Düsseldorf (Reuters) - Der Konsumgüterkonzern Henkel senkt angesichts stärker als erwartet steigender Logistik- und Materialkosten sowie des angekündigten Rückzugs aus Russland seine Gewinnprognosen.

"Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen erwarten wir nun für den weiteren Jahresverlauf eine deutlich höhere Belastung unserer Ergebnisgrößen als noch zum Anfang des Jahres", räumte Henkel-Chef Carsten Knobel am Freitag ein. "Das sind wirklich keine einfachen Zeiten", fügte er hinzu. Eine Reihe von Konsumgüterkonzernen hatte bereits eine Kostenexplosion bei Rohstoffen beklagt. Die Unternehmen drehen nun an der Preisschraube, um die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben. Die Umsätze treiben die steigenden Preise aber - so auch bei Henkel. Die Düsseldorfer können vor allem bei Klebstoffen höhere Preise durchsetzen. Entsprechend ist der Hersteller von Pritt und Persil beim Umsatzwachstum optimistischer als zuvor. Die Anleger konnte Henkel nicht überzeugen - Henkel-Aktien notierten am Mittag mit einem Minus von mehr als sieben Prozent bei 58,56 Euro.

Henkel habe im ersten Quartal einen Gesamtumsatz von rund 5,3 Milliarden Euro eingefahren, teilte der Düsseldorfer Konzern mit. Damit stieg der Umsatz vor allem durch florierende Geschäfte der Klebstoff-Sparte - der größte Bereich des Konzerns - organisch um 7,1 Prozent. Das kriselnde Kosmetik-Geschäft - Henkel ist hier kleiner als viele Konkurrenten - schrumpfte indes im Quartal. Bei Waschmitteln rund um Persil legte der Umsatz aber zu.

Für das Gesamtjahr erwartet Knobel nun ein organisches Umsatzwachstum von 3,5 bis 5,5 Prozent (vorher: zwei bis vier Prozent). Die Gewinne werden aber durch steigende Material- und Logistikkosten sowie den Rückzug des Konzerns aus Russland und den nun auch angekündigten Abschied aus Belarus belastet. Vom Abschied aus den Ländern sei "ein Jahresumsatz von insgesamt rund eine Milliarde Euro und mehr als 2500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen", sagte Knobel. Henkel war vor mehr als 30 Jahren in den russischen Markt eingestiegen, die Düsseldorfer betreiben dort elf Fabriken. Doch nach dem russischen Überfall auf die Ukraine will Knobel Russland verlassen. Die Geschäfte könnten abgewickelt, verkauft oder vom dortigen Management übernommen werden. Durch die Entscheidung werde es auch Abschreibungen geben, kündigte Finanzchef Marco Swoboda an. Knobel rechnet nun insgesamt mit einer geringeren bereinigten Umsatzrendite (Ebit-Marge) in der Bandbreite von neun bis elf Prozent (vorher: 11,5 bis 13,5 Prozent). Das bereinigte Ergebnis je Vorzugsaktie (EPS) werde wohl um 35 bis 15 Prozent und damit stärker als erwartet schrumpfen. Allein bei den Materialpreisen geht das Management von einem Anstieg im mittleren Zwanzig-Prozent-Bereich gegenüber dem Jahresdurchschnitt 2021 aus. "Das sind zusätzliche Belastungen für das Gesamtjahr in Höhe von rund zwei Milliarden Euro", rechnete Knobel vor. Bei Klebstoffen könne Henkel die gestiegenen Kosten recht schnell weitergeben, bei anderen Produkten sei dies etwa im deutschen Heimatmarkt schwerer. Edeka beispielsweise hatte Lieferanten vor überzogenen Preisforderungen gewarnt.

Die Probleme treffen den Düsseldorfer Konzern zur Unzeit - will sich das Management doch eigentlich auf den Umbau des Traditionsunternehmens konzentrieren. Knobel will das kriselnde Kosmetik- mit dem Waschmittelgeschäft zusammenlegen. In der kommenden Woche will er bei der Vorlage der Quartalszahlen Details zur neuen Aufstellung präsentieren, die spätestens 2023 vollendet werden soll. Der Umbau schaffe "ein breiteres Fundament, um unser Portfolio noch konsequenter zu optimieren und auf ein höheres Wachstums- und Margenprofil zu bringen", hatte Knobel angekündigt. Nun musste er erst einmal die Margenziele für 2022 korrigieren.

Konkurrent Beiersdorf hatte ebenfalls über steigende Preise für Material und Logistik berichtet, er will mit Preiserhöhungen gegensteuern. Auch andere Konsumgüterkonzerne wie Procter&Gamble oder Unilever drehen an der Preisschraube. Beiersdorf rechnet für das laufende Jahr mit einer operativen Ebit-Umsatzrendite ohne Sondereffekte auf dem Vorjahresniveau von 13 Prozent. Der Nivea- und Tesa-Hersteller hatte diese Prognose jüngst bekräftigt.