(Neu: Aussagen aus der Pressekonferenz zum Coronavirus, Wintershall Dea, Aktienkurs)

LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Der weltgrößte Chemiekonzern BASF rechnet mit Belastungen durch die Folgen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus. "In diesem Jahr erleben wir bereits in den ersten beiden Monaten eine hohe Unsicherheit in der Weltwirtschaft", sagte Unternehmenschef Martin Brudermüller bei Vorlage der Jahreszahlen am Freitag in Ludwigshafen. Mit dem Coronavirus sei ein neuer Faktor hinzugekommen, der das Wachstum am Jahresanfang vor allem in China erheblich belaste.

Eine geringere Nachfrage und Produktionsausfälle in vielen Branchen seien Folgen der Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung des Virus. So blieben zahlreiche Fabriken in China über das Neujahrsfest hinaus geschlossen oder produzierten in geringerem Umfang. Vor allem im ersten und zweiten Quartal rechnet die BASF mit negativen Effekten. "Ich warne davor, zu früh Entwarnung zu geben, nur weil die Zahlen der Erkrankten in China zurückgehen", sagte Brudermüller. Er erwartet nicht, dass die Corona-Effekte im Jahresverlauf vollständig ausgeglichen werden können.

Deshalb erwartet Brudermüller für 2020 für die globale Chemie mit 1,2 Prozent deutlich geringere Zuwächse. Das wäre das mit Abstand niedrigste Wachstum seit der Finanzkrise 2008/2009, fügte er hinzu. "Wenn ich das überschreiben müsste, würde ich unserer Mannschaft zuwerfen: Knie durchdrücken!", sagte Brudermüller. "Wir machen jetzt einfach unsere Strategie, die ist richtig. Wir können das Umfeld nicht ändern. Aber wir können das Beste daraus machen."

Aufgrund der noch ungewissen Folgen des Coronavirus hat BASF Brudermüller zufolge eine große Spanne für die Jahresziele angegeben - das zeige die Unsicherheit. Die Erlöse sollen 2020 auf 60 Milliarden bis 63 Milliarden Euro steigen nach 59,3 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Für das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) peilt das Unternehmen 4,2 Milliarden bis 4,8 Milliarden Euro an nach einem Rückgang um 28 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro 2019. Analysten hatten im Durchschnitt mehr auf dem Zettel, allerdings stammen deren Schätzungen von Anfang Februar als das neuartige Coronavirus noch nicht so stark um sich gegriffen hatte.

Der Aktienkurs fiel am Freitag um zuletzt mehr als vier Prozent auf den tiefsten Stand seit 2012. Der BASF-Kurs hielt sich am Freitag aber besser als der Dax. Das vierte Quartal sei besser ausgefallen als befürchtet, schrieb Analyst Markus Mayer von der Baader Bank in einer Studie. Der Ausblick des Chemiekonzerns auf 2020 impliziere jedoch ein 10-prozentiges Abwärtsrisiko für die Marktschätzungen. Die Dividende sei derweil besser als erwartet und das Sparprogramm werde beschleunigt.

Für 2019 will BASF trotz des Rückgangs des operativen Gewinns etwas mehr Geld an die Aktionäre ausschütten als erwartet. Die Dividende soll um 10 Cent auf 3,30 Euro je Aktie erhöht werden.

Der Gewinn nach Steuern und Minderheiten stieg 2019 im Jahresvergleich um knapp 80 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro. Allerdings war hier ein Buchgewinn aus der Dekonsolidierung der Öl- und Gastochter Wintershall in Höhe von rund 5,7 Milliarden Euro enthalten. Ohne diesen ging der Überschuss deutlich zurück.

"2019 war ein herausforderndes Jahr mit starkem weltwirtschaftlichen Gegenwind", sagte Brudermüller. Die Handelskonflikte zwischen den USA und China wirkten negativ, wichtige Absatzmärk­te entwickelten sich langsamer. Verstärkt worden sei dies durch Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit. Die Industrie- und Chemie­produktion sei deutlich langsamer gewachsen als erwartet. Zudem sei die Nachfrage aus vielen wichtigen Kundenbranchen deutlich zurückgegangen, vor allem aus der Automobilindustrie.

Um den Konzern durch schlankere Strukturen und einfachere Abläufe profitabler zu machen, setzte der seit fast zwei Jahren amtierende Brudermüller Ende 2018 ein Sparprogramm auf. Dazu gehören auch Stellenstreichungen. Den Sparkurs habe BASF beschleunigt, sagte der Manager.

Nun soll der geplante Abbau von 6000 Stellen bereits Ende 2020 erreicht werden und damit ein Jahr früher als geplant. Im vergangenen Jahr baute BASF weltweit bereits 3 100 Stellen ab. Das soll sich auch auf das operative Ergebnis (Ebitda) positiv auswirken. Statt der ursprünglich angepeilten 1 bis 1,3 Milliarden Euro soll sich das Ebitda durch die Maßnahmen um 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro verbessern. Im Gegenzug plant BASF in den kommenden fünf Jahren Investitionen in Höhe von 23,6 Milliarden Euro.

Derzeit befindet sich BASF ohnehin im Umbau. Brudermüller stärkte 2018 das Agrarchemiegeschäft mit einem milliardenschweren Kauf von Teilen des Saatgutgeschäfts von Bayer, welches der Rivale im Zuge der Übernahme von Monsanto abgeben musste. Erst vor Kurzem bekam BASF grünes Licht für die Übernahme eines großen Teils des weltweiten Nylongeschäfts der belgischen Solvay-Gruppe. Gleichzeitig trennt sich BASF von Geschäftsbereichen. Das Unternehmen ist gerade dabei, sein Pigment- und Bauchemiegeschäft zu veräußern. Beide Transaktionen sollen im zweiten Halbjahr abgeschlossen werden.

Zudem haben die Ludwigshafener im vergangenen Jahr ihre Kasseler Öl- und Gastochter Wintershall mit dem Konkurrenten Dea fusioniert. Das Unternehmen soll im zweiten Halbjahr an die Börse gehen. "Wir bereiten einen Börsengang in Frankfurt vor", sagte Finanzchef Hans-Ulrich Engel. Ob er dann auch wie geplant kommt, sei von den Marktbedingungen abhängig.

Die BASF-Mehrheitsbeteiligung Wintershall Dea steht wegen den Bau der umstrittenen Leitung Nord Stream 2 im Fokus. Wintershall Dea ist an der Pipeline, die direkt von Russland über die Ostsee Gas nach Deutschland transportieren soll, finanziell beteiligt. Das Projekt ist den USA ein Dorn im Auge. Deshalb drohen den Firmen, die an der Pipeline mitbauen, Sanktionen. Dadurch liegt der Bau derzeit auf Eis.

"Es wird über Alternativen für die Fertigstellung von Nord Stream 2 nachgedacht", sagte Engel. Im Moment habe der Baustopp keine konkreten Nachteile für Wintershall Dea. Nach dem Baustopp hatte Russland sein eigenes Spezialschiff für die Verlegung von Gasröhren in Bewegung gesetzt. Die Pipeline soll Ende 2020 fertiggestellt sein./mne/wo/mis