Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sieht keinen Zusatznutzen für das Krebsmedikament gegenüber der bereits verfügbaren bestmöglichen Behandlung oder anderen Therapien. Vieles deute zwar auf ein großes Potenzial des Mittels mit dem Wirkstoff Larotrectinib hin, erklärte der stellvertretende Leiter des IQWiG, Stefan Lange. Da es bei den Zulassungsstudien mit dem Wirkstoff aber keine Kontrollarme gegeben habe, in denen die Patienten eine Vergleichstherapie bekamen, kann nach Auffassung des Instituts kein Zusatznutzen belegt werden.

Die Nutzenbewertungen des IQWiG haben erheblichen Einfluss auf die Erstattungspreise der gesetzlichen Krankenkassen. Denn auf Grundlage der IQWiG-Prüfung fällt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) aus Ärzten, Kassen und Krankenhäusern sein Urteil über die Vorteile für die Patienten. Fällt ein Präparat dabei durch, darf der Erstattungspreis nur im Rahmen vergleichbarer älterer Arzneien liegen. Diese sind oft erheblich günstiger, weshalb Unternehmen in Folge bereits ihre Präparate vom deutschen Markt nahmen.

Eine Bayer-Sprecherin erklärte am Donnerstag, der Konzern sei überzeugt vom patientenrelevanten Nutzen einer Behandlung mit Vitrakvi. Das Mittel kann bei vielen Krebsarten, bei denen die Tumore von einer seltenen Genmutation verursacht werden, zum Einsatz kommen. In den USA ist es bereits auf dem Markt, in der Europäischen Union erhielt es im September die Zulassung. Bei manchen Patienten, bei denen alle anderen Behandlungsmöglichkeiten zwecklos waren, kann die Arznei die Krankheit zurückdrängen. Die seltene Genmutation tritt allerdings nur bei weniger als einem Prozent der Krebspatienten mit soliden Tumoren auf. In den Zulassungsstudien von Vitrakvi wurde das Mittel nur bei 102 Erwachsenen und Kindern getestet. Wegen der Seltenheit der Genmutation habe es aus praktikablen Gründen keine Kontrollgruppe gegeben, erklärte die Sprecherin. Weitere Daten würden aber kontinuierlich erhoben.

Nach Auffassung von Bayer ist der Bewertungsansatz des IQWiG für innovativen Krebsarzneien wie Vitrakvi nicht geeignet. Das sieht indes "im Mangel geeigneter Daten das Haupthindernis Der Konzern teile die Auffassung des Instituts nicht und hoffe auf einen positiven Bescheid des G-BA, sagte die Sprecherin. In etwa 70 Prozent der Fälle schließt sich der G-BA in seinen Beschlüssen der Einschätzung des IQWiG an. Für Bayer ist Vitrakvi einer der größten Hoffnungsträger im Pharmageschäft, Analysten trauen dem Mittel Umsätze von rund einer Milliarde Dollar im Jahr zu. Deutschland ist der weltweit viertgrößte Pharmamarkt nach den USA, China und Japan.