Bayer verstärkt sein Pharmageschäft mit dem Kauf eines Medikaments mit Milliarden-Umsatzpotenzial.

Der Leverkusener Konzern übernimmt die britische Biotechfirma Kandy Therapeutics und sichert sich damit einen Wirkstoff zur Linderung menopausaler Probleme von Frauen, der 2021 in die entscheidende abschließende Phase der klinischen Entwicklung gebracht werden soll. Der Wirkstoff von Kandy habe bereits positive Studienergebnisse erzielt und könnte nach einer Zulassung Umsätze von mehr als einer Milliarde Euro weltweit einbringen, teilte Bayer am Dienstag mit.

Der Konzern legt für den Deal eine Vorauszahlung von 425 Millionen Dollar auf den Tisch, Kandy winken zudem potenzielle Meilensteinzahlungen von bis zu 450 Millionen Dollar bis zur Markteinführung des Wirkstoffs sowie weitere, an den den Umsatz gekoppelte Meilensteinzahlungen im dreistelligen Millionenbereich. Der Abschluss der Transaktion wird bis September erwartet. Kandy ist ein privates Unternehmen, das im Zuge der Ausgliederung von Nerre Therapeutics - eine Abspaltung von GlaxoSmithKline - gegründet wurde.

Der hormonfreie Wirkstoff von Kandy gehört nach Angaben von Bayer einer neuen Therapieklasse an und wird für die Behandlung häufiger Symptome der Wechseljahre wie Hitzewallungen und Nachtschweiß entwickelt. "Mit dieser Akquisition wird Bayer sein Entwicklungsportfolio im Bereich Frauengesundheit um eine mögliche, neuartige, nicht-hormonelle, orale Behandlungsoption für Frauen in der Menopause ergänzen", erklärte Pharmachef Stefan Oelrich. Bayer ist seit der Übernahme der Firma Schering, die die erste Antibabypille in Deutschland auf den Markt brachte, Marktführer im Bereich "Frauengesundheit".

"Eine solche Innovation eines hormonfreien Ansatzes hat erhebliches Umsatzpotenzial", sagte Oelrich zu Reuters mit Blick auf den Wirkstoff von Kandy. Neben dem Krebsmittel Nubeqa und dem Nierenmittel Finerenon habe Bayer damit ein weiteres Medikament mit Blockbuster-Potenzial, also der Aussicht auf einen Milliardenumsatz, in der Pipeline. Bayer werde sich auch weiter nach Pharmazukäufen umschauen, die Preise für Produkte im späten Stadium der klinischen Entwicklung seien aber sehr hoch, sagte Oelrich. Gleichwohl sei nicht auszuschließen, dass Bayer einen noch größeren Deal als den mit Kandy abschließen könnte.

Der Konzern muss seine Pharma-Pipeline stärken, da die Patente seiner Kassenschlager - der Gerinnungshemmer Xarelto und das Augenmittel Eylea - Mitte des Jahrzehnts auslaufen. Dann drohen erhebliche Umsatzeinbußen. Um die Stärkung der Pipeline voranzutreiben, hatte Bayer vor knapp einem Jahr die erfahrene Managerin Marianne De Backer vom US-Konzern Johnson & Johnson geholt, die in der Pharmasparte die externe Wachstumsstrategie verantwortet. Der Deal mit Kandy ist die erste größere Transaktion unter ihrer Federführung.