Von Bojan Pancevski, Marcus Walker und Tarini Parti

ELMAU (Dow Jones)--Die Gruppe der sieben wirtschaftsstarken Demokratien (G7) nähert sich einer Einigung über die Ausweitung ihrer Sanktionen gegen Russland. Die Länder suchen nach einem Mechanismus zur Begrenzung des Ankaufspreises für russisches Öl, wie Vertreter der Gruppe sagten. Damit solle dem starken Preisanstieg entgegengewirkt werden, der mit früheren Sanktionsrunden gegen Moskaus Energieexporte einherging. Die Details würden allerdings noch ausgearbeitet.

Die Maßnahme wird auf dem dreitägigen G7-Gipfel in den bayerischen Alpen diskutiert, der am Sonntag begonnen hat. Sie käme laut den Vertretern zu einem Verbot des Kaufs von russischem Gold hinzu. Der Export von Öl sei für den Kreml der lukrativste Handel, während mit Gold ein erheblicher Teil der Staatseinnahmen erzielt werde, mit denen der Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Ukraine finanziert werde.

Die Einzelheiten der Ölpreisobergrenze, die ein Käuferkartell westlicher Länder und ihrer Verbündeten schaffen würde, und des Verbots der Goldeinfuhr, die beide von den USA vorgeschlagen wurden, werden nach Angaben dreier Personen derzeit vor dem Abschluss des Gipfels am Dienstag ausgearbeitet.

Im Vorfeld des G7-Gipfels hatte die US-Finanzministerin Janet Yellen erklärt, die USA führten "äußerst aktive" Gespräche mit europäischen Verbündeten über die Bildung eines Käuferkartells und die Festlegung einer Obergrenze für den Preis von russischem Öl. Um eine solche Obergrenze durchzusetzen, werde eine mögliche Ausnahme von dem von der EU verhängten Verbot, russisches Öl zu versichern, geprüft: Versicherern könnte erlaubt werden, russische Öllieferungen nur dann zu versichern, wenn der Verkaufspreis unter eine bestimmte Obergrenze falle.


Russlands Öleinnahmen sollen begrenzt werden 

Ein Ziel der Gespräche sei, russisches Öl auf den Weltmärkten für Abnehmer wie Indien und China verfügbar zu halten, was dazu beitragen könnte, die Preise zu stabilisieren, die derzeit etwa doppelt so hoch sind wie vor der Pandemie, und gleichzeitig einen Mechanismus schaffen, den westliche Länder nutzen könnten, um die russischen Einnahmen aus den Verkäufen zu begrenzen.

Die Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Japans erörterten die Öl-Obergrenze einem hochrangigen Beamten zufolge am Sonntagnachmittag.

Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi habe bei dem Treffen die Meinung vertreten, dass die Preisobergrenze gegenüber Russland wirksam wäre, da sie die Finanzströme nach Moskau reduzieren und gleichzeitig die Inflation senken würde, die im Westen zum Teil durch die Energiepreise in die Höhe geschossen ist, wie ein mit den Gesprächen vertrauter Beamter sagte.

Die Sanktionen des Westens gegen Moskaus Energieexporte hatten vor dem Hintergrund einer steigenden Inflation, die dem Krieg in der Ukraine vorausging, schwerwiegende Folgen in Europa und den USA, die die Preise weiter in die Höhe trieben, die Einkommen der Wähler schmälerten und die Unzufriedenheit der Bevölkerung schürten.

Draghi hat dafür geworben, dass die EU den Preis für russische Gasimporte begrenzt, und sieht in der vorgeschlagenen Ölpreisobergrenze einen Präzedenzfall, der den Weg für eine Begrenzung auch der Gaszahlungen ebnen könnte.

Deutschland und andere EU-Länder, die in hohem Maße von russischem Gas abhängig sind, haben eine Begrenzung oder ein Embargo der Gasbezüge bisher abgelehnt, während ihre Regierungen nach alternativen Bezugsquellen suchen.


EU muss geschlossen dafür sein 

Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, bestätigte, dass der Vorschlag diskutiert werde. Er müsse allerdings von allen 27 EU-Mitgliedern abgesegnet werden, um umgesetzt zu werden. "Wie ich bereits sagte, wollen wir sicherstellen, dass das Ziel darin besteht, Russland ins Visier zu nehmen und nicht, unser Leben schwieriger und komplexer zu machen", sagte Michel.

Eine Ölpreisobergrenze müsste mit den bestehenden Sanktionen der USA, der EU, Großbritanniens und Japans in Einklang gebracht werden, sagte ein hochrangiger Beamter aus Deutschland, das derzeit den G7-Vorsitz innehat und den Gipfel ausrichtet. Die EU hat sich darauf geeinigt, fast alle Importe von russischem Rohöl bis Dezember und von raffinierten Ölprodukten bis Februar zu verbieten.

Laut dem Beamten besteht die Gefahr, dass eine Obergrenze vorübergehend zu einem sprunghaften Anstieg des Ölpreises führt, wie bereits nach den bestehenden Sanktionen, die paradoxerweise die Einnahmen Russlands aus Rohöl und Gas erhöht hätten. Dieser Effekt werde jedoch nur vorübergehend sein, da die Ausfuhrmenge und der Preis aufgrund der Sanktionen allmählich sinken würden.

Anders als Gas kann Öl leicht mit Tankschiffen transportiert werden. Mehrere G7-Vertreter haben sich besorgt über die Wirksamkeit der Obergrenze geäußert, da Russland in der Lage sei, sein Öl an große Abnehmer zu verkaufen, die keine westlichen Sanktionen gegen Moskau verhängt haben, wie China oder Indien.

Es habe eine "intensive" Debatte über die Einzelheiten des Plans gegeben, sagte der Beamte und fügte hinzu, dass die Teilnehmer zuversichtlich seien, zu einer gemeinsamen Lösung zu gelangen.

Mitarbeit: Andrew Duehren

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June 27, 2022 01:48 ET (05:48 GMT)