(Neu: Geschäftszahlen, Ausblick und Aktienkurs)

LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Noch laufen die Geschäfte des weltgrößten Chemiekonzerns BASF rund. Die Ziele für 2022 hob das im Dax notierte Unternehmen bei der Vorlage der detaillierten Zahlen zum zweiten Quartal am Mittwoch an - trotz der sich eintrübenden Konjunkturaussichten. Im Fokus steht aber der drohende Gasmangel, sollte Russland seine Lieferungen nach Deutschland weiter reduzieren oder ganz stoppen. BASF rechnet aber auch bei Ausrufung der letzten Gas-Notstandsstufe mit genügend Erdgas für den Weiterbetrieb des Stammwerks in Ludwigshafen - zumindest in eingeschränktem Umfang. Die Aktie gab im Vormittagshandel leicht nach.

"Sollte die Bundesregierung die dritte und letzte Notstandsstufe ausrufen, gehen wir derzeit davon aus, dass BASF noch ausreichend Erdgas erhalten würde, um den Betrieb am Standort Ludwigshafen mit reduzierter Last aufrechtzuerhalten", sagte Konzernchef Martin Brudermüller in einer Telefonkonferenz. Ende April hatte er bereits gesagt, dass der Betrieb in Ludwigshafen notfalls heruntergefahren werden muss.

Zuversichtlich sei BASF auch mit Blick auf Schwarzheide, den zweitgrößten BASF-Standort in Deutschland. Hier könnte das Unternehmen zum Beispiel 100 Prozent des Strom- und Dampfbedarfs mit Heizöl erzeugen. Für die BASF-Produktionsstandorte außerhalb Europas werde es im Falle einer europäischen Gasverknappung kaum Auswirkungen geben.

Der Erdgasbedarf von BASF in Europa lag laut Brudermüller 2021 bei 48 Terawattstunden. Davon seien 37 Terawattstunden in Ludwigshafen verbraucht worden, sagte er. Rund 60 Prozent des Erdgasbedarfs in Europa nutze BASF zur Strom- und Dampferzeugung, die restlichen 40 Prozent würden als Rohstoffe verwendet. Am Ludwigshafener Verbundstandort verteile es sich auf jeweils rund 50 Prozent. Wenn die Erdgasversorgung nicht unter etwa die Hälfte des maximalen Bedarfs falle, könnte das Unternehmen den Verbund in Ludwigshafen mit reduzierter Last weiter betreiben.

BASF habe bereits einige Maßnahmen ergriffen, um das Risiko zu mindern, sagte Brudermüller. Die Vorbereitungen, um Erdgas etwa durch Heizöl zu ersetzten, kämen - soweit technisch möglich - gut voran, ebenso dafür nötige Optimierungen der Anlagen. Zudem habe das Unternehmen Szenarien entwickelt und setze Maßnahmen zur Optimierung der Produktion an seinen europäischen Standorten um. Bei Anlagen, die große Mengen an Erdgas benötigen, werde BASF die Produktion reduzieren. Dazu zählten etwa die Ammoniakanlagen. Dies sei eine gängige Praxis in der chemischen Industrie, etwa bei unwirtschaftlichen Margen.

Die Mehrkosten für die europäischen BASF-Standorte beliefen sich Brudermüller zufolge im Vergleich zum Vorjahr im zweiten Quartal auf 800 Millionen Euro. Um diese höheren Kosten abzufedern, habe BASF Preise erhöht und werde es auch weiter tun, sagte er.

Für das laufende Jahr zeigte sich das Unternehmen dennoch zuversichtlicher. Für 2022 rechnet der Konzern nun mit einem Zuwachs beim Umsatz auf 86 bis 89 Milliarden Euro, wie BASF in Ludwigshafen mitteilte. Zuvor war der Konzern von einem Rückgang auf 74 bis 77 Milliarden ausgegangen, nach 78,6 Milliarden Euro 2021. Beim operativen Ergebnis hob BASF das untere Ende der Prognosespanne an und peilt nun mindestens 6,8 Milliarden Euro an anstatt der 6,6 Milliarden zuvor. Das obere Ende des Gewinnziels bestätigte das Unternehmen mit 7,2 Milliarden Euro. 2021 hatte BASF einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 7,8 Milliarden Euro ausgewiesen.

Dabei geht BASF für das zweite Halbjahr von einer allmählichen Abkühlung der wirtschaftlichen Entwicklung weltweit aus. Diese werde jedoch deutlich stärker für Europa ausgeprägt sein, hieß es. Bei seiner Prognose unterstellt das Unternehmen, dass es weder zu starken Einschränkungen durch erneute Lockdowns in China noch zu Produktionsabstellungen aufgrund einer Gasmangellage in Europa kommt.

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen, vor allem bedingt durch den Krieg in der Ukraine und den daraus resultierenden Auswirkungen auf Energie- und Rohstoffpreise sowie auf die Rohstoffverfügbarkeit vor allem in Europa, könne es zu zusätzlichen Belastungen kommen, warnte BASF. Risiken könnten sich vor allem durch Produktionsunterbrechungen an den großen europäischen Standorten infolge weiterer Einschränkungen der europäischen Gasversorgung aus Russland ergeben. In diesem Fall könnte der Ausfall europäischer Kapazitäten teilweise durch höhere Anlagenauslastung an außereuropäischen Standorten ausgeglichen werden.

Weitere Risiken sieht BASF im Verlauf der Corona-Pandemie. Es könnten Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionszahlen ergeben.

BASF will der wirtschaftlichen Abkühlung mit Einsparungen entgegenwirken. "Wir werden bei den Einstellungen jetzt dreimal schauen, wann und wen wir wirklich brauchen", sagte Brudermüller. Dies gelte auch für alles im Unternehmen. "Wir hinterfragen, brauchen wir das jetzt zu dieser Zeit und brauchen wir dies langfristig überhaupt", fügte er hinzu.

Das Unternehmen hatte bereits Mitte Juli Eckdaten für das zweite Quartal vorgelegt. Der Umsatz des Dax-Konzerns legte im Jahresvergleich wie bereits bekannt um 16 Prozent auf 23 Milliarden Euro zu. Das operative Ergebnis - der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sonderposten - sank um knapp ein Prozent auf 2,34 Milliarden Euro. Gestiegene Preise für Rohstoffe und Energie hätten weitgehend über höhere Verkaufspreise weitergegeben werden können, hieß es.

Deutlich weniger als im Vorjahr verdiente BASF in den Segmenten Basischemikalien (Chemicals), Surface Technologies und Kunststoffe (Materials). Zu Surface Technologies gehören unter anderem Katalysatoren. Deutlich besser lief es hingegen in den Bereichen Nutrion & Care sowie im Geschäft mit der Landwirtschaft.

Unter dem Strich verdiente BASF mit 2,1 Milliarden Euro gut ein Viertel mehr als ein Jahr zuvor, vor allem dank eines höheren Beteiligungsergebnisses bei der Gas- und Ölfördertochter Wintershall Dea./mne/jcf/mis