LEVERKUSEN/SAN FRANCISCO (awp international) - Im Streit um mögliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter zwischen Bayer und tausenden US-Klägern mehren sich die Anzeichen für einen möglichen Vergleich. Richter Vince Chhabria verschob auf Anfrage des Mediators Ken Feinberg im Massenverfahren in San Francisco mehrere Fristen um 28 Tage, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht. Neben der Verschiebung diverser Anhörungstermine in verschiedenen Verfahren wurde damit auch der Beginn des nächsten Prozesses mit der Klägerin Elaine Stevick auf den 23. März verschoben.

Die Vertagung des Stevick-Prozesses soll beiden Seiten Zeit verschaffen, die Mediation unter Feinberg fortzusetzen, sagte ein Sprecher für Bayer auf Anfrage der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Bayer bringe sich konstruktiv in die Mediation ein, ein Deal sei aber nicht erreicht. Auch gebe es diesbezüglich weder einen Zeitplan noch Gewissheit. Bei den Investoren kommen die jüngsten Entwicklungen offenbar weiterhin gut an. Für die Aktien zeichneten sich am Montag im vorbörslichen Handel Gewinne ab.

Bundesrichter Chhabria, bei dem zahlreiche Klagen gebündelt sind, hatte die Streitparteien im Frühjahr 2019 zu einer einvernehmlichen Lösung aufgefordert und anschliessend mit dem US-Staranwalt einen hochkarätigen Experten in Entschädigungsfragen bestellt.

Zuletzt waren bereits Prozesse bei anderen Gerichten vertagt oder ausgesetzt worden. Analysten hatten das als positives Signal für einen umfassenden Vergleich gewertet. So hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit den Verhandlungen vertraute Personen berichtet, dass die Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten möglicherweise für zehn Milliarden US-Dollar beigelegt werden könnten.

Bayer hatte sich 2018 mit dem über 60 Milliarden Dollar teuren Kauf des US-Saatgutriesen Monsanto die Rechtsrisiken ins Haus geholt, die zu zehntausenden Klagen führten. Der Dax-Konzern könnte die Causa Glyphosat zwar auch mit Berufungsverfahren durch die Instanzen bringen, am Ende vielleicht Recht bekommen und straffrei ausgehen. Allerdings wäre das riskant und langwierig. Mit einem gross angelegten Vergleich wäre das Thema hingegen vom Tisch.

Vor diesem Hintergrund richten sie die Blicke auf die Veröffentlichung der Bilanz für 2019 am 27. Februar sowie auf die Hauptversammlung am 28. April. Am Markt wird spekuliert, dass Konzernchef Werner Baumann das Thema Glyphosat spätestens bis zur Aktionärsversammlung geklärt haben will. So hatten die Investoren 2019 wegen der Monsanto-Übernahme scharfe Kritik geäussert und Baumann die Entlastung verweigert. Ob der Vorstandschef im Falle einer erneuten Nicht-Entlastung zu halten wäre, ist offen./mis/nas/niw/jha/