NECKARSULM (dpa-AFX) - Der IT-Dienstleister Bechtle blickt angesichts anhaltender Lieferengpässe verhalten auf das laufende Jahr. Vor allem im ersten Halbjahr sei weiter mit Lieferschwierigkeiten zu rechnen, ab dem Sommer könnte sich die Lage jedoch schrittweise entspannen, teilte das MDax-Unternehmen aus Neckarsulm am Freitag bei der Vorlage seiner detaillierten Geschäftszahlen für 2021 mit. Zudem verwies Konzernchef Thomas Olemotz auf den Krieg in der Ukraine. "Die Unsicherheiten bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung sind gerade auch vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine besonders hoch." Die Prognose halte er deshalb für ambitioniert, aber auch realisierbar.

Die Aktie legte am Freitag zu, gab ihre Gewinne im Verlauf aber teilweise wieder ab. Gegen Mittag notierte sie im schwachen Markt noch 0,42 Prozent im Plus bei 47,08 Euro. Damit setzt sie den Erholungstrend der vergangenen Tage fort, nachdem sie Anfang vergangener Woche auf das tiefste Niveau seit April 2020 gefallen war.

Der IT-Dienstleister habe trotz der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Unsicherheiten einen soliden Ausblick veröffentlicht, schrieb Analyst Knut Wollner von der Baader Bank. Sein Kollege Martin Comtesse vom Analysehaus Jefferies nannte die Prognose hingegen vage, der Auftragsbestand sei aber vielversprechend.

Der Bechtle-Vorstand rechnet für 2022 mit einer Steigerung von Umsatz und Ergebnis um 5 bis 10 Prozent. Die Marge bezogen auf das Vorsteuerergebnis (EBT-Marge) soll auf dem Niveau von 2021 gehalten werden, als sie 6 Prozent betrug. Das Umsatzwachstum werde aufgrund der Lieferengpässe aber auch dieses Jahr voraussichtlich unter der Entwicklung des Geschäftsvolumens bleiben. Der Höhepunkt der Lieferkettenproblematik ist laut Bechtle-Chef Olemotz aber überschritten, darauf deuteten auch Aussagen von Lieferanten und Vertragspartnern hin.

Weiterhin kündigte der Manager an, dass in diesem Jahr mit Akquisitionen zu rechnen sei. "Ich bin zuversichtlich, dass wir da die ein oder andere vermelden können", sagte er am Freitag in einer Videokonferenz mit Journalisten. Dafür schaue sich Bechtle in Frankreich, Spanien und der Region Belgien-Niederlande-Luxemburg um. Es liefen bereits erste Gesprächen.

Das vergangene Jahr war bei Bechtle von Lieferengpässen geprägt. Das Unternehmen hatte bereits im Februar bekannt gegeben, 2021 einen rekordhohen Auftragsbestand von 1,8 Milliarden erzielt zu haben. Allerdings können die Aufträge angesichts der angespannten Lage bei der Teileversorgung nicht so schnell in echtes Geschäft umgemünzt werden. Vor allem das vierte Quartal sei "enttäuschend" gewesen, sagte Olemotz. Das Spiel sei klar in der ersten Halbzeit gewonnen worden.

Ohne die Lieferschwierigkeiten hätte es vergangenes Jahr ein prozentual zweistelliges Wachstum geben können, hieß es von dem Bechtle-Chef weiter. Er sprach von einer Störung von Lieferketten und Engpässen bei der Chipversorgung. "Auch die IT-Industrie kämpft an vielen Stellen gegen Rohstoffengpässe, die wir ja auch in anderen Industrien kennen."

Das Geschäftsvolumen von Bechtle nahm 2021 um 7,3 Prozent auf 6,25 Milliarden und der Umsatz um rund fünf Prozent auf 5,3 Milliarden Euro zu. Dabei unterscheidet das Unternehmen von nun an zwischen beiden Kenngrößen. Das aktuelle Geschäftsvolumen entspricht dem bisherigen Umsatz. Davon wird nun aber das Geschäft mit Standardsoftware abgezogen, womit sich die neue Umsatzgröße ergibt.

Das Vorsteuerergebnis stieg 2021, wie bereits bekannt, um über 18 Prozent auf gut 320 Millionen Euro. Unterm Strich blieben mit über 231 Millionen Euro über ein Fünftel mehr als im Vorjahr.

Davon sollen auch die Aktionäre profitieren: Die Dividende soll auf 0,55 Euro je Aktie steigen. Umgerechnet auf die nun höhere Aktienzahl wegen der Ausgabe von Gratispapieren waren im vergangenen Jahr 0,45 Euro je Anteil ausgeschüttet worden./lew/cb/nas/mis