Von Stephen Wilmot

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Autobauer BMW beendete am Mittwoch die Finanzberichtssaison der deutschen Automobilindustrie mit einer glanzvollen Jahreskonferenz für Anleger und Medien. Das Unternehmen hatte bereits einen Rekordgewinn für das vergangene Jahr bekannt gegeben, aber der Ausblick ist auch nicht ohne. So sollen 15 Prozent des Absatzes in diesem Jahr auf vollelektrische Fahrzeuge entfallen, gegenüber neun Prozent im Jahr 2022. Die Geschichte der Elektrofahrzeuge von BMW verlief nicht geradlinig. Mit dem i3 war das Unternehmen vor zehn Jahren ein Vorreiter, doch als Tesla wuchs, zog sich der deutsche Rivale zurück und betonte den Wert von "elektrifizierten" Plug-in-Hybriden und flexiblen Produktionslinien, die zu verschiedenen Technologien passen.

Auf seiner Jahreskonferenz vor zwei Jahren schwenkte das Unternehmen erneut um und kündigte die "Neue Klasse" an. Es geht dabei um die nächste Generation von Elektroautos, die ab 2025 auf einer eigenen Produktionsplattform gebaut werden sollen. Diese Kehrtwende könnte das Ergebnis der frühen Erfahrungen von BMW sein, als das Unternehmen merkte, wie schwierig es ist, E-Fahrzeuge finanziell rentabel zu machen. Diese Erkenntnis traf auf eine Unternehmenskultur der finanziellen Vorsicht. Im Gegensatz zu Volkswagen, das nach dem Dieselskandal 2015 voll auf E-Fahrzeuge setzte, hätte BMW niemals ohne zu zögern Geld in eine neue Technologie gesteckt.


   Rekordinvestitionen sind geplant 

Jetzt aber wird geklotzt: Im vergangenen Jahr beliefen sich die Investitionsausgaben auf einen Rekordwert von 7,8 Milliarden Euro, was 5,5 Prozent des Umsatzes entsprach. Und die Ausgaben werden weiter steigen. Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, sind in diesem Jahr Investitionen in Höhe von 5,5 Prozent bis sechs Prozent des Umsatzes eingeplant, vor allem um die Produktion für die Neue Klasse fit zu machen. Forschung und Entwicklung werden weitere vier Prozent bis fünf Prozent kosten, so dass sich die Gesamtinvestitionen auf 9,5 Prozent bis elf Prozent des Umsatzes belaufen.

Verglichen mit Volkswagen erscheint BMW jedoch immer noch sparsam. Der nach Umsatz größte deutsche Automobilhersteller kündigte auf seiner Jahreskonferenz am Dienstag an, in den fünf Jahren bis 2027 rund 180 Milliarden Euro in Investitionen sowie Forschung und Entwicklung zu investieren. Zwei Drittel davon entfallen auf elektrische und digitale Technologien. In der letzten Planungsrunde bis 2026 waren noch 159 Milliarden Euro vorgesehen. VW geht davon aus, dass dieses Jahr mit Investitionen in Höhe von 14,5 Prozent des Umsatzes - etwa 46 Milliarden Euro in der Mitte der Prognose - den Höhepunkt markieren wird.


   Regierungen machen Druck 

Die Ausgaben folgen regulatorischen Anforderungen und wettbewerblichen Gründen. Regierungen auf der ganzen Welt drängen Autohersteller mit Zuckerbrot und Peitsche auf den Weg zu Elektroautos, so zum Beispiel durch Steuergutschriften in den USA oder durch Geldbußen in der Europäischen Union bei Überschreitung von Grenzwerten für Kohlenstoffemissionen. In der Zwischenzeit hat Tesla bewiesen, dass es einen Weg gibt, Elektroautos rentabel zu machen, wenn man das bestehende Industriemodell bis auf die Knochen von allem befreit, auch wenn dieser Ansatz in vielerlei Hinsicht nicht wiederholbar und möglicherweise nicht nachhaltig ist.

Investitionen in Elektroautos bedeuten jedoch nicht, dass sie automatisch auch eine zufriedenstellende finanzielle Rendite bringen. Dies ist ein Dilemma für die Automobilhersteller und mag ein Hauptgrund für viele Anleger sein, den Sektor links liegen lassen. Zu den wenigen bevorzugten Aktien gehören die Spitzenmarken Ferrari und Porsche, die über die nötige Preismacht verfügen, um die Verbraucher für ihre Investitionen bezahlen zu lassen. Das Autogeschäft von Porsche hat im vergangenen Jahr eine Kapitalrendite von 24,9 Prozent erzielt, wobei gleichzeitig die Vermögenswerte des Unternehmens stark gestiegen sind.

Die Anleger unterscheiden sehr wohl zwischen der Porsche-Aktie, die mit dem 19-fachen des voraussichtlichen Gewinns bewertet wird, und der Volkswagen-Aktie, die lediglich auf einen Multiplikator von vier kommt, obwohl VW immerhin 75 Prozent der Porsche-Aktien besitzt. Wo die deutschen Unternehmen, die dazwischen liegen, nämlich BMW und Mercedes-Benz, angesiedelt sind, ist nicht einfach zu entscheiden. Sie werden wie Volumenhersteller mit dem Sechs- bis Siebenfachen des Gewinns bewertet, aber die Rentabilität von Mercedes-Benz war im vergangenen Jahr eher mit der von Porsche vergleichbar. Beide Unternehmen wachsen schneller im oberen Bereich, wo BMW auch Rolls-Royce besitzt.

Die gigantischen EV-Investitionen werden wahrscheinlich dem Planeten und den Kunden eine bessere Rendite bringen als den Aktionären, aber Prestigemarken sind und bleiben die beste Verteidigungslinie der Branche.

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March 16, 2023 03:51 ET (07:51 GMT)