STUTTGART (dpa-AFX) - Die von der grün-schwarzen Landesregierung angekündigten Fahrverbote für Diesel in Stuttgart werden kontrovers diskutiert. Während der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die geplanten Maßnahmen zur Luftreinhaltung nicht weit genug gehen, kritisierte der Stuttgarter CDU-Kreischef Stefan Kaufmann, dass es überhaupt zu Verboten kommen soll. Das Handwerk pocht auf unbürokratische Ausnahmeregelungen. Die Bauwirtschaft verwies indes darauf, dass ihre Flotte zu einem sehr großen Teil aus Diesel-Fahrzeugen bestehe.

Die Regierung um Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte am Dienstag angekündigt, dass es Anfang 2019 Fahrverbote für Diesel der Abgasnorm 4 und darunter geben soll. Betroffen sein sollen Fahrzeuge, die zu dem Zeitpunkt mindestens acht Jahre alt sind. Ob später auch Diesel-Autos der Abgasnorm 5 einbezogen werden, macht das Land von der Wirkung des geplanten Gesamtpakets zur Luftreinhaltung abhängig, das bis zur Sommerpause eingetütet werden soll.

CDU-Kreischef Kaufmann sagte: "Wir gehen davon aus, dass Fahrverbote vermieden werden können." Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Februar sei auslegungsfähig. Kaufmann sieht wegen der Fahrverbote ein massives Verkehrschaos auf die Stadt zukommen. Zudem seien die Verbote wirtschaftsfeindlich und unsozial, da sie vor allem Besitzer älterer Diesel-Autos träfen. "Das sind Menschen, die sich oft ein neues Auto nicht leisten können", meinte der Christdemokrat.

"Wir hätten uns eine andere Lösung als Fahrverbote gewünscht", sagte Kaufmann. In Stuttgart sei man auch jetzt schon auf einem guten Weg, die Feinstaub- und Stickoxidwerte zu senken. Kaufmann kritisierte, dass das Thema Messungen nicht aufgearbeitet worden sei. So sei die Frage, ob die Messstationen an den richtigen Orten stünden. Er erinnerte auch daran, dass die Feinstaub-Messstelle am Neckartor wegen Pollenverunreinigungen unplausible Werte geliefert hatte.

DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch sagte hingegen, zonale Fahrverbote für Diesel der Euronorm 4 und schlechter müssten schon im September kommen. Zudem forderte er Fahrverbote auch für Diesel der Norm 5 - erst für stark belastete Straßen und ab September 2019 in ganzen Zonen. Der "Pforzheimer Zeitung" (Mittwoch) sagte er: "Ich finde es übrigens beschämend, dass erst durch den unmittelbar bevorstehenden Gerichtstermin und unsere Zwangsvollstreckung die Landesregierung beginnt, notwendige Schritte für die saubere Luft zu gehen.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im Februar entschieden, dass Fahrverbote in Stuttgart zur Luftreinhaltung grundsätzlich erlaubt sind. Stuttgart kämpft gegen hohe Stickoxidwerte. Wesentliche Verursacher dieser Luftverschmutzungen sind Diesel-Fahrzeuge. An diesem Donnerstag gibt es vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart einen nicht-öffentlich Erörterungstermin, weil die DUH vor einigen Monaten einen Antrag auf Zwangsvollstreckung des Leipziger Urteils gestellt hat. Der Antrag werde aufrechterhalten, sagte Resch.

Der Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, Thomas Möller, sagte, Diesel-Fahrverbote hätten massive Auswirkungen auf die Bautätigkeit im Land. Dann könnten die Betriebe nicht mehr ihre Baustellen in den Umweltzonen ansteuern und möglicherweise Aufträge verlieren. Letztlich könnten Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.

SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch meinte, Fahrverbote brächten deutlich weniger für die Luftreinhaltung als erhofft. Er erinnerte daran, dass die Stickoxidwerte allein dadurch besser würden, dass die Diesel-Autos zunehmend neueren Datums seien und der Anteil älterer und dreckiger Wagen abnehme. Fahrverbote seien das falsche Mittel - nötig seien vielmehr Hardware-Nachrüstungen für Diesel./bg/DP/men