FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie blickt nach einem schweren Corona-Jahr optimistischer auf 2021. Die Branche erwartet ein Produktionsplus von 1,5 Prozent und einen Umsatzzuwachs von 2,5 Prozent, wie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) am Mittwoch in Frankfurt berichtete. Zum Jahresende sei die Nachfrage nach Chemie-Erzeugnissen weitgehend stabil geblieben, sagte VCI-Präsident Christian Kullmann. "Die Stimmung in unseren Unternehmen ist nun mehrheitlich zuversichtlich."

Die neuen Corona-Beschränkungen belasteten die Geschäfte wenig, wenngleich die Erholung auf wackligen Füßen stehe. "Der Lockdown tut weh und ist richtig", sagte Kullmann. Je länger er dauere, umso schmerzhafter werde er. Auch das noch immer nicht abgewendete Szenario eines harten Brexits und neuen Zöllen sei eine Gefahr.

Insbesondere die Chemiebranche hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Die konjunktursensible Industrie, die etwa Autohersteller mit Lacken und Reifen beliefert, litt unter den Wirtschaftseinbrüchen wegen der Pandemie, globalen Handelskonflikte sowie einer schwachen Industrienachfrage in Deutschland. Auch andere Kunden wie die Textil- und Kunststoffbranche hielten sich zurück. Schwergewichte wie BASF reagieren mit dem Abbau Tausender Stellen. Die Pharmaindustrie erwies sich dagegen in der Krise als robust.

Die Unternehmen steuerten auf Sicht, sagte Kullmann. "Wir fahren durch den Nebel einer unsicheren Zeit." Nach dem Lockdown im Frühjahr habe es eine kräftige Erholung im Sommer gegeben, gefolgt von einem Dämpfer im Herbst. Das Vorjahresniveau bleibe aber unerreicht.

Der gesamte Umsatz der Branche sank 2020 um sechs Prozent auf 186,4 Milliarden Euro. Auf dem Heimatmarkt Deutschland gab es ebenso wie auf fast allen Exportmärkten kräftige Einbußen. Die Produktion fiel um drei Prozent. Die Chemie allein ohne die fast stabile Pharmabranche verbuchte ein Minus von vier Prozent.

"Die Belastungen für unsere Mitgliedsunternehmen sind erheblich", sagte Kullmann. Die Beschäftigung in der Branche, die zuletzt bei 464 000 Menschen hierzulande lag, dürfte im neuen Jahr um ein Prozent sinken. Die Corona-Krise beschleunige den Strukturwandel.

Eine VCI-Mitgliederumfrage zeige, dass es Zeit brauche, um die Krise zu überwinden. Nur 17 Prozent der Betriebe seien optimistisch, schon dieses Jahr das Vorkrisenniveau zu erreichen. Ein Viertel erwartete, den Rückgang bis Ende 2021 aufzuholen. Die Mehrheit der befragten Firmen glaube, die Krise frühestens 2022 überwunden zu haben.

Die Krisenpolitik der Bundesregierung mit Instrumenten wie Kurzarbeit und Konjunkturhilfen bringe die Chemiefirmen gut durch die Krise, sagte Kullmann. Es brauche aber innovationsfreundliche Bedingungen, etwa den Ausbau der steuerlichen Forschungsförderung. Für den Umbau der Industrie zur Treibhausgasneutralität forderte der VCI bezahlbare, erneuerbare Energie. "Nichts dient dem Klimaschutz mehr als ein günstiger Preis für grünen Strom", sagte Kullmann.

Mit Blick auf den "Green Deal" der EU sagte der VCI-Präsident, es könne nicht nur darum gehen, den Umweltschutz voranzubringen, man müsse auch Wachstum und Soziales in den Blick nehmen. "Wir brauchen Innovationen statt Restriktionen."/als/mne/DP/stk