf 4,9 Prozent von zuvor 7,2 Prozent abgesackt und entfernt sich nun noch weiter von dem eigentlich angestrebten Bereich zwischen acht und zehn Prozent, die als Betriebsgewinn vom Umsatz übrig bleiben sollen.

Im laufenden Vierteljahr rechnet der Finanzchef sogar mit einem Verlust im Autogeschäft. Auf die Frage nach dem erwarteten Ergebnis vor Zinsen und Steuern im zweiten Quartal sagte Peter: "Q2 wird negativ sein." Der Autoabsatz, der im ersten Quartal um ein Fünftel einbrach, werde auch im Gesamtjahr deutlich unter dem Rekordwert von 2019 liegen, bekräftigte der Manager. Die Kernsparte werde auch auf Jahressicht Geld verbrennen. BMW gebe die Hoffung auf, hier einen positiven Free Cashflow zu erzielen.

Auch im Geschäft mit Motorrädern und Autofinanzierungen kämpft der Münchner Konzern. Im Motorradgeschäft erwartet BMW ebenfalls einen Absatzeinbruch. In der Finanzsparte befürchtet BMW Zahlungsausfälle. Der Konzern bereite sich hier mit Rückstellungen auf "weitere negative Auswirkungen auf die Risikosituation" vor. Nach dem Willen des Branchenverbands VDA sollen die Banken der Autokonzerne Kreditrisiken auf die Staatsbank KfW abwälzen dürfen, die mit Garantien für Darlehen bürgen soll.

"ALLE PROJEKTE AUF DEN PRÜFSTAND"

Wie stark Verkaufszahlen und Gewinn des Konzerns in diesem Jahr einbrechen, darüber traut sich der Vorstand nach wie vor keine Aussage zu. "Absatz und Konzernergebnis vor Steuern werden weiterhin, wie erwartet, deutlich unter dem Niveau des Vorjahres liegen", sagte Vorstandschef Zipse und wiederholte damit seine Aussage vom März. Dass BMW im laufenden Jahr in die Verlustzone rutscht, glauben Branchenexperten bisher nicht. NordLB-Analyst Frank Schwope erklärte, er rechne im Gesamtjahr noch mit schwarzen Zahlen. Er erwarte einen Rückgang der verkauften Autos auf zwei bis 2,3 Millionen von 2,5 Millionen im vergangenen Jahr. "Insgesamt scheint uns BMW auch mit Blick auf die Elektromobilität und die Verbrennungsmotoren-Technologie besser aufgestellt als die beiden deutschen Konkurrenten Audi und Mercedes-Benz", erklärte der Branchenexperte.

BMW dreht nun jeden Euro bei Investitionen um und rechnet angesichts der teuren Forcierung von Elektroantrieben nicht mehr damit, dass sich die Streichung frei werdender Stellen und die Schaffung neuer Jobs in unterschiedlichen Bereichen die Waage halten. "Grundsätzlich stellen wir in der aktuellen Situation alle Projekte noch einmal auf den Prüfstand", sagte Zipse. Die Inbetriebnahme eines neuen Werks in Ungarn werde um ein Jahr verschoben. Die Mitarbeiterzahl werde 2020 "nicht mehr auf Vorjahresniveau, sondern leicht unter dem Niveau des Vorjahres liegen", sagte Finanzchef Peter. BMW schaue bei der Besetzung freier Stellen noch genauer hin als bisher. Ende 2019 beschäftigte der Konzern weltweit 126.000 unbefristet angestellte Mitarbeiter.

Während BMW die Autoproduktion in China im Februar nach anderthalb Wochen wieder hochfahren konnte, ist sie in anderen Ländern bis zu zwei Monate unterbrochen. "China eignet sich nur sehr bedingt als Blaupause für die Entwicklung der anderen Märkte", sagte Zipse. In den USA und Europa fuhr BMW die Fertigung im März herunter. Zehntausende Mitarbeiter wurden nach Hause geschickt. Der Wiederanlauf begann Ende April und dürfte sich bis in die zweite Maihälfte hinziehen.

Im ersten Quartal musste BMW trotz der Coronakrise im Jahresvergleich nur einen leichten Gewinnrückgang hinnehmen. Der Konzernüberschuss sank um 2,4 Prozent auf 574 Millionen Euro. Hintergrund waren eine außergewöhnlich hohe Belastung zu Beginn des vergangenen Jahres. Damals hatte BMW für eine drohende Kartellstrafe 1,4 Milliarden Euro zurückgestellt.