(neu: JPMorgan-Analyst im dritten Absatz, Kursentwicklung und Dividende im letzten Absatz)

LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer hat im ersten Quartal dank einer starken Nachfrage nach Maissaat und dem Gerinnungshemmer Xarelto der Corona-Krise getrotzt. Umsatz und Gewinn entwickelten sich besser als von Analysten erwartet. Konzernchef Werner Baumann hält auch an den Prognosen für 2020 fest. Allerdings sind darin weiter keine Folgen der Corona-Pandemie enthalten. Denn aus seiner Sicht ist eine verlässliche Bewertung der Effekte erst im weiteren Jahresverlauf möglich. Derweil verzögert die Pandemie eine Einigung im US-Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter. Für die Bayer-Aktien ging es nach oben.

Im ersten Quartal steigerte der Dax-Konzern den Umsatz im Jahresvergleich um 4,8 Prozent auf rund 12,85 Milliarden Euro. Rechnet man Wechselkurseffekte sowie den Kauf und Verkauf von Unternehmensteilen heraus, belief sich das Plus sogar auf 6 Prozent, wie der Dax-Konzern am Montag in Leverkusen mitteilte. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte um rund 10 Prozent auf knapp 4,4 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich entfiel auf die Bayer-Aktionäre ein Gewinn von rund 1,49 Milliarden Euro und damit rund ein Fünftel mehr als ein Jahr zuvor.

Analyst Richard Vosser von der Bank JPMorgan lobte zwar die Resultate des ersten Quartals, sieht sie aber auch ein gutes Stück weit durch einen Lagerbestandsaufbau bei Kunden getrieben. Zudem monierte er, dass Bayer aktuell keine Prognose der Corona-Auswirkungen abgeben könne und der Jahresausblick daher ohne diesen Einfluss bleibe.

So soll es im laufenden Jahr vor Wechselkurseffekten sowie dem Zu- und Verkauf von Unternehmensteilen weiter ein Umsatzwachstum um 3 bis 4 Prozent auf 44 bis 45 Milliarden Euro geben. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie vor Sondereinflüssen sollten davon etwa 28 Prozent hängen bleiben, was einen operativen Gewinn von etwa 12,3 bis 12,6 Milliarden Euro ergeben soll.

Mit Blick auf die Entwicklung des freien Mittelflusses (Free Cashflow) verzeichnete Bayer im ersten Quartal derweil einen Abfluss von fast 800 Millionen Euro. Das begründete der Konzern unter anderem damit, dass er im Agrargeschäft vergleichsweise mehr Rechnungen bezahlt habe. Zudem kostete der vor einem Jahr geschlossene Vergleich in einem Rechtsstreit um das Medikament Xarelto nun Geld. Damals hatten Bayer und das Partnerunternehmen Janssen Pharmaceuticals mit einer Einigung einen Schlussstrich unter viele Tausend Klagen in den USA wegen angeblich möglicher Gesundheitsschäden gezogen.

Der Gerinnungshemmer Xarelto, der etwa das Risiko von Komplikationen nach bestimmten Operationen lindern soll, bleibt für Bayer derweil der Kassenschlager schlechthin. Der Umsatz mit dem Medikament schnellte im ersten Quartal um fast ein Fünftel auf 1,1 Milliarden Euro nach oben. Das ist fast ein Viertel des gesamten Umsatzes der Pharmasparte. Beim Augenmedikament Eylea, sonst eigentlich auch ein Wachstumstreiber, lag das Umsatzplus nur bei 1,7 Prozent. Hier hatten Analysten aber schon mit einer trägeren Entwicklung gerechnet - weil wegen der Corona-Krise nicht dringend notwendige Behandlungen verschoben wurden.

In der Agrarsparte profitierte Bayer zum Jahresstart von einer hohen Nachfrage nach Maissaat sowie nach Pilz- und Insektenschutzmitteln. Die Nachfrage nach Soja ließ hingegen nach, weil sich Landwirte in den USA wegen gesunkener Absatzpreise mit dem Anbau eher zurückhielten. Das Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten brummte indes, da Verbraucher im Zuge der Virus-Krise unter anderem bei Vitaminen und Hautpflegemitteln stark zugriffen.

Eine Einigung im US-Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter des 2018 übernommenen US-Saatgutherstellers Monsanto lässt derweil weiter auf sich warten. So hieß es nun, dass sich Bayer weiter konstruktiv an der Mediation beteilige und Fortschritte erzielt habe, bis der Ausbruch von Covid-19 das Verfahren erheblich verlangsamt habe. Das hatte sich allerdings schon abgezeichnet, nachdem der Konzern dem Vernehmen nach ursprünglich eine Einigung bis zur Hauptversammlung an diesem Dienstag angestrebt hatte.

Bayer-Urgestein und -Aufsichtsratschef Werner Wenning, der sein Amt mit Ablauf der Veranstaltung abgeben wird, zeigt sich indes in einem Interview in der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" optimistisch, dass eine tragbare Lösung gefunden wird.

Investoren setzen schon länger darauf, dass Bayer den Rechtsstreit zeitnah mit einem groß angelegten Vergleich beilegt. Schätzungen zufolge könnte das um die zehn Milliarden US-Dollar kosten. Entscheidend sei allerdings, dass ein nicht zu schmerzhafter Vergleich kommt, nicht wann er kommt, sagte kürzlich Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Die Zahl der Klagen stieg indes weiter: Bis zum 14. April wurden laut Mitteilung Klagen von etwa 52 500 Klägern zugestellt. Das ist ein Plus von rund acht Prozent im Vergleich zu Anfang Februar.

Investoren störte das aber nicht. Die Aktien stiegen bis zum frühen Nachmittag um 4,74 Prozent auf 62,36 Euro. Damit haben sie rund 60 Prozent ihrer im Zuge des Corona-Crashes erlittenen Verluste wettgemacht. Positiv kam zuletzt auch an, dass Bayer im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen trotz der Virus-Krise an der Dividende für 2019 festhielt. An diesem Dienstag dürfte dann die Hauptversammlung der Ausschüttung in Höhe von 2,80 Euro je Anteilschein zustimmen./mis/stw/eas/he