Von Carol Ryan

NEW YORK (Dow Jones)--Wall-Street-Firmen sind eifriger denn je dabei, Familienhäuser zu kaufen. Doch wenn sie sich gegenseitig beim Kauf des Immobilienbestands ausstechen, anstatt den Bau neuer Wohnungen zu unterstützen, dürften sie sich am Ende nur gegenseitig das Wasser abgraben.

Vergangene Woche kaufte der Real Estate Investment Trust (REIT) von Blackstone ein Wohnungsportfolio für 5,1 Milliarden US-Dollar vom Versicherer American International Group (AIG). Im Juni gab die Investmentfirma bereits 6 Milliarden Dollar für Home Partners of America aus, also ein Unternehmen, das mehr als 17.000 Häuser in den USA besitzt und Mietern eine Kaufoption anbietet. Der Private-Equity-Riese KKR startete derweil eine neue Sparte, die Häuser kauft, um sie zu vermieten.


 
US-Einfamilienhäuser werfen mehr Rendite als Gewerbeimmobilien ab 
 

Unterdessen erhöhen auch in Europa Immobilieninvestoren den Anteil ihrer Portfolios, der in Wohnimmobilien investiert wird. Der deutsche Vermieter Vonovia startete kürzlich eine 18 Milliarden Euro schwere Übernahme des Konkurrenten Deutsche Wohnen.

Obwohl Mietwohnungen zu einem heißen Geschäft unter Großinvestoren werden, ist der Trend nicht neu. Blackstone hat nach dem Abschwung 2008/09 lukrative Wetten auf zwangsversteigerte Häuser abgeschlossen. Und es gibt bisher keine alarmierenden Anzeichen, dass institutionelle Investoren die durchschnittlichen Hauskäufer verdrängen. Laut Amherst Capital erwarben sie in den zwölf Monaten nach Beginn der Covid-19-Krise nur eines von 500 verkauften Häusern in den USA.

Die Aktivität der Großinvestoren wird jedoch zunehmen, nachdem die Pandemie den Besitz von Einfamilienhäusern attraktiver gemacht hat. Während die Mieten von Gewerbeimmobilien wie Einkaufszentren und Büros während der Covid-19-Krise einen Einbruch erlitten, zahlten die meisten privaten Wohnungsmieter weiter. Einfamilienhäuser könnten langfristig sogar ein besseres Investment sein als der Besitz von Lagerhäusern. Das Immobilienforschungsunternehmen Green Street schätzt, dass die Vermietung von US-Einfamilienhäusern eine jährliche Rendite von 6,6 Prozent bringt - gegenüber einer Prognose von 6,3 Prozent für Industrieimmobilien.


 
Hausbesitz probate Absicherung gegen Teuerung 
 

Der Aufkauf von Häusern beseitigt mehrere Kopfschmerzen für mächtige Investoren. Wohnimmobilien sind eine große Anlageklasse und können daher eine Menge überschüssiges Bargeld auffangen. Allein der US-Teilmarkt für vermietete Einfamilienhäuser hat laut Amherst einen Wert von etwa 3,1 Billionen Dollar - 40 Prozent mehr als der Wert aller US-Büros und mehr als das Dreifache des Wertes aller Hotels des Landes. Das Vermieten von Häusern ist auch eine gute Absicherung gegen die Inflation. In den vergangenen vier Jahren sind die Mieten in ganz Europa im Durchschnitt um 15 Prozent geklettert, wie Daten von Colliers zeigen.

Es ist unklar, wie viele Einfamilienhäuser die Finanzgiganten aufkaufen können, bevor es öffentliche Proteste gibt. Institutionelle Investoren besitzen in den USA bereits 55 Prozent des Angebots an Mehrfamilienhäusern, in der Regel Eigentumswohnungen. Allerdings sind sie in dem attraktivsten Teil des Wohnungsmarktes nur kleine Fische. Derzeit befinden sich laut Amherst nur 2 Prozent aller zur Miete verfügbaren Einfamilienhäuser in den USA in den Händen institutioneller Investoren. Während der gesamten Pandemie haben börsennotierte Immobilien-Investment-Trusts, die sich auf diese Art von Familienwohnungen spezialisiert haben, wie Invitation Homes und American Homes 4 Rent, diejenigen wie Avalon Bay übertroffen, die Mehrfamilienhäuser besitzen.


 
Politik greift auf Immobilienmarkt durch 
 

Doch der Wohnungsbau ist politisch heikel, zumal die in die Höhe geschnellten Preise in den vergangenen 18 Monaten dazu geführt haben, dass Wohneigentum für immer mehr Wähler unerreichbar geworden ist. Gemessen am Haushaltseinkommen ist das durchschnittliche US-Haus jetzt teurer als vor dem Immobiliencrash 2008, wie eine Analyse von UBS zeigt. Jedes Anzeichen dafür, dass Großinvestoren es normalen Käufern erschweren, Immobilien zu besitzen, wird kontrovers diskutiert.

Einige Regierungen ziehen die Schrauben bereits an. Seit der Immobilieninvestor Round Hill Capital in Irland neu gebaute Häuser gekauft hat, die normalerweise an Erstkäufer vermarktet werden, haben die Politiker des Landes die Grundsteuer erhöht, um institutionelle Investoren davon abzuhalten, sich Familienwohnungen zu schnappen. In spanischen Großstädten wie Madrid und Barcelona wird über Mietpreisregulierungen nachgedacht, um die steigenden Wohnkosten zu begrenzen.


 
Immobilieninvestoren sollten selbst Bauherren werden 
 

Der beste Weg für große Investmentfirmen, sich in Wohnimmobilien zu engagieren, ohne ein hartes Durchgreifen zu provozieren, ist die Unterstützung beim Bauen eines neuen Angebots. Einige haben die Botschaft verstanden. Die britische Bank Lloyds will zwar auch in vermietete Immobilien investieren, um ihre Einkünfte zu diversifizieren, plant zudem aber, den Großteil ihres Portfolios von Grund auf neu aufzubauen. Blackstones Kauf des AIG-Portfolios von Wohnungen für einkommensschwache Mieter mutet dagegen umstrittener aus.

Das Problem ist, dass die Linderung der Wohnungsknappheit nicht wirklich im finanziellen Interesse der Investoren liegt. Ein fehlendes Angebot, gepaart mit einer Strategie, die immer mehr junge Familien aus Wohneigentum verdrängt, ist genau das, was die fetten Renditen antreibt, die in den nächsten Jahren bei Mietimmobilien erwartet werden. Ein neues Angebot könnte diese Spekulationen weniger lukrativ machen und würde auch bedeuten, dass man ein Entwicklungsrisiko eingeht, während die Baukosten stark zulegen. Aber um sich in solch heikle Immobilien zu wagen, müssen Investoren diesen Kompromiss abwägen, um nicht aus dem Eigentum vertrieben zu werden.

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July 23, 2021 08:57 ET (12:57 GMT)