LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Der designierte BASF-Chef Martin Brudermüller sieht den Ludwigshafener Chemiekonzern bei der Übernahme von Anteilen des Rivalen Bayer kurz vor dem Ziel. Der 56-Jährige, der an diesem Freitag (4. Mai) Kurt Bock an der Vorstandsspitze ablöst, will BASF außerdem stärker in der E-Mobilität aufstellen und weitere Innovationen anschieben.

Zum geplanten Kauf der Sparte "Crop Science" von Bayer, die Saatgut- und Pflanzenschutzgeschäfte umfasst, sagte Brudermüller vor Journalisten, BASF sei hiermit zwar noch nicht durch, aber "am Ende der Wegstrecke". Man habe "einen sehr smarten Deal". Die EU-Kommission hatte der Übernahme einzelner Bayer-Teile durch BASF am Montag unter Auflagen zugestimmt. Deren Abgabe ist auch eine Voraussetzung dafür, dass Bayer seinerseits die umstrittene Fusion mit dem US-Agrarchemie-Riesen Monsanto durchziehen kann. Die Zustimmung zu dem Geschäft aus den USA steht jedoch noch aus.

Raps, Baumwolle, Weizen und Soja sollten resistent gegen Schädlinge gemacht werden, erklärte Brudermüller. "Das sind die wesentlichen Pflanzen, die heute im Pflanzenschutz eine Rolle spielen." BASF war von Bayer schon als möglicher Käufer präsentiert worden.

Der promovierte Chemiker sagte, er setze bei BASF auf einen "Perspektivenwechsel" hin zu mehr Neuentwicklungen. Das liege auch an seinem naturwissenschaftlichen Hintergrund. "Ich werde sicherlich einen starken Blick auf Technik und auch auf die technologische Wettbewerbsfähigkeit legen und natürlich auf das Thema Innovation". Bei letzterem werde man "noch mehr machen, als wir in der Vergangenheit gemacht haben", meinte Brudermüller, der neben dem neuen Job an der Vorstandsspitze Technikchef bleiben will.

Der neue Vorstandschef setzt überdies große Hoffnungen in die Entwicklung von Batterie-Materialien für die Autoindustrie, die mit einem Anteil von über 15 Prozent größter Umsatzbringer ist. Brudermüller schloss auch weitere Übernahmen nicht aus.

Noch nicht in trockenen Tüchern sieht er die Fusion der Öl- und Gastochter Wintershall mit der früheren RWE-Sparte Dea zum größten unabhängigen Öl- und Gasförderkonzern Europas. "Wir haben noch etliche Diskussionen vor uns und ja auch immer gesagt, dass wir keinerlei Gewissheit haben, dass sich BASF und LetterOne auf endgültige Vereinbarungen einigen." Mit dem Zusammengehen würde ein Konzern mit rund 4,3 Milliarden Euro Umsatz, über 3000 Mitarbeitern und Reserven von 2,1 Milliarden Barrel Öläquivalent entstehen. BASF und der Dea-Eigner LetterOne des russischen Milliardärs Mikhail Fridman wollen das Unternehmen mittelfristig an die Börse bringen.

"Riesensorgen" bereite ihm darüber hinaus der Zollstreit zwischen den USA und China, erklärte Brudermüller. Zwar sei BASF selbst nicht stark betroffen - "aber was Sorge macht, ist die verbale Eskalation".

Der Manager sagte, er verstehe sich als großer Förderer von Forschung und Entwicklung. "Deswegen habe ich eine gewisse Begeisterung für das Thema, die ich auch in das Unternehmen treibe." Innovation werde für BASF vielleicht noch ein wenig wichtiger. Ein Chefwechsel sei ein guter Zeitpunkt, um über Stärken, Schwächen, Marktentwicklungen sowie Wettbewerber und technologische Trends zu reflektieren - und "Schwerpunkte neu zu ziehen. Das ist genau das, was wir jetzt machen." Gegen Ende des Jahres könne man dazu Genaueres sagen.

Zugleich stellte Brudermüller klar, dass er keinen fundamentalen Kurswechsel anstrebe. BASF werde "evolutionär" weiterentwickelt. "Alles andere wäre auch sonderbar." Schließlich habe er die Entwicklung schon in den letzten elf Jahren als Vorstand mitgetragen.

Größtes Innovationsgebiet der BASF sei derzeit Material, das für Batterien von Autos und Elektroautos genutzt werden kann. "Der Erfolg der Elektromobilität ist zu einem starken Teil ein Chemie-Thema", sagte Brudermüller. Der Wert der Chemieprodukte im Auto steige. Aber auch Gewichtsreduktion oder neue Werkstoffe seien ein Thema - zum Beispiel Lacke, die die Strahlung reflektierten. Der Diesel werde dennoch als "wichtige Brückentechnologie noch lange gebraucht".

Mit Blick auf die Kunststoffabfälle in den Meeren sagte Brudermüller, es sei vor allem wichtig, dass die Menschen ihr Verhalten im Umgang mit Müll änderten. Recycling von Plastikabfällen sei schwierig, weil diese aus vielen Sorten mit verschiedenen Eigenschaften bestünden. BASF sei aber offen für Projekte, die das Thema organisiert angingen. Zur Affäre um ein verunreinigtes BASF-Kunststoffprodukt für Matratzen sagte der Manager, die Gespräche über Entschädigungsmodelle seien abgeschlossen. Mit "dem einen oder anderen" Kunden sei eine Vereinbarung getroffen worden. Details nannte er nicht.

BASF beschäftigt insgesamt rund 115 000 Menschen. Die Produkte reichen von Chemikalien über Kunststoffe bis zum Pflanzenschutz. 2017 erzielte der Ludwigshafener Konzern 64,5 Milliarden Euro Umsatz./jes/mne/DP/zb